Karriere

Werkswohnungen feiern ein Comeback

Mit bezahlbarem Wohnraum könnten Unternehmen mehr Fachkräfte gewinnen. Eine Studie stellt Beispiele von Firmen vor, die das realisiert haben, und beleuchtet die genehmigungsrechtlichen sowie steuerlichen Rahmenbedingungen.
12.03.2024

Mögliches Zukunftsmodell: Zum neuen Job gibt es vom Arbeitgeber gleich noch eine Wohnung dazu.

Der bezahlbare Wohnungsbau ist durch sich überlagernde Krisen seit geraumer Zeit fast zum Erliegen gekommen. Umso wichtiger ist es für Arbeitgeber, sich um die wohnliche Versorgung ihrer Mitarbeiter zu kümmern. Die neue Studie "Bezahlbares Wohnen wird zum Standortfaktor" des Instituts RegioKontext hat dazu bundesweit den Stand bei den Arbeitgebern ermittelt. Demnach feiern Werkswohnungen ein Comeback.

Jedes zweite Unternehmen kann offene Stellen nicht besetzen

„Die Wohnungsfrage wird immer mehr zu einer zentralen Frage für den Wirtschaftsstandort Deutschland", sagt auch Elisabeth Kaiser, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. "Für die Bindung und Gewinnung von Fachkräften kann die Bereitstellung einer Wohnung ein zentrales Argument sein.“ 

Die Fakten sind bekannt: Die Suche nach einer freien und passenden Wohnung ist in vielen Regionen und vor allem in Großstädten extrem schwierig geworden. Parallel nimmt der Engpass bei Fachkräften in Industrie, Handwerk oder Gesundheitsdienstleistungen seit Jahren zu. Zuletzt gab jedes zweite Unternehmen in Deutschland an, offene Stellen mindestens teilweise nicht besetzen zu können, Tendenz steigend.

Wohnungsmangel gefährdet den Wirtschaftsstandort

Beide Aspekte gehören gegenwärtig zu den größten Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Viele Unternehmen haben das erkannt. Sie wissen: Die betriebliche Zukunftsfähigkeit sichert man heute durch die Schaffung von Wohnungen für die eigene Belegschaft.

Kaiser bietet dazu Hilfe an: „Der Bund unterstützt mit verschiedenen Programmen, wie zum Beispiel der Förderung des sozialen Wohnungsbaus oder dem Förderprogramm Klimafreundlicher Neubau, die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum. Diese Förderprogramme können auch von Arbeitgebern in Anspruch genommen werden.“

Und Simon Wieland, der Studien-Koordinator beim Berliner Institut RegioKontext, fordert, dass neben dem Bund auch die Länder und Kommunen die Unternehmen bei diesem Schritt stärker unterstützen müssten.

Forderungen an den Bund

Die neue Studie beleuchtet zudem aktuelle steuerliche Rahmenbedingungen. Es wäre angesagt, dass der Bund einige steuerliche Stellschrauben im Bereich der Lohnsteuer zum Vorteil von mietenden Angestellten nachjustiert. Dazu geht es jetzt um die Schaffung von Baurecht, um vorhandene Brachflächen oder nicht mehr genutzte gewerbliche Flächen als Wohnbauflächen für das Mitarbeiterwohnen nutzen zu können.

„In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele Werkswohnungen auch großer Firmen wie der Deutschen Bahn verkauft, weil mancher damals glaubte, Werkswohnungen würden nicht mehr benötigt", so Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB). Eine fatale Fehleinschätzung!

Heute fehlen viele Fachkräfte, die nun aus dem Ausland nach Deutschland ‚gelockt‘ werden müssen. "Dabei spielt die Wohnraumversorgung eine entscheidende Rolle", so Siebenkotten. "Wer keine Wohnung angeboten bekommt, geht in andere Länder."

Gewinner auf allen Seiten

Die Umsetzung von mehr Mitarbeiterwohnungen würde allen Parteien zugutekommen: Firmen erhalten so deutlich eher ihre dringend gesuchten Fachkräfte, neue Mitarbeiter könnten sich die umständliche Wohnungssuche am neuen Arbeitsort sparen – und Bauunternehmen erhielten darüber die Chance, stillgelegte Projekte zu reaktivieren.

Das Verbändebündnis "Wirtschaft macht Wohnen" appelliert darüber hinaus an die Kommunen, Mischgebiete proaktiv in urbane Gebiete umzuwandeln, um einen erhöhten Wohnanteil und höhere Baudichten zu ermöglichen.

Ein Traditionsmodell mit Zukunft

Ende der siebziger Jahre gab es in der alten Bundesrepublik rund 450.000 Werkswohnungen. Heute ist der Bedarf nach bezahlbarem Wohnen gerade in den Metropolregionen wieder immens groß. Die Wirtschaft könnte hier einen erheblichen Beitrag leisten und beispielsweise Grundstücke, die nicht mehr für den Betrieb erforderlich sind, zur Verfügung stellen.

Das Institut RegioKontext, das seit Jahren zum Mitarbeiterwohnen forscht und berät, erwartet, dass in Zukunft pro Jahr rund 10.000 Mitarbeiterwohnungen entstehen könnten. Hier der Link zur Studie. (ah)