ÖPNV

Busse liefern Daten für lokalen Kartendienst

Fraunhofer Fokus hat ein System entwickelt, mit dem Kommunen die Straßensituation erfassen können. Getestet wurde in Berlin.
05.07.2022

Das Mobiltelefon scannt die Objekte, ohne den Fahrer abzulenken.

Auf den Straßen einer Großstadt ist viel los: Baustellen werden eingerichtet, ein neuer Pop-Up-Radweg entsteht, ein Aufkleber verdeckt ein Verkehrsschild, eine Busspur ist blockiert oder die Wurzel eines Baums beschädigt den Bürgersteig. Solche Informationen interessieren die Stadtverwaltung, das Verkehrsunternehmen, Mobilitätsdienstleister oder die Anwohner. Das Fraunhofer-Institut für offene Kommunikationssysteme (Fokus) hat im Projekt Shuttles&Co eine Smartphone-App entwickelt, mit der nebenbei und ohne Spezialsensoren die Straßensituation erfasst werden kann.

Die App läuft auf herkömmlichen Smartphones. Dabei werden die Mobiltelefone an die Windschutzscheibe von Fahrzeugen befestigt, die sowieso regelmäßig durch die Stadt fahren. Das können Busse oder die Müllabfuhr sein. Der Screen ist dabei deaktiviert, um den Fahrer oder die Fahrerin nicht abzulenken.

Nur Objektinformationen werden übertragen

Genutzt werden Video- und GPS-Daten, die direkt im mobilen Gerät verarbeitet werden. Dafür laufen in der App vortrainierte neuronale Netze, die Objekte erkennen. Um Datenschutz und einen schnellen Transfer ins Backend zu gewährleisten, werden nur Objektinformationen wie Straßenschilder, Ampeln, Richtungspfeile, Bordsteine oder Spurmarkierungen weitergeleitet.

Die Daten ermöglichen eine unabhängige digitale Straßenkarte für die Stadtverwaltung. So können etwa Personen auf dem Rad rechtzeitig vor Hindernissen gewarnt werden. Städte können damit auch schneller Schäden an der Straßeninfrastruktur beheben. Die Karte schließlich könnte auch Entwicklerteams als Basis für Mobilitätsdienste dienen. Erprobt wurde die App  in den vergangenen zwölf Monaten während regulärer ÖPNV-Busfahrten an verschiedenen Orten in Berlin.

Aktualisierung mehrfach am Tag

Die Daten aus der App sind zwar ungenauer als die Daten, die mit Messfahrzeugen mit Laserscannern generiert werden. Dafür kann der gleiche Ort mehrfach am Tag abgefahren werden. Die Änderungsdetektion erfolgt dann automatisch durch einen Vergleich der neuen Daten mit der digitalen Karte im Backend. Änderungen werden dann an die Stadtverwaltung weitergeleitet, wo sie in die digitale Karte überführt werden.

In Kooperation mit der BT Berlin Transport GmbH, einer Tochter der Berliner Verkehrsbetriebe BVG, wurde die App bereits in verschiedenen Linienbussen erprobt. Im letzten Jahr erhob sie pro Monat durchschnittlich 350 Stunden auf ca. 10.500 km Daten und erkannte dabei rund 7,8 Mio. Objekte.

Das Projekt Shuttles&Co ist nach zweieinhalbjähriger Laufzeit mittlerweile abgeschlossen. Fraunhofer Fokus will die App im Nachfolgeprojekt KIS’M weiter entwickeln. Beispielsweise soll die KI so trainiert werden, dass sie noch weitere Objekte wie Schlaglöcher erkennt. Es sei geplant, die Kooperation mit der BT Berlin Transport fortzuführen. (wa)