Karriere

Personalkosten werden dieses Jahr um 7,5 Prozent steigen

Die größte Herausforderung für alle Unternehmen ist laut der neuen Horváth-Studie das Personal: zum einen wegen der Kosten, zum anderen weil Mitarbeiter-Themen immer wichtiger werden.
28.07.2023

 Das Personal spielt in Manangment-Etagen aktuell die Hauptrolle.

War die Wirtschaft in den vergangenen (Krisen-)Jahren noch von Materialknappheit gekennzeichnet, hat sich jetzt ein Paradigmenwechsel vollzogen: Entscheidende Wettbewerbsfaktoren von Unternehmen sind heute die Verfügbarkeit und Kosten von Arbeitskraft jeglicher Art. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen die Unternehmen in Bezug auf Rohstoffe und Materialien nur noch mit einer Kostensteigerung von 4,5 Prozent. Personalkosten werden dagegen um durchschnittlich 7,5 Prozent steigen.

Das ergab die jährliche Studie „CxO Priorities“ der Managementberatung Horváth. Dazu wurden im Frühjahr/Sommer 2023 persönliche Tiefeninterviews mit über 400 Topmanagerinnen und -managern aus internationalen Unternehmen geführt – mit Fokus auf Europa und den deutschsprachigen Raum. Besonders hohe Personalkosten erwarten demnach die Branchen: Automotive, Energie, Telekommunikation sowie die Öl- und Chemiebranche mit 11- bis 16-prozentigen Steigerungsraten.

„Die Kosten sind dabei nur eine Seite der Medaille“, sagt Heiko Fink, Studienleiter und Partner bei der Managementberatung Horváth. „Wie wir an aktuellen Verlagerungstendenzen sehen, richten die Unternehmen sich nicht nur verstärkt in denjenigen Regionen aus, in denen Arbeitskraft günstig ist, sondern vor allem auch: langfristig verfügbar. Dazu gehört, dass vor Ort strukturell gute Bedingungen gegeben sein müssen, etwa die einfache Integration ausländischer Arbeitskräfte oder auch Umschulung beziehungsweise Weiterbildung.“

„Wie wir an aktuellen Verlagerungstendenzen sehen, richten die Unternehmen sich nicht nur verstärkt in denjenigen Regionen aus, in denen Arbeitskraft günstig ist, sondern vor allem auch: langfristig verfügbar."
Heiko Fink, Studienleiter bei der Managmentberatung Horváth

Personalstrategische Fragen verdrängen Nachhaltigkeitsthemen

Was genau die Diskussionen in den Vorstandsetagen beherrscht, zeigt das aktuelle Ranking der Managementprioritäten: Zum ersten Mal seit 2020 landen „People-driven topics“ auf Platz eins der wichtigsten Themen, gefolgt von "Cyber Security" und der "digitalen Transformation". Branchenübergreifend messen 58 Prozent der Befragten den Personalthemen eine sehr hohe Bedeutung zu. Nachhaltigkeitsthemen rücken dagegen in den Hintergrund und erreichen nur noch Platz 4, noch hinter dem Thema „Optimierung der Kostenstrukturen“.

„In den so genannten ,People-driven topics‘ sind Themen geclustert, die aktuell enorme Relevanz entfalten, etwa Modelle für flexibles Arbeiten oder Umgang und Ansprüche in Bezug auf die Generation Z“, sagt Horváth-Experte Heiko Fink. Auch Automatisierungsthemen schlössen sich daran an, wie das Potenzial von AI-Applikationen zur Ersetzung von Fachkräften bzw. zu deren Unterstützung, gerade im Dienstleistungssektor. Fink warnt aber vor überzogenen Erwartungen, was mögliche Einsparungen angeht: „Neue digitale Möglichkeiten bringen natürlich Effizienz, aber auch neue Geschäftspotenziale. Und sie werfen neue datenschutzrechtliche Fragen auf."

„Reskilling, also Umschulung von vorhandenem Personal, müsste gerade vor dem Hintergrund der Personalengpässe und Kostensteigerungen eigentlich unter den Top 3 Maßnahmen der Unternehmen landen. Doch da haben wir hierzulande ein großes Gap an übergreifenden Lösungen und Best Practices.“
Heiko Fink, Studienleiter bei der Managmentberatung Horváth

Was sichert die Ressource "Personal" für die Zukunft?

Ein Blick auf die Strategien und Maßnahmen, die die Unternehmen zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften anwenden, zeigt, dass in punkto Reifegrad in „People-Themen“ noch Luft nach oben ist. Auf die Frage, wie sie den Personalproblemen entgegenwirken, wird von den Firmen am häufigsten das Angebot flexibler Arbeitsmodelle genannt. Top 2 ist die Weiterentwicklung im Bereich „Kultur und Employer Branding“. Mit größerem Abstand landet Engagement im Bereich „Leadership“ auf dem dritten Platz. Ab hier zerfasern sich die Maßnahmen – die einen setzen auf Weiterbildung, die anderen auf Digitalisierung oder ein umfangreiches Benefits-Programm.

„Reskilling, also Umschulung von vorhandenem Personal, müsste gerade vor dem Hintergrund der Personalengpässe und Kostensteigerungen eigentlich unter den Top 3 Maßnahmen landen. Doch da haben wir hierzulande ein großes Gap an übergreifenden Lösungen und Best Practices“, so Heiko Fink von Horváth. Auch Projekte im Bereich Culture oder Leadership werden dem Experten zufolge häufig unterschätzt und mit zu wenig Zeit und Budget eingeplant. „Dabei geht es hier um nicht weniger als die Sicherung der Ressource Personal für die Zukunft, von der das Geschäft mehr denn je abhängen wird.“ (ah)