Karriere

Fachkräfte: Unterschriftsprämie ist ein "Aufmerksamkeitsbooster"

Personalberater Volker Aumann ist sich sicher: Ein Bonus kann helfen, geeignete Kandidaten zu locken. Doch bei der Umsetzung müssen Stadtwerke einige Dinge beachten.
24.08.2022

Um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, setzen Unternehmen zunehmend auch auf Prämien. (Symbolbild)

  • Der Personalberater Volker Aumann

Der Fachkräftemangel ist auch in der Energiewirtschaft ein großes Problem. Oftmals geht es dabei nicht nur um Gehälter, sondern vor allem darum überhaupt geeignete Bewerber zu finden. Welche Rolle kann hier eine Unterschriftsprämie spielen?

Aumann: Eine Unterschriftenprämie ist ein sehr lautes Mittel, um auf sich aufmerksam zu machen. Eingebunden in eine Strategie zur Mitarbeitendengewinnung kann sie für Unternehmen mit einem großen Bedarf an Arbeitskräften ein Instrument sein, in kürzester Zeit ein Maximum an Aufmerksamkeit am Arbeitsmarkt zu erlangen. Die Unterschriftsprämie setzt dabei in einem ersten Schritt auf Quantität und muss in den Folgeschritten eine qualitative Selektion von Bewerbenden durchführen.

Eine Kampagne mit dem Schwerpunkt der Unterschriftsprämie ist ohne kommunikative Einbindung in eine Gesamtstrategie wie ein Staubsauger. Viele Bewerber werden sich vor allem vor dem Hintergrund der Prämie bewerben. Hierunter werden sich vor allem auch ungeeignete Bewerber befinden. Eine Unterschriftsprämie zielt immer erstmal auf die Aufmerksamkeit und nimmt diesen Effekt in Kauf.

In vielen Bereichen der Energie- und Kommunalwirtschaft gibt es Probleme Personal zu finden. So fehlen vielen kommunalen Verkehrsbetrieben Mitarbeitende, die Busse und Bahnen steuern. Gleichzeitig hat man mit den Bussen und Bahnen schon sehr interessante Werbeflächen. Gezielte Kampagnen, die zum Beispiel genau diese Mitarbeitendengruppe adressieren, können Erfolg bringen.

In der Auszubildendenrekrutierung kommt die Unterschriftsprämie oft auch in "Naturalform" daher. Hier wird mit einem kleinen (Leasing) Firmenwagen, einem Führerschein oder anderen altersspezifischen Angeboten geworben, die eigentlich auch nichts anderes als eine Unterschriftsprämie sind. Mit diesen Angeboten erarbeitet sich der Ausbildungsbetrieb ein Alleinstellungsmerkmal auf den oft lokal oder regional sehr angespannten Ausbildungsmärkten.

Viele Unternehmen haben die Sorge, als "unseriös" zu gelten, wenn sie eine solche Prämie anbieten. Was würden Sie dem entgegnen?

Aumann: Eine Unterschriftsprämie muss stets in eine Gesamtstrategie zur Personalgewinnung eingebunden werden. Sie macht nur Sinn, wenn auch alle im Unternehmen mitziehen. Es ist niemandem geholfen, wenn der Betriebsfrieden gestört oder das Image des Unternehmens Schaden dadurch nimmt.

Wenn jeder in der Stadt weiß, dass Busse und Bahnen ausfallen, weil Personal fehlt, oder wichtige Projekte im energiewirtschaftlichen Bereich stocken, weil kein Personal vorhanden ist, der wird es verstehen, wenn auch ein kommunales Unternehmen neue Wege in der Akquisition von Bewerbenden gehen muss. Aber die zentrale Aufgabe hierbei bleibt, dies sauber und transparent zu kommunizieren.

Der Fachkräftemangel ist omnipräsent und gerade in großstädtischen Regionen sind kommunale Arbeitgeber nicht immer konkurrenzfähig. Hier mittels einer Signing Fee auf die Besonderheiten und Vorteile eines kommunalen Arbeitgebers aufmerksam zu machen wirkt, sofern sauber kommuniziert, sicherlich nicht unseriös.

Welche anderen Prämien neben der Signing Fee können sinnvoll sein, um Fachkräfte zu gewinnen?

Aumann: Gerade in den Großstädten ist es heute schwierig eine Wohnung zu finden. Früher gab es bei vielen Unternehmen noch werkseigene Wohnungen. Bezahlbaren Wohnraum zu organisieren, würde sicher vielen Menschen in den unteren Einkommensgruppen helfen und wäre für viele sicherlich auch ein Argument bei einem Unternehmen anzufangen. Die Übernahme von Umzugskosten oder die Organisation von Kinderbetreuung sind ähnliche Leistungen.

Fast in jedem Unternehmen gibt es Unterstützungsleistungen in Fragen der Mobilität. Hier gibt es sicherlich für Unternehmen die vielfältigsten Möglichkeiten zu punkten. Angefangen vom Job- Ticket über das Leasing Fahrrad bis hin zur Nutzung von unternehmenseigenen Ladesäulen für den Betrieb von E-Autos. Wichtig hierbei ist es aber stets zu prüfen, welche steuerlichen Effekte dies nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für die Beschäftigten hat.

Mitarbeitendenempfehlungsprogramme sind in vielen Unternehmen bereits implementiert. Sofern eine Mitarbeiterin jemanden überzeugt, in das Unternehmen zu wechseln und diese Person dann einen Arbeitsvertrag unterschreibt, so wird dies in Form einer Prämie honoriert.

Wir alle kennen doch die Prämien für eine lange Betriebszugehörigkeit. Auch wenn diese meist im Wert nicht überzeugen, so sind sie für viele eine wichtige Anerkennung. Auf diese Erfahrungen kann man sicher aufbauen und diese Programme weiterentwickeln.

Gerade entwickeln sich auch lokale Plattformen, die es Unternehmen ermöglichen, Prämien oder Vergünstigungen im lokalen Handel für ihre Belegschaft zu erhalten. Via App erhalten die Mitarbeitenden Rabatte für den regionalen Einzelhandel oder auch zu bestimmten Dienstleistungen. So profitieren sowohl die Händler vor Ort als auch die Mitarbeitenden in den Unternehmen. Für kommunale Arbeitgeber ist dies ein besonders interessantes Programm.

Für viele Bewerbende ist eine Signing Fee gar nicht so wichtig. Ein wertschätzende, angenehme sichere Arbeitsumgebung mit nachvollziehbaren Regelungen zum Thema Arbeitszeitflexibilisierung und Home Office würden viele kommunale Arbeitgeber gut tun.

Wenn sich ein Unternehmen für Signing Fees entscheidet – wie sollte diese kommuniziert werden, gerade auch in den Sozialen Medien?

Aumann: Eine Unterschriftsprämie kann nur ihre Wirkung entfalten, wenn man weiß, dass es sie gibt. Und daher ist sie oftmals eingebunden in größere Werbekampagnen des Unternehmens oder für die Einführung der Prämie wird extra eine Kampagne gestartet. Natürlich fällt ein Bonus, eine Prämie oder eine Sonderleistung auf, die meist einen Großteil einer Anzeige ausmacht (Aufmerksamkeitsbooster!). Die Leser beschäftigen sich damit, schauen vielleicht nach, wer sich dahinter verbirgt, scannen einen QR-Code, diskutieren mit Kolleg*innen, leiten eine Social Media-Anzeige weiter und besprechen sie im Freundeskreis.

Bevor sich ein Unternehmen entscheidet auf Unterschriftsprämien zu setzten, ist meist schon vieles vorher ausprobiert worden.

In sehr lokal organisierten Märkten wird vor allem im Handwerk auch mal ohne große Kampagne ein "Handgeld" gezahlt. Auch wenn dies niemand zugeben wird, so wissen doch alle Beteiligten, wie dies funktioniert. Hier wird auch bewusst mit Verschwiegenheiten und Gerüchten gearbeitet. Dies zeigt auch Effekte, da hierüber oft geredet wird. (jk)

Volker Aumann ist Personalberater und Geschäftsführer von Aumann & Metzen. Er verfügt über langjährige Erfahrung mit Unternehmen aus der Energie- und Rohstoffwirtschaft.