Deutschland

Strompreise, Kraftwerke, Grüngas: Worauf sich Union und SPD geeinigt haben

Die Sondierungsergebnisse stehen. Und zur Energiepolitik gibt es schon einiges Konkretes. Ein Überblick.
08.03.2025

Haben die Sondierungsgespräche erfolgreich abgeschlossen: CDU-Chef Friedrich Merz (links) und SPD-Chef Lars Klingbeil.

Von Andreas Baumer

Union und SPD haben ihre Sondierungsverhandlungen abgeschlossen und sich auf erste Ergebnisse geeinigt. Hier ein erster Überblick. Dieser Artikel wird im Laufe des Wochenendes aktualisiert.

Wie sollen die Strompreise gesenkt werden?

Wie von der Union im Wahlkampf versprochen, sollen die Strompreise um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde (kWh) gesenkt werden. Zunächst soll die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Für Haushalte heißt das, dass je Kilowattstunde anstatt 2,05 Cent nur noch 0,1 Cent zu entrichten sind. Für Unternehmen liegt der Mindestsatz bei 0,05 Cent.

Außerdem sollen die Übertragungsnetzentgelte halbiert werden. Diese liegen derzeit im Durchschnitt bei 6,65 Cent pro kWh. Wie stark die Übertragungsnetzentgelte auf Endkundengruppen durchschlagen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ziel ist eine dauerhafte Deckelung der Netzentgelte. Dies hatte die SPD gefordert.

Die sogenannte Strompreiskompensation für energieintensive Industriezweige wollen Union und SPD ausweiten und verlängern.

Mehr zum Hintergrund: 20-Milliarden-Preisschild: Stromsteuersenkung käme Bund teuer zu stehen

Was ist bei neuen Back-up-Kraftwerken geplant?

Union und SPD wollen den Bau von bis zu 20 Gigawatt (GW) an Gaskraftwerksleistung bis 2030 im Rahmen einer "zügig zu überarbeitenden Kraftwerksstrategie" anreizen. Gemeint ist wohl die von Wirtschaftsminister Robert Habeck vorgestellte Kraftwerksstrategie, die in ein umstrittenes Kraftwerkssicherheitsgesetz mündete. Dort war der Zubau von lediglich 10,5 neuer Gas- beziehungsweise Wasserstoffkraftwerksleistung geplant.

Union und SPD wollen die neuen Kapazitäten vorrangig an bestehenden Kraftwerksstandorten entstehen lassen. Das dürfte kommunalen Interessenten wie Trianel oder Enervie zugute kommen. Auch Player wie RWE, EnBW oder Steag würden gern bestehende Standorte nutzen.

Was steht zu Kapazitätsmärkten im Papier?

Ist kein Thema.

Wie geht es mit erneuerbaren Energien weiter?

Union und SPD wollen Sonnen- und Windenergie entschlossen und netzdienlich ausbauen. Zudem setzen sie auf Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie und Speicherkapazitäten.

Kommt das Comeback der Kernkraft?

Nein, zu den abgeschalteten letzten Kernkraftwerken, die CDU und CSU wieder in Betrieb nehmen wollten, verlieren Union und SPD im Sondierungspapier kein Wort. Allerdings wollen sie die Fusionsforschung stärker fördern. Ziel ist es demnach, dass der erste Fusionsreaktor der Welt in Deutschland steht.

Wie geht es mit der CO2-Speichertechnologie weiter, die unter anderem für die Abfallwirtschaft relevant ist?

Umgehend nach Beginn der Wahlperiode wollen Union und SPD ein Gesetzespaket beschließen, das die Abscheidung und Speicherung von CO2 "insbesondere" für schwer vermeidbare Emissionen des Industriesektors ermöglicht. Zuletzt gab es Streit zwischen Union und Teilen der SPD, ob auch Gaskraftwerke die Technologie nutzen dürfen. Ob dies der Fall ist, geht aus dem Papier nicht eindeutig hervor.

Was steht zur Finanzierung der Energiewende im Papier?

Union und SPD wollen Investitionen hebeln – zusätzlich zum vorab verkündeten Sondervermögen. Zur Vergabe von Eigen- und Fremdkapital bei Investitionen wollen die Parteien im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien, etwa über die Förderbank KfW, und privatem Kapital Investitionsfonds auflegen, ausdrücklich auch für die Energieinfrastruktur.

Wie geht es mit Wasserstoff weiter?

Das von der Ampelkoalition beschlossene Wasserstoffkernnetz "muss deutschlandweit die industriellen Zentren anbinden", heißt es im Papier. Das umfasst auch den Süden und Osten Deutschlands. Unter anderem Teile Sachsens und Baden-Württemberg fühlten sich bislang nicht genügend berücksichtigt. Das Kernnetz könnte also in diese Richtung erweitert werden. Die Wasserstoffindustrie soll zudem weiter gefördert werden.

Wie geht es mit dem Gasvertrieb weiter?

Wie von der Union im Wahlprogramm beschlossen, soll es Leitmärkte für klimaneutrale Produkte geben. Genannt werden Quoten für klimaneutralen Stahl (explizit nicht grünen, mithilfe von Wasserstoff erzeugten Stahl) sowie eine Grüngasquote geben. Für eine Grüngasquote hatten auch die SPD-Abgeordneten Andreas Rimkus und Bengt Bergt geworben. Beide scheiden allerdings aus dem Bundestag aus.

Was steht zur Wärme im Papier?

Der Begriff Wärme fällt im Papier nicht. Für die Wärmewirtschaft sind das wohl gute Nachrichten. Es ist davon auszugehen, dass ein Teil des vorab verkündeten Infrastruktur-Sondervermögens in diesen Bereich fließt. Zugleich konnte sich die SPD offenbar mit ihrer Forderung einer Fernwärmepreisaufsicht auch nicht durchsetze. Bemerkenswert ist, dass auch das Gebäudeenergiegesetz, besser bekannt als Heizungsgesetz, kein Thema ist. Die Union wollte das Gesetz abschaffen, Teile der SPD sehen zumindest Verbesserungsbedarf.

Wie geht es mit der E-Mobilität weiter?

Union und SPD planen einen "Kaufanreiz" für Elektroautos. Konkreter wird es im Papier dazu nicht.

Halten Union und SPD an den Klimazielen fest?

Ja. "Wir wollen Klimaschutz, soziale Ausgewogenheit und wirtschaftliches Wachstum pragmatisch und unbürokratisch zusammenbringen", heißt es dazu im Papier.

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