Wasser

Von Ultrafiltern bis Wasserstoff: Kassels innovative Lösungen für eine nachhaltige Wasserversorgung

In einem vielseitigen Projekt untersucht der Kassler Wasserversorger, wie die Gewinnung mit einer innovativen Ultrafiltrationsanlage ausgebaut werden kann. Auch die Wasserstofferzeugung hat das Unternehmen im Blick.
15.04.2025

Das Kasseler Wasser kommt aus 19 Quellen in zwei Quellgebieten, 17 Tiefbrunnen sowie als Uferfiltrat aus der Fulda und wird in acht Wasserwerken aufbereitet.

 

Von Elwine Happ-Frank

Kassel hat an sich eine stabile Wasserversorgung. Die nordhessische Großstadt gewinnt das Trinkwasser aus zwei Quellgebieten im Habichts- und im Kaufunger Wald im Mittelgebirge, mehreren Tiefbrunnen und einer Grundwasseranreicherung am Wasserwerk Neue Mühle von Kasselwasser, einem Eigenbetrieb der Stadt Kassel.

Doch aufgrund des Klimawandels und extremer Wetterlagen wie langanhaltenden Dürreperioden gehen die Wasserressourcen zurück. Das zeigt sich in sinkenden Grundwasserpegeln, geringeren Quellschüttungen und einem niedrigeren Pegelstand der Fulda.

Daher untersucht die Städtische Werke Netz + Service (NSG), die zur Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH gehören, vorbeugend mehrere Maßnahmen im Bereich des Wasserdargebots. Forscher des Fachgebiets Siedlungswasserwirtschaft der Uni Kassel bringen sich dabei wissenschaftlich ein.

Neue Technik für Ultrafiltration

Im Zentrum des Forschungsprojekts "Flexillienz" steht  die dauerhafte Nutzung von Quellwasser aus dem Habichtswald. Eine Herausforderung: Trockenphasen und Starkregen führen, ebenso wie die Schneeschmelze, zu Verunreinigungen des Quellwassers.

Im Rahmen von "Flexilienz" soll daher eine innovative Ultrafiltrationsanlage eingetrübtes Quellwasser aus dem Habichtswald filtern. Die Technik ist neu; sie verwendet Membrane mit einer geringeren Porengröße als bisherige Filteranlagen und kommt ohne Pumpen und damit ohne Energieeinsatz aus.

Durch diese Maßnahme wird die Kasseler Trinkwasserversorgung resilienter gegenüber klimatischen Wetterereignissen. Zugleich wollen die Forscher neue Möglichkeiten der Wasserstoffproduktion erproben.

Experimente mit Brauchwasser für Wasserstoffherstellung

"Wasserstoff ist der Energieträger der Zukunft. Doch es wird selten beachtet, welche Mengen an Wasser man dafür aufwenden muss", erläutert Tobias Morck, Professor an der Uni Kassel. "Um ein Kilo Wasserstoff herzustellen, benötigt man elf Kilo Wasser. Dabei ist das Wasser für Kühlung et cetera noch nicht mitgerechnet", rechnet der Leiter des Fachgebiets Siedlungswasserwirtschaft vor.

Die Forscher wollen daher erproben, wie sich Wasserstoff auch aus Filterrückspülwasser gewinnen lässt, das bislang nicht verwendet werden kann. Dafür wird am Wasserwerk Tränkeweg, das ebenfalls zu Kasselwasser gehört, ein Elektrolyseur mit einer speziellen Filtermembran kombiniert.

Pump- und Speichersysteme als Energiespeicher

Außerdem wollen die Experten untersuchen, ob die Pump- und Speichersysteme eines Wasserversorgers auch als eine Art Batterie dienen können, um Energie zwischenzuspeichern. Ähnlich wie bei einem Pumpspeicherwerk könnte mehr Trinkwasser in Zeiten hoher Einspeisung ins Netz – also bei Sonnenschein und Wind – in die Hochbehälter gepumpt werden, um es in Zeiten niedriger Energie-Einspeisung und hohen Verbrauchs an die Nutzer:innen zu verteilen. Diese Untersuchungen finden zunächst als Simulation statt, da hier auch kritisch niedrige Speicherfüllstände überprüft werden sollen.

Ziel sei es, das Wasserdargebot dauerhaft zu vergrößern, sagt Andreas Kreher, Geschäftsführer der Städtische Werke Nerz + Service. "Wir stellen die gesamte Wassergewinnung auf eine breitere Basis, wenn wir mehr und häufiger Quellwasser nutzen. Das würde die Versorgung von Kassel und Vellmar insgesamt spürbar flexibler machen."

Das Projekt ist im März gestartet. Neben den NSG sind das Fraunhofer IEE in Kassel, das Technologiezentrum Wasser TZW sowie das Unternehmen EnWaT und das Ingenieurbüro Oppermann beteiligt.

"Flexilienz" wird im Rahmen der Fördermaßnahme "Wasserversorgung der Zukunft" vom Bundesforschungsministerium mit 2,6 Millionen Euro gefördert; 780.000 Euro davon erhält die Universität Kassel. Die Ergebnisse sollen auf Wasserversorger in ganz Deutschland und Europa übertragbar sein.