Karriere

Bildungsurlaub – die unbekannte Option

Eigentlich können Arbeitnehmer*innen in Deutschland jedes Jahr fünf Tage Extraurlaub für die eigene Weiterbildung nehmen. Das ist gesetzlich geregelt. Welche Rolle diese Möglichkeit in der Personalpolitik von Dax-Konzernen spielt, zeigt eine Umfrage.
21.12.2021

Derzeit nehmen einer Studie zufolge knapp zwei Prozent der Mitarbeiter:innen den Bildungsurlaub wahr.

 

Zum Bildungsurlaub zählen Yoga-Seminare, Sprachreisen und Burnout-Prävention. Das Start-up Bildungsurlauber.de hat die 30 Dax-Konzerne danach befragt, welche Rolle Bildungsurlaub in der jeweiligen Personalpolitik einnimmt. 14 Unternehmen haben an der Umfrage teilgenommen, darunter auch RWE und Siemens Energy:

  • 86 Prozent der Unternehmen geben an, ihre Mitarbeiter:innen aktiv über ihr Recht auf Bildungsurlaub aufzuklären – zumeist über das firmeneigene Intranet. 57 Prozent ermutigen darüber hinaus sogar aktiv dazu, Bildungsurlaub wahrzunehmen – zum Beispiel in Feedbackgesprächen oder durch den Betriebsrat.
  • 64 Prozent stehen Bildungsurlaubseminaren, welche in erster Linie der Gesundheitsförderung dienen und keinen direkten inhaltlichen Zusammenhang zum Job haben, positiv gegenüber. Ein Konzern gibt an, dass Bildungsurlaub ein „fester Bestandteil“ des betrieblichen Gesundheitsmanagements sei. Ein weiterer stellt fest: „Bildungsurlaube zur Gesundheitsförderung werden von uns genauso unterstützt wie Bildungsurlaube zur beruflichen Weiterbildung.“
  • Beim Automobilhersteller Volkswagen haben 51 bis 60 Prozent der Belegschaft mindestens einmal im Rahmen der Betriebszugehörigkeit Bildungsurlaub wahrgenommen: “Diese Weiterbildungen bereichern und fördern die Beschäftigten, steigern die Arbeitszufriedenheit und erhöhen die Qualifikation der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.” In anderen Dax-Konzernen liegt die Nutzungsquote von Bildungsurlaub wesentlich niedriger (zum Beispiel bei der Deutschen Börse und Vonovia). Den meisten Unternehmen liegen aber keine Daten über die Bildungsurlaubsaktivität der eigenen Mitarbeiter:innen vor.
  • Für 43 Prozent ist Bildungsurlaub ein Tool zur langfristigen Mitarbeiterbindung.  Der Automobilzulieferer Continental versteht Bildungsurlaub hier als Weiterbildungsmöglichkeit parallel zur firmeninternen Auswahl: “Wir konzentrieren uns nicht nur auf ein Angebot, sondern bieten unseren Mitarbeitern viele Möglichkeiten und entsprechende Zeit an. Damit können sie die für sie passenden Optionen flexibel wählen.”
  • 50 Prozent der befragten Unternehmen ermöglichen ihren Angestellten auch in Bundesländern ohne gesetzliche Regelungen für Bildungsurlaub (Sachsen und Bayern), diesen wahrzunehmen.

Für einen Bildungsurlaub (in manchen Bundesländern als Bildungsfreistellung oder Bildungszeit bezeichnet) muss der Arbeitgeber laut Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) seinen Mitarbeiter*innen bezahlten Urlaub für eine Weiterbildung geben. Darauf haben die Beschäftigten (in 14 von 16 Bundesländern) einen gesetzlichen Anspruch.

Bildungsurlaub wird zusätzlich zum regulären Urlaubsanspruch gewährt – dafür wird also kein Erholungsurlaub gekürzt oder abgezogen. Der Inhalt der Weiterbildung muss nicht zwangsläufig mit der beruflichen Tätigkeit in Verbindung stehen. Der Lohn bzw. das Gehalt wird weiter bezahlt. Kursgebühren, Ausgaben für Lehrmittel sowie Kosten für Fahrten und Unterkunft muss der Arbeitnehmer selbst tragen. (hp)