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SAP-Anwender verlagern Kernprozesse eher nicht in die Cloud

Vor allem Marketing- und Vertriebsprozesse ziehen Unternehmen bei ihren SAP-Lösungen in die Cloud um. Kernprozesse wie Finanzen oder Lieferkette wollen die Kunden dagegen lieber in ihrer Hand behalten. Die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe fordert daher weniger Cloud-only-Entwicklungen.
22.10.2018

Die Architektur der Zukunft soll durch einfache und klar definierte Funktionen geprägt sein, lautet das Fazit der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) im Rahmen Ihres 19. Jahreskongresses in Leipzig. "SAP ist hier gefordert, uns Lösungen anzubieten, die auf einheitlichen Datenmodellen mit weitreichenden Integrationsmöglichkeiten basieren", fordert Marco Lenck, DSAG-Vorstandsvorsitzender. Nur so würden sich End-to-End-Prozesse realisieren lassen.

Eine wichtige Rolle in der Architektur der Zukunft spielen ihm zufolge ERP-Systeme. 73 Prozent der Befragten einer Online-Umfrage unter SAP-Anwenderunternehmen mit einer Größe zwischen 500 bis 5000 Mitarbeitern sehen ERP-Systeme hier weiter künftig als relevant an. Die Wertschöpfung in den Unternehmen werde jedoch zunehmend hybrid. So schaffe die Prozessintegration zwischen Unternehmen einen Mehrwert außerhalb der ERP-Systeme.

Nur zehn Prozent lagern Kernprozesse aus

Ein weiterer Punkt in der künftigen Architektur ist die Cloud, die durch permanent aktualisierte Technologien die Differenzierung vom Wettbewerb ermögliche. Speziell Marketing- und Vertriebsprozesse werden von DSAG-Mitgliedern schon heute ausgelagert: 48 Prozent der Befragten nutzen diese Bereiche aus der Cloud.

Kernprozesse hingegen verbleiben zum Großteil im ERP. Nur zehn Prozent der Befragten verlagern sie in die Cloud. "Wir brauchen weniger Cloud-only-Entwicklungen und erwarten funktionale Weiterentwicklungen im Rahmen der Wartung und keine neue Cloud-Subskription", mahnt Lenck. Funktionen innerhalb von Kernanwendungen müssen integriert bleiben", so seine Forderung. Nur so würden sich Geschäftsprozesse effizient abbilden lassen.

Unabhängige, interoperable Standards für Plattformen

Fundamental seien in Zukunft auch vielfältige Plattformen, die übergreifende Geschäftsprozesse realisieren. Dazu sei eine plattformübergreifende Vernetzung möglich. Servicenetzwerke werden nicht mehr mit einem Anbieter realisiert werden, so die Anwendergruppe. Für SAP bedeute das, möglicherweise nicht mehr der einzige Player zu sein. "Daraus folgt, SAP-Plattformen müssen offen sein, um sich mit anderen Plattformen einfach integrieren zu lassen", heißt es.

Digitale Prozesse bräuchten daher unabhängige, interoperable Standards, fordert Lenck. Konvertierungsprozesse und aufwändige Schnittstellen würden sich negativ auf die Geschwindigkeit und damit auf den Erfolg von Digitalisierungsvorhaben der Unternehmen auswirken.

Die SAP-Anwender setzen laut Umfrage mit 55 Prozent auf die SAP Cloud Plattform, der sie eine hohe Relevanz für die Digitalisierung bescheinigen. Es folgt Microsoft Azure mit 50 Prozent und Amazon Web Services mit 31 Prozent. Google liege mit 15 Prozent etwas abgeschlagen.

Unterstützung bei S/4 HANA gefragt

Bei den SAP-Lösungen selbst hat S/4HANA für über drei Viertel der Befragten eine hohe Relevanz. Die SAP Cloud Plattform ist mit 47 Prozent im Rennen. SAP Leonardo mit 30 Prozent. Mit der Business Suite als zentralem System planen demnach über die Hälfte ihre Transformation. Interessant ist auch die Umfrage zum Umstellungszeitpunkt 2025. Dann gibt es für die Produktlinie mit der klassischen SAP Business Suite und SAP ERP keine Wartungsunterstützung mehr.

41 Prozent der Befragten schätzen, dass sie bis 2025 ihre Systeme komplett umgestellt haben. Weitere 28 Prozent zumindest teilweise. "Allerdings sind aktuell bei einer Umstellung noch nicht alle abgekündigten Funktionen des alten ERP ersetzt. Wenn sich das nicht ändert, brauchen wir Alternativen für die ERP-Transformation", verdeutlicht Lenck. Die DSAG fordert von SAP daher verschiedenste Hilfestellungen für ihre Mitglieder ein. (sg)