Deutschland

Streit um Stadtwerkegehälter: Dicke Luft vor entscheidender Tarifrunde

Kurz vor Beginn der dritten Runde erhöht Verdi noch einmal den Druck. Bei Stadtwerken ist die Stimmungslage derweil gemischt. Besonders im Fokus stand zuletzt Cottbus.
12.03.2025

Teilnehmer einer Kundgebung von Verdi und der GEW.

Von Hanna Bolte

Die Gewerkschaft Verdi lässt im Streit um Gehälter im öffentlichen Dienst nicht locker. Diese Woche rief sie erneut zu Warnstreiks auf. "Unter den Beschäftigten herrscht maximale Verärgerung über die Haltung der Arbeitgeber, die noch immer kein Angebot vorgelegt haben und weiter mauern", ließ Verdi-Chef Frank Werneke ausrichten.

Betroffen waren auch diesmal wieder zahlreiche Stadtwerke von Augsburg in Bayern über Pirmasens in Rheinland-Pfalz und Bielefeld in Ostwestfalen bis Halle in Sachsen-Anhalt. Umso mehr hoffen diese nun darauf, dass sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter schon in der nun anstehenden dritten Tarifrunde einigen, die am Freitag beginnt. Doch ob ein Kompromiss so schnell möglich ist, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Zwischen Optimismus und Skepsis

"Wir sind zuversichtlich, dass diese Zeit ausreicht, um die Verhandlungen zu einem für beide Seiten tragfähigen Kompromiss zu führen", schreiben die Dortmunder Stadtwerke (DSW21), die bislang an fünf Tagen bestreikt wurden. Dabei kam der Nahverkehr an drei Tagen komplett zum Erliegen.

Etwas verhaltener klingen die Stadtwerke München (SWM). Gabriele Jahn, die für Personal verantwortliche Geschäftsführerin, sieht zwar die Chance, dass sich die Parteien auf einen "Abschluss mit Augenmaß" einigen können, betont aber, dass die Gewerkschaften dafür Zugeständnisse machen müssten. "Die aktuellen Forderungen sind nicht darstellbar und würden die öffentlichen Arbeitgeber über das Maß belasten."

Ähnlich äußern sich die Stadtwerke Bayreuth, die bislang an sechs Tagen bestreikt wurden. "Die Forderungen der Gewerkschaften, insbesondere die Erhöhung des Entgeltvolumens um acht Prozent und die drei zusätzlichen freien Tage, würden für die kommunalen Arbeitgeber Zusatzkosten von mehreren Milliarden Euro verursachen", schreibt Geschäftsführer Markus Rützel. "Diese Forderungen sind angesichts der angespannten finanziellen Lage der Kommunen und kommunal geprägten Unternehmen schwer umsetzbar und könnten die so wichtige Handlungsfähigkeit weiter einschränken."

Einen Abschluss in der dritten Tarifrunde sei für die Stadtwerke Bayreuth "von großer Bedeutung", erläutert Rützel. "Eine möglichst lange Laufzeit des Tarifvertrags wäre erstrebenswert, da dies ermöglicht, die Lohn- und Gehaltskosten über einen längeren Zeitraum zu planen und zu kalkulieren." Zugleich hält er einen schnellen Abschluss für "nur schwer vorstellbar", da die finanzielle Situation der kommunalen Arbeitgeber "sehr ernst" sei.

Auch die Stadtwerke Cottbus haben große Zweifel. "Unsere Erwartung geht dahin, dass die Verdi unbeirrt an ihrer Forderung festhält und, dass die Arbeitgeberseite – aus rein fiskalischen beziehungsweise haushalterischen Gründen – kein Angebot vorlegen wird, was die Gewerkschaftsseite als ‘verhandlungsfähig’ ansieht."

Eine Verschärfung des Arbeitskampfes werde die direkte Folge sein. "Im Ergebnis wird dann – ähnlich wie zuletzt bei VW – rein politisch entschieden. Eine Schlichtung halten wir in diesem Zusammenhang für wahrscheinlich."

Streit um Streik

Die Stadtwerke Cottbus standen in den vergangenen Tagen besonders im Fokus der lokalen Öffentlichkeit. In einem internen Schreiben warnten sie ihre Belegschaft davor, sich an dem – so wörtlich – "wilden Streik" zu beteiligen, da dies mit entsprechenden Sanktionen geahndet werde.

Die Stadtwerke Cottbus begründen dies wie folgt: "Die Beschäftigten der Stadtwerke Cottbus sind weder Beschäftigte des Bundes noch der Kommune. Unsere Beschäftigten unterfallen auch nicht dem TVöD."

Da Verdi explizit die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen zum Arbeitskampf aufgerufen und den TVöD als Gegenstand des Arbeitskampfes benannt habe, seien ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlicht nicht betroffen, so die Stadtwerke Cottbus. Das Unternehmen stellt klar: "Wir sind nicht bereit, uns von Seiten der Verdi in einer Art ‘Wild-West-Manier’ in den Tarifstreit im TVöD einbinden zu lassen." Verdi wies die Positionierung der Stadtwerke als inakzeptabel zurück.

Grundsätzlich ist Fakt, dass die Gewerkschaft explizit auch für den für Versorgungsbetriebe zentralen TV-V Verbesserungen fordert. Im ZfK-Interview nannte Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz-Dethlefsen beispielsweise "bessere Aufstiegsmöglichkeiten." Da gebe es im TV-V derzeit noch eine "gläserne Decke". "Da brauchen wir Veränderungen und Verbesserungen, über die wir nach dieser Tarifrunde weiterverhandeln wollen."

Auch Schmitz-Dethlefsen betonte, dass er sich bereits in der dritten Tarifrunde einen Abschluss wünsche. Er zeigte sich aber skeptisch, ob das angesichts der "komplexen Lage" und der "sehr harten Verweigerungshaltung der Arbeitgeber" gelinge. Deswegen habe Verdi bereits vorsorglich signalisiert, für einen vierten Verhandlungstermin Ende März bereitzustehen.

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