Lauter Minuspunkte fürs Großraumbüro
In der Vergangenheit sind aus vielen Einzelzimmern Großraumbüros geworden. Das sollte die Kosten reduzieren und die Kommunikation unter den Mitarbeitenden fördern. Doch wie eine Meta-Analyse von 429 Untersuchungen aus den Jahren 2005 bis 2022 zeigt, geht der Plan nicht auf.
Ein Beitrag in der aktuellen Ausgabe des "Management Review Quarterly" des Wissenschaftsverlags Springer kommt zu dem Schluss: Die Arbeit im Großraumbüro ist im Vergleich zum früheren Einzelbüro ineffektiver, die Angestellten sind unzufriedener und die Face-to-Face-Kommunikation hat sich um 70 Prozent reduziert.
In Einzelbüros dagegen "besuchten" sich die Kollegen gern – es ist die Büroform mit den häufigsten spontanen Treffen. Somit tritt in Großraumbüros das Gegenteil von dem ein, was Chefs vor dem Umbau an sich geplant hatten.
Stattdessen fühlen sich Angestellte im Großraum kontrolliert und können sich durch die oft hohe Geräuschkulisse schlechter konzentrieren. Das Frustrationspotenzial steigt – und Homeoffice erscheint als die bessere Arbeitssituation. Auch das ist nicht im Sinne der Arbeitgeber, die eher versuchen, ihre Mitarbeitenden wieder zurück ins Büro zu holen.
Ein weiterer Minuspunkt ist, dass die hohe Geräuschbelastung nicht nur das Arbeiten erschwert, sondern auf Dauer einen negativen Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeitenden hat. Und das auf physischer und mentaler Ebene sowie bezogen auf das soziale Wohlbefinden.
Angestellte klagen im offenen Büro über mehr Müdigkeit, bei manchen entstehen sogar Depressionen. Generell nimmt die gefühlte Belastung zu, wenn äußere Einflüsse wie Licht, Temperatur und auch die Geräuschintensität nicht selbst bestimmt werden können. Dazu fällt der nette Plausch mit den Kollegen immer häufiger weg: Zum einen fehlt der Privatraum, zum anderen will man auch die Kollegen um sich herum nicht stören. Immer mehr Angestellte ziehen sich dann in sich zurück.
Die Autoren der Analyse machen deutlich, wie wichtig es für Unternehmer ist, das eigene Bürokonzept nochmal zu überdenken. Um zufriedenere Mitarbeiter zu haben, braucht es mindestens ein hybrides Büromodell, mit privaten Bereichen und Räumen für die Teamarbeit. Da es sehr unterschiedliche Menschen gibt, sollte man jedem die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, ob er sich unter Kollegen wohl fühlt oder alleine und in Ruhe arbeiten möchten.
Die Gestaltung des optimalen Bürokonzepts ist ein ständiger Prozess. Die Autoren empfehlen, für die Planung zukünftiger Büros interdisziplinäre Teams zu bilden. Zum einen braucht es Manager, die die Arbeitsabläufe verstehen und eine klare Vorstellung von den Leistungskriterien haben. Außerdem sind Immobilienplaner hilfreich, die die Kosten im Auge behalten, und Psychologen, die sich auf das Wohlbefinden und die Motivation der Mitarbeitenden konzentrieren.
Wer aber unbedingt zu einer solchen Task Force gehören sollte, sind die Arbeitnehmer, die später in dem Büro sitzen werden. Wer diese nicht anhört, wird am Ende mehr verlieren als gewinnen. (ah)