Karriere

Zur Prävention von Technostress leistet Führung wichtigen Beitrag

Die Reizüberflutung durch die Vielzahl an neuen Programmen und Plattformen hat zugenommen. Wie man erste Anzeichen erkennt und wie man gemeinsam mit den Mitarbeitern vorbeugen kann.
22.09.2023

Wem die Menge an digitalen Informationen schnell über den Kopf wächst, ist besonders anfällig für Technostress.

Neue Programme, Plattformen und Geräte versprechen viele Vorteile – etwa flexiblere und schnellere Abläufe im Team. All dies kann auch negative Folgen haben. Nämlich dann, wenn die Arbeits- und Informationsdichte zunimmt, der Handlungsdruck steigt und notwendige Pausen seltener werden.

Die Ursachen von Technostress und wie er zu bewältigen ist: Das untersucht Daniel Thiemann, Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management (ISM). Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Rolle des Führungsstils am Arbeitsplatz und auf Maßnahmen, die Arbeitnehmende zum Selbstschutz ergreifen können.

Erste Anzeichen für Technostress sind laut Thiemann: Überforderung bei der Nutzung der eingesetzten Technologien, Probleme bei der Bewältigung der gestiegenen Informationsmenge über verschiedene Kanäle und Mehrarbeit außerhalb der Bürozeiten, speziell auf digitalen Kanälen. Direkter Stress durch Technik entsteht zum Beispiel, wenn das System einfach nicht funktionieren will. Indirekter Stress wird durch damit verbundene Ängste hervorgerufen.

Vorleben der Work-Life-Balance auch als Chef

„Führungskräfte und Mitarbeiter sind hier gemeinsam gefragt, um gegenzusteuern", so der ISM- Professor. Chefs sollten mit den technischen Neuerungen Schritt halten und die Arbeitsbelastung für ihre Mitarbeiter und sich selbst begrenzen. Dazu gehöre auch, über vermeidbare Stressfaktoren nachzudenken.

„So nutzt es etwa wenig, Erholungszeiten vorzugeben, wenn der Alltagsdruck dazu führt, nach Büroschluss doch wieder zum Laptop zu greifen. Führungskräfte können hier richtungsweisend sein", sagt Thiemann, „etwa indem sie Arbeitszeiten klar von der Privatzeit trennen.“

„Mitarbeiterorientierte Führungsstile, die darauf ausgelegt sind, Kollegen individuell zu unterstützen und sie in ihren Kompetenzen zu stärken, können Technostress deutlich vermindern", so die Untersuchung. Umgekehrt könne eine starke Neigung zu Kontrolle und Sanktionen im Kontext der Technologienutzung Stress verstärken. Der Professor empfiehlt deshalb, neue Hilfsmittel in der Arbeitswelt so einzusetzen, „dass Mitarbeiter befähigt werden, selbstorganisiert mit den Technologien zu arbeiten. Das ist dann ein essenzieller Bestandteil zur Vermeidung von Technostress".

Es nutzt wenig, Erholungszeiten vorzugeben, wenn der Alltagsdruck dazu führt, nach Büroschluss doch wieder zum Laptop zu greifen. Führungskräfte können hier richtungsweisend sein."
Daniel Thiemann, Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management (ISM)

Eustress durch angemessene Herausforderungen

Welche Arbeitsweise, Technologie oder Kommunikationsform ist nun die richtige? Nach Thiemann hängt dies letztlich von der Komplexität der Inhalte ab.

"Will eine Führungskraft ihr Führungsverhalten auf den digitalen Raum übertragen, muss man Rücksicht auf die Grenzen der neuen Technologien nehmen", verdeutlicht Thiemann. Nicht alles passe für jeden Anlass. Wird dies berücksichtigt, kann der Umgang mit Technik sogar „Eustress“ erzeugen und positive Motivationspotenziale freisetzen.

„Wenn Mitarbeiter das Gefühl bekommen, anspruchsvolle Technologien gut zu beherrschen, steht das positive Erlebnis bei der Bewältigung der Herausforderung sogar im Vordergrund. In diese Richtung gilt es, die Kompetenzen und die Selbstwirksamkeit bei Mitarbeitenden zu fördern", hebt der Professor hervor. (bs)