Karriere

Die juristischen Gefahren von Workation

Gerade im Sommer reizt die Möglichkeit, an einem Ferienort mobil zu arbeiten. Bisher reicht allerdings das deutsche Arbeitsrecht nicht aus, um dabei alle Risiken für Arbeitnehmer und Arbeitgeber abzudecken. Es braucht neue, schriftliche Vereinbarungen.
04.07.2023

Das Arbeiten von unterwegs sollte von allen Beteiligten gut vorbereitet werden.

Durch die Corona-Pandemie entwickelte sich eine neue Urlaubs- und Arbeitsform: die Workation. Nun sitzen Arbeitnehmer immer öfter statt im Büro im europäischen sowie weltweiten Ausland. Doch das deutsche Recht setzt dieser Arbeitsform Grenzen: Arbeitgeber müssen deshalb neue Regelungen definieren – unabhängig davon, ob ein Beschäftigter vorübergehend oder dauerhaft im Ausland tätig ist.

Arbeitnehmer benötigen unterwegs zwar keinen fest eingerichteten Arbeitsplatz. Sie brauchen aber in der Regel einen Laptop, ein Smartphone, gegebenenfalls ein Headset sowie Software, die die Sicherheitsanforderungen erfüllen müssen. Letzteres ist nicht trivial, denn das Risiko von Datenschutzverstößen oder einer Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist bei mobil tätigen Beschäftigten natürlich höher als bei Mitarbeitenden, die im Unternehmen sitzen. Deshalb sind hier vor allem die IT-Abteilungen der Firmen gefordert.

Wie sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber absichern können

Wirtschaftsredakteurin und Spiegel-Bestsellerautorin Sabine Hockling erklärt, wie das mobile Arbeiten für beide Parteien ohne spätere Katastrophen gelingt:

Was sollten Arbeitgeber vorab schriftlich festhalten, wenn Mitarbeitende vorübergehend aus dem Ausland tätig sein wollen?

Jeder Arbeitgeber sollte schriftlich dokumentieren, wie der mobile Arbeitsplatz ausgestattet ist (Hard- und Software, Tools usw.). Dazu muss der Arbeitnehmer darüber informiert werden, wie Arbeitsmittel transportiert und verwahrt werden sollen, wenn sie nicht in Gebrauch sind. Es braucht eine Klärung, wie die Kosten erfasst werden und wer zum Beispiel die Internetkosten trägt. Ist eine private Nutzung der Arbeitsmittel erlaubt? Und wie wird die Arbeitszeit dokumentiert? Beide Parteien könnten zum Beispiel Erreichbarkeits- und Arbeitszeiten vereinbaren. Der Arbeitgeber profitiert auch davon, wenn er für konkrete Aufgaben gleich Bearbeitungsfristen festlegt. Wer hier Klarheit über die Rechte und Pflichten schafft, vermeidet später Diskussionen und rechtliche Auseinandersetzungen.

"Gerade für das vorübergehende ausländische Homeoffice sollten Beschäftigte klären, ob ihre Haftpflichtversicherung bei einem Arbeitsaufenthalt im Ausland greift. Falls nicht, ist eine temporäre Aufstockung sinnvoll."
Sabine Hockling, Wirtschaftsredakteurin

Wer haftet, wenn das Firmeneigentum unterwegs beschädigt oder gestohlen wird?

Laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch haften Beschäftigte, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig (also schuldhaft) ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt haben und hierdurch ein Schaden entstanden ist. Das ist der Fall, wenn ein Arbeitnehmer seinen Laptop beispielsweise an einem öffentlichen Raum unbeaufsichtigt liegen lässt und er gestohlen wird. Liegt das Gerät aber im abgeschlossenen Ferienhaus und wird dort bei einem Einbruch entwendet, trägt der Beschäftigte nicht die Kosten. Dann haftet die Versicherung des Arbeitnehmers oder die des Arbeitgebers. Für Beschäftigte ist es insofern wichtig zu klären, ob ihre Haftpflichtversicherung bei einem Arbeitsaufenthalt im Ausland überhaupt greift. Falls nicht, ist eine temporäre Aufstockung sinnvoll. Bei dem dauerhaften ausländischen Homeoffice wird der Beschäftigte nicht umhinkommen, eine Haftpflichtversicherung im Gastland abzuschließen.

"Während im Betrieb das Betriebsrisiko aufgrund technischer Defekte und Störungen beim Arbeitgeber liegt (§ 615 Satz 3 BGB), ist das für ausländische Homeoffice-Arbeitsplätze (noch) nicht gesetzlich geregelt. Hier sollte der Arbeitgeber vorsorgen."
Sabine Hockling, Wirtschaftsredakteurin

Und darf der Arbeitgeber den Lohn kürzen, wenn der Beschäftigte aufgrund von Netzschwierigkeiten im Ausland oder technischer Schäden am Gerät nicht arbeiten kann?

Ist die Arbeit im Ausland aufgrund technischer Defekte oder Netz-Störungen nicht möglich, kann der Beschäftigte seine Arbeitsleistung nicht erfüllen. Während im Betrieb das Betriebsrisiko aufgrund technischer Defekte und Störungen beim Arbeitgeber liegt (§ 615 Satz 3 BGB), ist das für ausländische Homeoffice-Arbeitsplätze (noch) nicht gesetzlich geregelt. Deshalb sollten die Konsequenzen für diesen Fall vorab schriftlich festgehalten werden. Dabei sollte die Vereinbarung auch beinhalten, ob und wann der Arbeitgeber die Rückkehr in den Betrieb verlangen kann. 

Mehr Infos zu Rechten & Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber finden sich im dem neuen Sachbuch von Sabine Hockling: “Überall, nur nicht im Büro”, Die Ratgeber Verlag. (ah)