"Energiemarktdienstleister arbeiten über der Belastungsgrenze"
Seit Ende letzten Jahres sind die Energiemarktdienstleister mit der Umsetzung der Energiepreisbremsen beschäftigt – neben weiteren Themen wie die Umsetzung der „MaKo 2023“. Kurze Umsetzungsfristen, teilweise unklare und lückenhafte Gesetzesvorgaben sowie widersprüchliche Anwendungshilfen sorgen für eine hohe Komplexität und eine hohe Unsicherheit für die Verbraucher:innen und die Marktpartner.
Sowohl bei den Systemanpassungen als auch in vielen Kundencentern arbeiten die Mitarbeitenden an ihren Belastungsgrenzen, betont der BEMD.
Kundenkontakte haben sich teilweise verdoppelt
Abgesehen von dem immensen Arbeitsaufwand durch die notwendigen händischen Anpassungen in einem eigentlich vollautomatisierten Betrieb und den Systemanpassungen der IT-Systeme ist vor allem auch der Kundenservice der Unternehmen stark belastet.
Die Mitglieds- und Innovationspartnerunternehmen des BEMD berichten teilweise von einer Verdoppelung der Kontakte durch die Verunsicherung der Kund:innen. Auch der Beratungsbedarf ist durch die komplexen und differenzierten Regelungen, aber auch durch die mediale Aufmerksamkeit, deutlich gestiegen. Die Unternehmen sehen sich nur teilweise in der Lage, diesem – nachvollziehbaren – Beratungsbedarf zu entsprechen.
Eine Vielzahl von Stadt- und Gemeindewerken, die diese Aufgaben selbst und mit eigenem Personal bewerkstelligen, beantworten – aufgrund Überlastung – die Anfragen zeitlich verzögert. Weiteres Personal ist in der Kürze der Zeit nur schwer zu finden und die nicht unerheblichen Schulungsaufwände reduzieren das für Anfragen verfügbare Personal weiterhin. Mehrarbeit ist für viele Unternehmen in den letzten Monaten zum Regelfall geworden. Dementsprechend ist eine Situation entstanden, in der immer mehr Mitarbeitende über massive Erschöpfung und Überarbeitung klagen.
Erst 20 Prozent des Weges gegangen – immense Herausforderungen auch in den nächsten Monaten
Auch in den nächsten Monaten gibt es keine Entwarnung, so der BEMD: Da aufgrund des Arbeitsaufwands und der Kurzfristigkeit keine Gelegenheit besteht, die Systeme sauber durchzutesten und der Fokus der Umsetzung zunächst auf der Bereitstellung der Soforthilfe und der Ankündigungsschreiben lag, sind aktuell viele Probleme wohl noch gar nicht erkannt.
Neue Marktformate, die richtige Verbuchung, Fristeneinhaltung und nicht zuletzt die Responsewelle zu Abschlagsanpassungen stellen die Unternehmen weiterhin vor große Herausforderungen. Hinzu kommt, dass viele andere Aufgaben derzeit liegen bleiben; doch die Anpassungen zur „MaKo 2023“, Lieferantenwechsel in 24 Stunden oder anstehende Preisanpassungen, um nur einige Beispiele zu nennen, müssen in den nächsten Monaten durchgeführt werden.
Forderung an Bundesregierung: Fristverlängerung und kurzfristig Klarheit schaffen
Um eine Entspannung der Situation zu erreichen, haben die Mitglieder und Innovationspartner des BEMD verschiedene Forderungen an die Bundesregierung: Zum einen ist es wichtig, offene Punkte und Fehlentwicklungen bei den Umsetzungsvorgaben schnellstmöglich zu beseitigen; an vielen Stellen sind Unklarheiten und Eingriffe in hochautomatisierte Massenprozesse Aufwandstreiber und verzögern die Umsetzung.
Auch die begleitende Kommunikation der Politik und der Medien in Richtung Verbraucher:innen erscheint nicht immer hilfreich. So wird Verbraucher:innen suggeriert, dass ihr eigener Verbrauch die Grundlage für die Preisbremsen ist. Die Unternehmen müssen nun ihren Kund:innen erklären, dass hier der Prognosewert des Netzbetreibers oder Lieferanten ausschlaggebend für die Berechnung ist.
Aufgrund des bestehenden Umsetzungsstaus plädiert der BEMD für eine Überprüfung der Umsetzungsfristen für anstehende gesetzliche Anpassungen. Der BEMD steht für eine Diskussion und Beratung dieser und anderer Vorschläge zur Unterstützung der Unternehmen gerne zur Verfügung.
Für die Zukunft wiederholt der BEMD seine bereits kommunizierte Empfehlung: die Regierung muss selbst handlungsfähig werden, also beispielsweise Soforthilfen direkt an die Bürgerinnen und Bürger auszahlen können – wie in vielen anderen europäischen Ländern bereits der Fall.
Damit muss dann nicht mehr der Umweg über die Unternehmen genommen werden, die Organisations- und Umsetzungszeiträume werden kürzer, die Regierung in ihrer Arbeit agiler und die Unternehmen der Energiewirtschaft deutlich entlastet. (sg)