Wasser

Pharma Deutschland klagt gegen Herstellerverantwortung

Im Dezember ist die Kommunalabwasserrichtlinie in Kraft getreten. Für die Wasserwirtschaft bedeutet sie einen Meilenstein für mehr Gewässerschutz. Nun geht ein großer Pharmaverband juristisch dagegen vor.
13.03.2025

Spurenstoffe und Rückstände von Medikamenten stellen eine große Belastung der Gewässer dar.

 

Von Elwine Happ-Frank

Pharma Deutschland und sechs Mitglieder gehen gegen die europäische Kommunalabwasserrichtlinie vor. Der Verband vertritt nach eigenen Angaben 400 Mitgliedsfirmen und sei damit der mitgliederstärkste Verband der Arzneimittelbranche. Bei den klagenden Unternehmen handelt es sich um Dermapharm, Fresenius-Kabi, Hameln Pharma, Puren Pharma, Sandoz/Hexal und Teva. Der Verband unterstützt seine Mitglieder dabei juristisch.

Aus Sicht der Kläger verstößt ein zentraler Aspekt der europäischen Kommunalabwasserrichtlinie gegen geltendes EU-Recht. Es geht dabei um die erweiterte Herstellerverantwortung. Nach der neuen Kommunalabwasserrichtlinie müssen Arzneimittel-Produzenten in einen Fonds einzahlen, dessen Mittel für die europaweite Finanzierung des Aufbaus und des Betriebs einer zusätzlichen Klärstufe für kommunale Kläranlagen erfolgen soll.

Die Verbände der Wasserwirtschaft hatten die Verabschiedung der Kommualabwasserrichtlinie, die am 12. Dezember 2024 in Kraft trat,  mit der Verankerung der Herstellerverantwortung einhellig begrüßt und von einem "Meilenstein" gesprochen. "Die mit der Richtlinie neu eingeführte Beteiligung der Pharma- und Kosmetikindustrie an den durch ihre Produkte verursachten Kosten der Abwasserbehandlung verdeutlicht vor allem eines: Das Verursacherprinzip im Gewässerschutz wird endlich konsequent umgesetzt", äußerte sich seinerzeit VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.

Umsetzung in deutsches Recht

Derzeit befinde sich die Richtlinie in der Umsetzung in deutsches Recht, die bis Ende 2027 abgeschlossen sein muss, Ende 2028 greift dann die Herstellerverantwortung. "Wenn es im Bereich der kommunalen Abwasserreinigung gelingt, die Hersteller an 80 Prozent der Kosten für die Entfernung der durch ihre Produkte entstehenden Schadstoffe zu beteiligen, dann wäre das tatsächlich ein Durchbruch", hatte Wolf Merkel, Vorstand Wasser beim DVGW, kürzlich in einem Interview mit der ZfK gesagt. Dann könnte man dieses Prinzip möglicherweise auf ähnlich gelagerte Fragestellungen im Bereich der Trinkwasserversorgung ausweiten.

In ihrer Klage vor dem EuG argumentieren die Pharmaunternehmen nun unter anderem damit, dass sich die Regelungen über die erweiterte Herstellerverantwortung nicht auf das Verursacherprinzip nach Art. 191 (2) des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) stützen lassen. Damit soll ein Anreiz gesetzt werden, auf ökologische beziehungsweise nachhaltigere Produkte umzustellen.

Diese Lenkungsfunktion des Verursacherprinzips könne bei Human-Arzneimitteln jedoch nicht erreicht werden, weil der gewünschte Effekt von Arzneimitteln fest mit den jeweiligen Wirkstoffen verbunden sei, stellt der Pharmaverband fest.

Darüber hinaus lassen sich nach Ansicht des Verbandes die zu beseitigenden Spurenstoffe in den kommunalen Abwässern nicht nur auf Human-Arzneimittel oder Kosmetika zurückführen. Außerdem drohte durch die finanzielle Mehrbelastung der Pharmaunternehmen aus der Kommunalabwasserrichtlinie eine Situation, in der sich viele Human-Arzneimittel nicht mehr kostendeckend in Deutschland oder Europa vertreiben lassen.