Karriere

Studie: Home-Office ist für viele die neue Normalität

Doch bestimmte Gruppen hätten auch erhebliche Probleme mit der neuen Situation. Um das Beste aus der Tele-Arbeit zu machen, sei vor allem eins wichtig.
19.01.2022

Allein zuhause vor dem Rechner: Für viele Beschäftigte ist das seit Ausbruch der Corona-Pandemie Alltag geworden. (Symbolbild)

Die Menschen nehmen die Auswirkungen der Corona-Krise sehr unterschiedlich wahr: Für die einen ist die Pandemie eine Herausforderung, für andere eine Bedrohung. Wieder andere regen all die Begleiterscheinungen der wiederkehrenden Lockdowns und Einschränkungen einfach nur auf. Das hat Prof. Hannes Zacher, Arbeitspsychologie der Universtität Leipzig, herausgefunden.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Cort Rudolph von der Saint Louis University (USA) hat er in einer großangelegten, repräsentativen Längsschnittstudie untersucht, wie Beschäftigte die Pandemie erleben und wie sie sich verhalten. Dabei gingen sie auch auf mögliche positiven Folgen für die Arbeitswelt ein.

Extrovertierte leiden eher

Etwa ein Drittel bis die Hälfte der Befragten arbeitete in dem Erhebungszeitraum teilweise oder ausschließlich im Homeoffice. "Für viele ist in der Pandemie Homeoffice zu einer neuen Normalität geworden", sagt Zacher. Ein größerer Teil der Befragten konnte jedoch nicht zu Hause arbeiten, weil sie in systemrelevanten Berufen oder in der kritischen Infrastruktur tätig waren. Diejenigen, die im Homeoffice waren, sammelten mit dieser neuen Beschäftigungsart unterschiedliche Erfahrungen.

Wer wie gut damit klarkommt, ist laut Zacher auch von der jeweiligen Persönlichkeit abhängig. Während stärker extrovertierte Personen eher Probleme mit dem Arbeiten inklusive Videokonferenzen in den eigenen vier Wänden als introvertierte Personen hatten, kamen gewissenhafte Menschen gut mit der veränderten Arbeitssituation klar, weil sie die Aufgaben strukturierter angingen.

Humanisierung der Arbeitswelt

Generell stellten Zacher und seine Kolleg:innen fest, dass Beschäftigte besser dran waren, wenn sie aktiv wurden, auf die Vorgesetzte oder den Vorgesetzen aktiv zugingen und mit ihnen Lösungen für ihre Probleme offen besprachen. Viele Chefinnen und Chefs und auch die meisten Beschäftigten sammelten durch die Pandemie erstmals mit dem mobilen Arbeiten Erfahrungen. Dadurch sei die Lernkurve mit dieser Art der Beschäftigung auf beiden Seiten steil nach oben gegangen, so Zacher.

Neben der Einsamkeit, die viele der Befragten beklagten, habe die Corona-Krise auch positive Auswirkungen auf das Arbeitsleben. "Sie trägt zu einer Humanisierung der Arbeitswelt bei. Arbeit muss zukünftig stärker an menschliche Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenzerleben und sozialer Eingebundenheit gestaltet werden", ist Zacher überzeugt.

Gut gestaltete Arbeit

In den USA gebe es gerade eine Kündigungswelle, weil viele Beschäftigte nicht mehr wie bisher, zum Beispiel im lauten Großraumbüro arbeiten wollen und Unternehmen verlassen, die nicht auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen eingehen.

"Das könnte auch zu uns überschwappen. Die Pandemie hat ein Schlaglicht darauf geworfen, wie wichtig gut gestaltete Arbeit ist", sagt der Fachmann. Auch hierzulande legten immer mehr Beschäftigte zunehmend Wert auf Flexibilität, sinnvolle und herausfordernde Arbeitsaufgaben und Unterstützung durch Kolleg:innen und Vorgesetze – Themen, die künftig wichtiger werden könnten als die Höhe der Bezahlung.

Psychische Gesundheit

Auch das Thema psychische Gesundheit sei durch die Pandemie etwas mehr aus der Tabuzone herausgekommen. Wenn die Arbeit gut gestaltet ist, werden auch die Krankschreibungszeiten der Beschäftigten kürzer. Wenn die Chemie mit den Kolleg:innen stimmt und sie stolz auf ihre Arbeit sind, kommen sie laut Zacher motivierter und eher zurück zur Arbeit.

Monatlich einmal befragten die Forschenden zwischen Dezember 2019 und Januar 2022 etwa 1000 Erwerbstätige verschiedener Alters- und Berufsgruppen aus allen Bundesländern nach ihrem physischen und psychischen Gesundheitszustand, ihrer Zufriedenheit im Job, ihren Strategien zur Bewältigung der Pandemie, später auch zu ihrer Impfbereitschaft und zu Pandemiemüdigkeit. Die Studie soll sechs weitere Monate bis Mitte 2022 fortgesetzt werden. (jk)