Karriere

Einigung für Münchner Nahverkehr

MVG und Verdi haben nicht nur einen neuen Haustarifvertrag vereinbart. Sie wollen diesen vielmehr zu einem "München-Tarifvertrag" weiterentwickeln. Die Einstiegsgehälter liegen nun über dem TV-N.
22.07.2019

Eine modernere U-Bahn der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), einer Tochter der Stadtwerke München

Die Streikgefahr im kommunalen Teil des Münchner Nahverkehrs ist auf Sicht gebannt: Die Stadtwerke München und ihre Verkehrstochter MVG auf der einen Seite und die Gewerkschaft Verdi auf der anderen einigten sich am Freitag über einen neuen (Haus-)"Tarifvertrag (TV) MVG". Er sieht rückwirkend zum Monatsanfang Lohnerhöhungen zwischen 3,79 und 6,75 Prozent vor – aber vor allem tarifpolitisches Neuland. Dies geht aus ähnlich lautenden Pressemitteilungen von MVG und Verdi vom Freitag hervor.

SWM-Verkehrsgeschäftsführer Ingo Wortmann machte in seiner Reaktion deutlich, dass der vereinbarte Schluck aus der Pulle selten bleiben müsse: "Die Finanzierung der Entgelterhöhung muss noch geklärt werden. Abschlüsse auf diesem Niveau können nicht die Regel werden, denn sonst geraten wir bei den Fahrpreisen massiv unter Druck." Verdi-Verhandlungsführer Franz Schütz äußerte sich euphorisch: "Für die Beschäftigten konnten wir unsere wichtigsten Forderungen weitgehend durchsetzen. Alle Beschäftigten bekommen somit jeden Monat deutlich mehr. Das ist ein riesiger Erfolg, der vor allem durch die sehr gute Beteiligung beim Streik erzielt wurde."

Das Wichtigste der "Prozessvereinbarung"

Bei der MVG sind die dienstälteren Beschäftigten im Fahrdienst und in fahrdienstnahen Tätigkeiten an den Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N) Bayern gebunden, die jüngeren an den Haustarifvertrag, zu bisher teilweise schlechteren Bedingungen. Dies drehte sich nun durch die Einigung. Dass es überhaupt einen Haustarif gibt, ist damit zwischen den Tarifparteien nicht mehr umstritten – im Gegenteil. Die Tarifpartner haben eine "Prozessvereinbarung" unterschrieben. Ziel sei es, den TV MVG zu einem München-spezifischen Tarifvertrag weiterzuentwickeln, so die MVG. Hauptthemen:

  • Vereinbarungen zu gezielten Weiterentwicklungsmöglichkeiten, die bei zusätzlichen Qualifikationen auch zu höherem Lohn führen – SWM-Personalgeschäftsführer Werner Albrecht, der für den Arbeitgeber Verhandlungsführer war, brachte einmal gegenüber der ZfK das Beispiel eines U-Bahn-Fahrers, der sich auch auf Tram oder Bus ausbilden lässt.
  • Verbesserungen bei der Altersversorgung
  • bessere Arbeitsbedingungen
  • eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung

Kurze Laufzeit: "Kröte geschluckt"

Die Verhandlungen zu diesen Themen sollen bis ins nächste Jahr dauern. Albrecht: "Wir setzen darauf, dass wir durch die erstmals in dieser Form vereinbarte Prozessvereinbarung in gute Gespräche mit der Gewerkschaft kommen, die dann auch die Grundlage für die Tarifverhandlungen über den TV-N und den TV MVG im nächsten Jahr sind.“

Der neue Haustarifvertrag gilt hinsichtlich der Lohnhöhe bis 31. August 2020, sonst nur bis 30. Juni 2020. Albrecht: „Die Kröte der kurzen Laufzeit haben wir geschluckt, weil eine längere Laufzeit nicht den großen Streik verhindert hätte. Verdi hat keinen Zweifel daran gelassen, dass sie 2020 zu Solidaritätsstreiks aufgerufen hätte. Damit wäre der ÖPNV (Öffentliche Personennahverkehr) auch dann komplett lahmgelegt gewesen, wenn wir jetzt – wahrscheinlich nach weiteren Warnstreiks – eine längere Laufzeit für den TV MVG durchgesetzt hätten. Auch die rechtliche Auseinandersetzung über Solidaritätsstreiks wollten wir uns und unseren Kunden ersparen."

Die Lohnerhöhungen im Einzelnen

Konkret hat sich der Lohn je nach Vergütungsstufe zwischen 130 bis 150 Euro erhöht.

  • Für Fahrer bedeutet dies je nach Stufe ein Plus zwischen 5,1 und 6,23 Prozent,
  • für Kontrollschaffner zwischen 5,33 und 6,75 Prozent.
  • In der höchsten Entgeltgruppe liegen die Erhöhungen zwischen 3,79 und 4,86 Prozent.

Die Einstiegsgehälter in den drei Entgeltgruppen des TV MVG liegen damit über den Einstiegsgehältern im Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N).

Zudem hat sich die Schichtzulage um 23,31 Euro monatlich erhöht, die Wechselschichtzulage um 41,25 Euro pro Monat.

Mehr Urlaub aus Guthaben

Faktisch erhalten die MVG-Beschäftigten auf Wunsch auch fünf Tage mehr bezahlten Urlaub ("freie Tage") pro Jahr: Die Regelungen im TV-N zur freiwilligen Umwandlung von Geld in Zeit gelten künftig auch im TV MVG. Diese Möglichkeit besteht für

  • die sogenannten geteilten Dienste – das sind mehrere unterbrochene Arbeitszeiten an einem Tag,
  • die Vergütung der Vor- und Abschlussarbeiten sowie
  • für 2,3 Prozent des Monatslohns.  (geo)