Karriere

Personalrisiken im Blick

Im Bereich Personal müssen zahlreiche Gesetze und Urteile berücksichtigt werden. Gastbeitrag von Nicole Elert und Anna Albers von PwC.
23.02.2024

"Workforce Riskmanagement" beschreibt den richtigen und umfassenden Umgang mit Personalrisiken. Denn sie sind vielfältig und zahlreich.

Das Management von Risiken im Bereich Personal, heute mit dem Stichwort "Workforce Riskmanagement" betitelt, beschreibt den richtigen und umfassenden Umgang mit Personalrisiken. Diese sind vielfältig und zahlreich.

Nicht nur bei einem personellen Wechsel in der Führungsebene, dem Aufbau neuer Geschäftsfelder oder der Einführung von Technologien gilt es stets, die relevanten und teils risikobehafteten Themen im Blick zu behalten. Wer als Verantwortliche:r hier einen blinden Fleck zulässt, setzt sich und das Unternehmen Haftungsrisiken aus und verschenkt Potenziale in der Belegschaft in Bezug auf werte- und wertschöpfungsorientiertem Handeln.

  • Nicole Elert ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Partnerin der PricewaterhouseCoopers GmbH WPG.

Neue Vergütungsregeln für Betriebsräte

Wussten Sie zum Beispiel, dass das Bundeskabinett am 1. November 2023 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes beschlossen hat, um mehr Rechtssicherheit bei der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern zu schaffen?

Dem vorangegangen war ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Januar 2023, wonach eine zu hohe, nicht rechtskonforme Vergütung von Betriebsratsmitgliedern den Tatbestand der Untreue erfüllen kann und damit erhebliche Haftungsrisiken für Vorstände, Prokuristen und Geschäftsführer birgt.

  • Anna Albers ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Senior Manager der PricewaterhouseCoopers Legal AG.

Niedrigere Hürden bei der "Blauen Karte"

Seit dem 18. November 2023 greift die erste Stufe des neuen "Fachkräfteeinwanderungsgesetzes". Damit werden erste Hürden für Arbeitgeber:innen abgebaut und Vorteile geschaffen. So gilt dann etwa für Arbeitskräfte, die als Hochschulabsolventinnen und -absolventen über die "Blaue Karte" einreisen, eine niedrigere Gehaltsschwelle. Fachkräfte aus nicht-reglementierten Berufen, deren ausländischer Abschluss in Deutschland anerkannt ist, können nun auch in anderen Branchen arbeiten.

Unter dem Thema Vergütung und Equal-Pay hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 16. Februar 2023 ausgeführt, dass es nicht nur um das „Verhandlungsgeschick“ der Einzelnen gehe, sondern generell um diskriminierungsfreie Vergütung von Männern und Frauen. Arbeitgeber:innen sollten hier eine nachhaltige und rechtssichere Vergütungsstruktur etablieren und bestehende Gehaltsunterschiede ausreichend dokumentieren, um Prozesse zu vermeiden.

Wenn man im Urlaub in Quarantäne muss

Bekannt sollte zudem sein, dass der Europäische Gerichtshof am 14. Dezember 2023 entschieden hat, dass das Unionsrecht nicht verlange, dass Arbeitnehmer:innen, die während ihres Jahresurlaubs unter Quarantäne gestellt wurden, den Jahresurlaub übertragen können. Quarantänesei nicht mit Krankheit vergleichbar. Dem Zweck des Erholungsurlaubs stehe die Quarantäne nicht entgegen.

Dies gelte unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis von einer der beiden Parteien bereits beendet worden sei oder nicht. Damit scheide eine Übertragung des Urlaubs wegen Arbeitsunfähigkeit aus. Es besteht dann auch keine Nachteilsausgleichspflicht i. S. v. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auf Arbeitgeberseite.

Wer also als Arbeitnehmer:in während des Urlaubs in Quarantäne muss(te), hat nach EU-Recht keinen Anspruch auf einen Ausgleich der betreffenden Urlaubstage. Dies dürfte – gerade bei der ansonsten sehr arbeitnehmerfreundlichen Rechtsprechung zum Urlaubsrecht – eine hohe Praxisrelevanz für Arbeitgeber:innen haben.

Wenn es Zweifel an Krankmeldung gibt

Das BAG hat am 31. Dezember 2023 ferner zur Erschütterung des Beweiswerts von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgeführt. Grundsätzlich könne der Beweiswert von Arbeitgebern erschüttert werden, wenn sie tatsächliche Umstände darlegen und ggf. Beweise haben, die nach einer Gesamtbetrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit ergäben.

Das könne der Fall sein, wenn ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer (nach Zugang einer nun auch arbeitgeberseitigen Kündigung) eine oder mehrere Folgebescheinigungen vorlege, die passgenau die Zeit bis zu seinem Ausscheiden umfasse, und er unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufnehme. Auch dies ist eine Konstellation, die in der Praxis nicht selten vorkommt. (hp)