Strom

Kein Blackout: Experten geben Entwarnung für Osterwochenende

Bewölktes Wetter könnte für weniger PV-Strom sorgen. Netztreiber dürften aufatmen – aber nur vorerst. Denn gerade für kleine PV-Anlagen fehlen weiterhin Lösungen.
16.04.2025

Eine Photovoltaik-Anlage unter bewölktem Himmel. (Symbolbild; KI-generiert)

Von Julian Korb

Das Osterwochenende gilt als Feuerprobe für das Stromnetz. Viele sonnige Stunden – und damit viel Solarstrom – treffen auf einen niedrigen Verbrauch. Von Spitzenlasten um die 80 Gigawatt (GW) liegt Deutschland an Ostern oft weit entfernt. So betrug die Last am Ostersonntag des vergangenen Jahres nur rund 40 GW.

Allein die installierten Photovoltaik-Anlagen liefern im Frühling jedoch schon regelmäßig über 30 GW. Am vergangenen Freitag etwa stammten in der Spitze sogar knapp 42 MW aus Photovoltaik. Kommen noch Windstrom und unflexible thermische Kraftwerke hinzu, steigt die Stromerzeugung weiter an.

Leichtes Stromüberangebot

Für die Netzbetreiber sind solche Feiertage herausfordernd, denn das Stromnetz muss stabil bleiben. Stromverbrauch und -erzeugung müssen sich im Gleichgewicht befinden.

Mit Erleichterung dürften viele Netzbetreiber in Deutschland daher auf die aktuellen Wetterprognosen blicken. Wechselhaftes Wetter, teilweise bewölkt, melden die Wetterdienste. Heißt: Die PV-Strom-Produktion dürfte spürbar unter dem Maximum liegen.

"Unsere aktuellen Prognosen zu Strompreisen und Wetterdaten deuten auf ein leichtes bis moderates Stromüberangebot hin – mit negativen Strompreisen am Osterwochenende", heißt es auch im aktuellen RJ2-Netzfrequenzinfodienst. "Daher rechnen wir mit einem insgesamt unauffälligen Verlauf der Netzfrequenz am Osterwochenende, begleitet von nur wenigen Abweichungen."

Restrisiko in der Prognose

Anfang des Jahres hatten mehrere Unternehmen und Energieexperten darauf hingewiesen, dass das Risiko für regionale Blackouts im deutschen Stromsystem weiter anwächst. Vor allem Feiertage im Frühjahr und Sommer wie Ostern und Pfingsten seien dafür besonders gefährdet. Solarunternehmer warnten gar vor einem Blackout an Ostern.

Energieökonom und Hochschulprofessor Lion Hirth kommentierte dazu am Dienstag auf Linkedin lapidar: "Gute Nachricht: Ostern wird es wolkig."

Doch ein Restrisiko bleibt. Denn sollte das Wetter doch wesentlich sonniger ausfallen, als es die Wetterprognosen bislang vorhersagen, hätte dies massive Auswirkungen auf das Stromnetz. Netzbetreiber müssten dann prüfen, welche Anlagen sie kurzfristig abregeln können.

Lokale Stromausfälle

Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion hatte Anfang April erklärt, dass lokale Stromausfälle durch zu viel Solarstrom zwar unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen seien. Um das Netz zu entlasten, würden zunächst größere Solaranlagen vom Netz genommen.

Reicht diese Maßnahme nicht mehr aus, würden auch Stromleitungen abgeschaltet, an denen Verbraucher angeschlossen seien. "In diesem Fall könnten auch Haushalte in einer bestimmten Region zeitlich begrenzt von einer Stromabschaltung betroffen sein", sagte Frank Reyer, Leiter Systemführung Netze beim Übertragungsnetzbetreiber Amprion, in einem Presse-Workshop. Ausfälle dürfte dann aber auf wenige Stunden in der Mittagszeit begrenzt bleiben.

Übertragungsnetzbetreiber sehen sich immer größeren Rückeinspeisungen aus niedrigeren Stromnetzebenen ausgesetzt. So erklärte Martin Konermann, Geschäftsführer bei Netze BW Anfang März, dass der Verteilnetzbetreiber am 2. März rekordverdächtige 1500 Megawatt (MW) an Leistung ins Übertragungsnetz rückeingespeist habe.

"Und das schon am 2. März – noch in der kalendarischen Winterperiode!", betonte Konermann. Bislang seien solche Rückeinspeisungen erst an langen Wochenenden später im Jahr geschehen. Grund war ein Überzeugungsüberschuss, vor allem durch PV-Strom.

Solarspitzengesetz reicht nicht aus

Die Belastungen für das Stromnetz nehmen also zu. Gleichzeitig versprechen regulatorische Änderungen noch keine rasche Besserung. Im Februar trat ein neues Solarspitzengesetz in Kraft, das neue Anreize für Anlagenbetreiber setzen soll, sich netzdienlich zu verhalten. So müssen Solaranlagen, die nicht vom Netzbetreiber steuerbar sind, ihre Einspeiseleistung künftig auf 60 Prozent begrenzen.

Auch erhalten kleineren Anlagen bei negativen Strompreisen künftig keine EEG-Vergütung mehr. Diese und andere Maßnahmen gelten allerdings nur für neu installierte Anlagen. Zahlreiche Altanlagen speisen weiterhin ungesteuert ins Stromnetz ein.

Für viele Netzbetreiber kam der Schritt daher zu spät. Und es gibt noch weitere Kritikpunkte. Etwa, dass auch künftig nur Anlagen ab 7 Kilowatt (kW) Leistung steuerbar sein müssen. "Wir hätten uns hier gewünscht, dass die neu gesetzten Schwellen noch weiter abgesenkt worden wären", sagte Hendrik Neumann, CTO von Amprion, Ende März im ZfK-Interview. "Die vielen PV-Anlagen unter sieben Kilowatt bleiben nämlich auch nach neuer Gesetzgebung nicht steuerbar."

In der Branche dürfte daher die Zustimmung groß sein, wenn die künftige Bundesregierung an dieser Stelle nochmal nachschärft. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es zur Solarenergie: "Betreibern von Bestandsanlagen setzen wir Anreize für eine netz- und systemdienliche Einspeisung." Außerdem wollen Koalitionäre die neuen Bestimmungen des Solarspitzengesetzes zur Nullvergütung bei negativen Preisen und der Direktvermarktung nochmal prüfen. Zur 7-kW-Schwelle für die Steuerbarkeit findet sich hingegen kein Hinweis.

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