E-Mobilität

Erste Straße als Carrera-Bahn

E-Autos und Nutzfahrzeuge lassen sich jetzt während der Fahrt laden – sofern sie unten einen Stromabnehmer haben und eine bestimmte Straße bei Stockholm benutzen. Derweil macht Daimler stärker bei dem badischen O-LKW-Projekt mit.
18.04.2018

Am 11. April 2018 hat das schwedische Konsortium "E-Road Arlanda" eine zwei Kilometer lange Teststrecke mit Stromschienen auf einer öffentlichen Straße zwischen dem internationalen Flughafen Stockholm/Arlanda und einem Logistikzentrum eröffnet. E-LKW und -PKW mit eingebautem Stromabnehmer am Fahrzeugboden können während der Fahrt ihre Batterie aufladen.

Das schwedische Konsortium "E-Road Arlanda", in dem auch Vattenfall mitarbeitet, hat vergangene Woche die weltweit erste öffentliche Straße mit einer Stromschiene im Asphalt versehen, über die E-LKW und E-Autos mit einem Stromabnehmer nach unten während der Fahrt laden können. Heise.de berichtete am Montag als erstes deutsches Medium darüber.

Die zwei Kilometer lange Teststrecke führt vom Frachtbereich des internationalen Flughafens Stockholm/Arlanda zu einem Logistikzentrum. Erster Nutzer mit einem Elektro-Lastwagen ist die skandinavische Postnord. Seit 2011 gab es bereits eine nichtöffentliche kürzere Teststrecke.

Ziel: mehr emissionsfreier Verkehr

Erfinder der Ladetechnik à la Carrera-Bahn ist der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs(HGÜ)-Experte Gunnar Asplund mit seiner Firma Elways. Er scharte nach und nach Konsorten um sich und genießt nicht zuletzt die Unterstützung der nationalen Politik. Sie will unter anderem den CO2-Ausstoß des Verkehrs senken, der 30 Prozent zu den nationalen Gesamtemissionen beiträgt. Das Konsortium sieht 2000 Kilometer Potenzial in Schweden.

Technisch funktioniert das Laden während des Fahrens so: Der Stromabnehmer erkennt die Schiene automatisch und fährt ebenso automatisch in die sechs Zentimeter tiefe Rille aus. Erst dann wird die Schiene unter Strom gesetzt. Damit werden Kurz- und Erdschlüsse bei überspülter Straße und Stromschläge an Fußgänger verhindert. Verlässt das Fahrzeug die rechte Spur, etwa zum Überholen, fährt der Abnehmer automatisch ein.

Schiene und Oberleitung zugleich?

Diese Art, Straßen zu elektrifizieren, könnte dereinst auch nach Deutschland herüberschwappen, besser gesagt, hierzulande großzügig gefördert werden: Kanzlerin Angela Merkel hatte am 31. Januar bei ihrem Besuch bei Ministerpräsident Stefan Löfven eine Zusammenarbeit in diesem Segment vereinbart.

Theoretisch könnten sich auch auf ein und derselben deutschen Straße irgendwann auch zwei Ladesysteme für Stromabnehmer finden: die Carrera-Schiene und eine Oberleitung. Derzeit gibt es unterschiedlich fortgeschrittene Oberleitungsprojekte in Hessen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Daimler verstärkt nun sein Engagement bei dem Vorhaben "Eway BW" im Südwesten, das vom Umweltministerium gefördert wird. Zwischen 2020 und 2023 sollen die Transporte dreier Papierhersteller aus Gernsbach im Murgtal zu einem Logistikzentrum bei Kuppenheim in der Oberrheinebene testweise von Diesel- auf O-LKW umgestellt werden.

Versprochen: O-LKW und Batterie-LKW zugleich

Daimler versprach nun, bis zum Start eine nur batteriebetriebene Sattelzugmaschine mit einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern zu entwickeln und dann in die Papierlogistik einzubringen. Die Kosten teilen sich der Hersteller und das Land. Die Maschine wird also keinen Stromabnehmer haben. Den haben nur die von Anfang an vorgesehenen Hybrid-LKW. So lassen sich drei Jahre lang unterschiedliche Antriebskonzepte parallel im Realbetrieb testen. Landesverkehrsminister Winfried Hermann sieht dies als "wertvollen Beitrag" zu der "Ergebnisoffenheit" des Tests. Der Systemvergleich wird wissenschaftlich begleitet werden durch ein Konsortium aus den Fraunhofer-Instituten für System- und Innovationsforschung (ISI) und für Chemische Technologie, der PTV Transport Consult und dem Forschungszentrum Informatik (FZI). Von einer Umstellung der Daimler-Logistik aus dem Nutzfahrzeugewerk in Gaggenau in der Mitte der vorgesehenen Strecke war allerdings nicht die Rede. (geo)