"Der Kundenbereich für PPAs erweitert sich"
Frau Fuhrmann, wie läuft die aktuelle Vertriebssaison in der Direktvermarktung?
Der Wettbewerb ist um einiges höher als in den letzten zwei Jahren. Der Markt ist stabiler geworden. Während der Energiekrise hatten sich einige Wettbewerber zurückgezogen, die nun zurückkehren. Wir sehen auch zunehmend Spezialisten im Kurzfristmarkt. Auch Stadtwerke sind weiterhin in der Direktvermarktung aktiv.
Wo sind Sie am stärksten gewachsen?
Der größte Teil des Zuwachses bei uns kommt von den kurzfristigen und langfristigen PPAs. Durch die niedrigen Ausschreibungsresultate suchen viele große Solarparks nach langfristigen PPA-Verträgen. Wir sind aber nicht nur der stabile und spezialisierte Partner, wenn es um die Strukturierung von PPAs geht, sondern wir bieten unseren Kunden weiterhin auch Direktvermarktung, Balancing und andere Dienstleistungen an.
In der Krise gab es den Trend zu variablen Entgelten. Was wird inzwischen nachgefragt?
Wir sehen variable und feste Entgelte sowie eine Kombination aus beiden. Wir können alle drei anbieten. Der Trend zu festen Entgelten ist wieder etwas größer. Aber insgesamt ist die Nachfrage sehr individuell. Manchmal geht ein Anlagenbetreiber auch davon aus, dass die Preise wieder steigen. Dann wird nur ein Teil der erwarteten Stromproduktion abgesichert und der Rest läuft über den Spotmarkt. Das passiert auch zunehmend in den Kurzfristverträgen.
Wie sichern Sie sich als Vermarkter gegen negative Strompreise ab?
Die große Frage im Markt ist, wer das negative Preisrisiko übernimmt. Die Anlagenbetreiber würden das Risiko am liebsten vermeiden. Gerade bei den kurzfristigen Verträgen versuchen wir das Risiko zu nehmen. Bei den Langfrist-PPA ist es häufiger so, dass das Risiko nicht nur bei einer Vertragspartei verbleibt, sondern geteilt wird. Gleichzeitig investieren wir auch in Batteriespeicher oder schließen Abnahme-Verträge mit Speichern. Dies ist für uns auf der einen Seite ein eigenes Business und auf der anderen Seite eine Absicherung für unser Erneuerbaren-Geschäft. Dadurch können wir als Vermarkter auch mehr Risiken übernehmen. Zudem hilft es uns, 24/7 Grünstromprodukte zu strukturieren.
Wie groß soll der Zubau bei Batteriespeichern ausfallen?
Unser Batterie-Portfolio im Handel soll signifikant wachsen und unsere eigenen Batterien sowie Anlagen Dritter umfassen.
Wohin geht der Trend bei der Laufzeit von PPAs?
Das kommt auf die Projektbedürfnisse an. Bei neuen Solarparks sind Langfristverträge üblich. Bei Anlagen, die aus der laufenden Förderung rauswollen und ein PPA abschließen, sehen wir Laufzeiten bis zu fünf Jahren. Bei den Post-EEG-Anlagen sind es meist sogar kürzere Laufzeiten. Häufig wird nur ein Jahr preislich abgesichert und die Repoweringoption muss abgebildet werden.
Wie ist die Nachfrage für solche Altanlagen?
Die Nachfrage ist da, sowohl bei Industrie als auch bei Energieversorgern und Stadtwerken. Wir aggregieren diese Strommengen und geben sie dann gesammelt an unsere Kunden weiter. Dadurch können diese Altanlagen weiterlaufen und behalten so das Recht des Repowerings, was auch zunehmend wichtiger wird. PPAs sind eine gute Zwischenlösung zwischen Auslaufen der Förderung und Beginn des Repowerings. Für manche Industriekunden stellt sich hier allerdings die Frage nach der Zusätzlichkeit. Es erhöht den Wert der Altanlage, wenn auch ein Repowering-Potenzial besteht.
Wie verhalten sich PPA- und Direktvermarktungs-Geschäft bei Ihnen zueinander?
Die Portfolios teilen sich in etwa ein Drittel PPA und zwei Drittel Direktvermarktungsmengen auf. Wir wollen für Anlagenbetreiber alles anbieten können. Da spielt die Direktvermarktung eine große Rolle. Bei den PPAs gibt es neben den Anlagenbetreibern auch die Kunden aus der Industrie – es gilt also die Bedürfnisse von zwei Parteien zu berücksichtigen.
Sind die Bedürfnisse bei Stadtwerke-Kunden anders als bei Industriekunden?
Stadtwerke kaufen in der Regel für ihre Kunden ein. Je länger ein PPA läuft, desto höher ist auch das Kreditrisiko. Dementsprechend ist es eine Risikoabwägung, für wie viele Jahre ich einen Vertrag abschließe. Die Industriekunden der Stadtwerke sind meist eher kleiner und beschäftigen sich weniger intensiv mit dem Energiemarkt. Wir haben aber auch mehr und mehr Anfragen von Stadtwerken nach PPAs inkl. Langfrist-PPAs, was zeigt, dass sich der Kundenbereich für PPAs erweitert. Wir agieren hier auch als Dienstleister hinter den Kulissen, um PPAs operationell und risikotechnisch für Stadtwerke umsetzbar zu machen.
Und bei den Industriekunden?
Die Anfragen sind hier sehr unterschiedlich. Ob kurz- oder langfristige PPAs, feste oder indizierte Preise, ob lokale Produktion oder nicht. Immer mehr kleinere Firmen drängen auf den PPA-Markt, um ihre Emissionen und die Scope-3-Emissionen ihrer Kunden zu senken. Hier stellt sich auch immer die Frage nach der Zusätzlichkeit und Anrechenbarkeit. Hier ist die Kette von Scope 1 bis Scope 3 eine wichtige Vorgabe, welche Anlagen von Interesse sind. Müssen es immer neue Anlagen sein? Wenn ich Anlagen mit einem PPA aus der EEG-Förderung hole, spart das staatliche Ausgaben. Bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung tut sich derzeit viel und die Regeln werden strenger.
Sind Elektrolyseure auch spannend für Sie?
Ja, wir sind dazu in vielen Gesprächen. Mit der aktuellen Regulierung wird es nicht einfach, diese ganzen Projekte in den Markt zu bringen. Es gibt starke Limitierungen, sowohl, was die Grünstromlieferungen betrifft, als auch den Absatz von Wasserstoff. Wir wollen auf der gesamten Wertschöpfungskette aktiv sein. Das heißt: Wir liefern den Grünstrom, betreiben den Elektrolyseur gegen den Markt und nehmen auch den Wasserstoff ab.
Und wie wichtig ist die Biomasse für Sie?
Tatsächlich vermarkten wir derzeit wenig Biomasse – obwohl wir es können. Viele Anlagen sind weniger flexibel und liefern eher Baseload. Biomasse muss anders betrieben werden als Wind und Solar. Daher haben wir hier keinen Fokus in der Direktvermarktung. Was wir hingegen voranbringen, ist die Lieferung von Biomasse. Etwa, wenn es darum geht, Kohlekraftwerke durch Biomasseanlagen zu ersetzen. Hier liefern wir die Biomasse und betreiben auch gerne die Anlagen.
Das Interview führten Andreas Baumer und Julian Korb.
Dieser Artikel ist Teil der ZfK-Sommerserie zur Direktvermarktung. Bereits veröffentlichte Artikel hier im Überblick:
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