Schattenseiten des PV-Booms: Studie untersucht Recycling-Strategien
Die Energiewende schreitet voran und die Photovoltaik (PV) spielt dabei eine entscheidende Rolle. In den nächsten Jahrzehnten sollen enorme Kapazitäten zugebaut werden. Experten erwarten mehrere zehn Terawatt bis zur Mitte des Jahrhunderts. Der Boom sorgt für saubere, grüne Energie. Doch das Wachstum hat auch seine Schattenseiten.
So werden bis zum Jahr 2050 mehrere Millionen Tonnen Abfall aus Altmodulen erwartet – und das nur auf den europäischen Markt bezogen. Denn auch, wenn die heutigen PV-Module auf eine möglichst lange Haltbarkeit ausgelegt sind, landen diese am Ende ihres Lebens auf der Müllhalde und mit ihnen teils wertvolle Materialien.
Integrierter Modulaufbau
Heutige Solarmodule sind aber für ein kreislaufwirtschaftliches Recycling nur begrenzt geeignet. Grund ist der integrierte – also kaum trennbare – Aufbau der Module, der Voraussetzung für deren lange Haltbarkeit ist. Auch wenn Recycling in der EU vorgeschrieben ist, lassen sich PV-Module daher nur schwer zirkulär wiederverwenden.
Wie wichtig es für das rasante Wachstum der PV-Industrie ist, diese Materialien zu recyclen, zeigt eine aktuelle Studie von Ian Marius Peters, Jens Hauch und Christoph Brabec vom Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN), einer Außenstelle des Forschungszentrums Jülich.
Einfachere Trennung
Der am besten geeignete Markt, um die Menge an recyceltem Material aufzunehmen, wird demnach die Herstellung von PV-Modulen selbst sein. Nur in diesem Sektor ist der Bedarf in der Regel groß genug.
Doch wie kann Recycling wirklich zirkulär werden? Im ersten Schritt müssen Solarmodule für den ewigen Kreislauf entworfen werden, heißt es in der Studie des HI ERN. Die eingesetzten Materialien müssen einfacher und sauberer zu trennen sein.
Bessere Kennzeichnung der Materialien
Die verbauten Werkstoffe müssen zudem besser dokumentiert und charakterisiert werden. Schlussendlich wird der Erfolg des Recyclings in hohem Maße davon abhängen, wie wirtschaftlich es umgesetzt werden kann.
Eigentlich besteht keine Materialknappheit. Für den enormen Ausbau der Photovoltaik sind ausreichend Ressourcen vorhanden. Doch die benötigten Mengen sind gewaltig. Ein gutes Material-Management ist daher für den rapiden Ausbau vorteilhaft.
Glas in hoher Qualität
So macht beispielsweise Glas bis zu 75 Prozent der Masse eines Solarmoduls aus. Solarglas kann mit etablierten Prozessen zurückgewonnen werden, jedoch nur in minderer Qualität, so dass es nicht für die Produktion neuer Module bereitsteht.
Das ist bei der geringen Menge an Modulen, die heute recycelt werden, kein Problem. Das ändert sich jedoch voraussichtlich ab Mitte bis Ende der 2030er Jahre, wenn jährlich Millionen Tonnen an ausgedientem Solarglas anfallen.
Engpässe bei Polymeren
„Keine Anwendung benötigt eine solche Menge an altem Glas. Nur durch zirkuläres Recycling kann verhindert werden, dass dieses Glas als Abfall endet“, erklärt Peters. Eine zirkuläre Verwendung stärkt zudem auch die wirtschaftliche Stellung der Solarindustrie.
Ein anderes Beispiel: Die Verwendung bestimmter Polymere steht unter anderem in Konkurrenz zur Schuhindustrie. Die vorhandenen Produktionskapazitäten sind hier begrenzt. Durch zirkuläres Recycling können die Kapazitäten schneller ausgebaut und Engpässe bei der Produktion vermieden werden. Darüber hinaus ermöglicht zirkuläres Recycling auch die Rückgewinnung wertvoller Materialien.
Verzicht auf Silber
Die Solarindustrie beanspruchte außerdem 2020 bereits 12,7 Prozent der jährlichen Silberproduktion. Zukünftige Module müssen und werden ohne Silber auskommen, stellen die Studienautoren fest. Denn Silber sei nur begrenzt verfügbar und damit eine kostbare Ressource. (hp)