ÖPNV

Fachkräftemangel: Den "Öffis" droht der Stillstand

Ingenieure, Techniker und Mechaniker gehören zu heiß begehrten Berufsgruppen. Verkehrsunternehmen in Frankfurt und Darmstadt werben intensiv um die Fachleute, die Bus und Bahn flott für die Straße und Schiene machen.
05.03.2019

Der Fachkräftemangel geht auch an den Nahverkehrsunternehmen nicht spurlos vorbei. Auf der Most-Wanted-Liste stehen vor allem Techniker und Ingenieure.

Verkehrsbetriebe müssen künftig stärker um Ingenieure, Techniker und Mechaniker werben. So sieht etwa Heag Mobilo in Darmstadt im Fachkräftemangel eine große Herausforderung für die kommenden Jahre. Einer Sprecherin zufolge verstärke das Unternehmen Anstrengungen, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. "Doch gerade jüngere Fachkräfte wechseln häufiger als früher ihren Arbeitsplatz, so dass wir vermehrt auch auf ungeplante Personalabgänge reagieren müssen", fügt sie hinzu.

Um den steigenden Bedarf zu decken, bilde Heag Mobilo vermehrt selbst aus, qualifiziere Mitarbeiter weiter und betreibe "aktives Personalmarketing". Wegen fehlender Elektrotechniker und Industriemechaniker konnten in der Stadt zuletzt mehrere Triebwagen nicht gewartet oder repariert werden, wie es hieß. Noch bis April wird daher etwa eine Straßenbahnlinie tagsüber nicht mehr befahren.

Tausende Techniker und Ingenieure fehlen

Damit stehen die Darmstädter nicht alleine. Die Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) musste in jüngster Zeit ebenfalls Fahrten ausfallen lassen. Fahrer zu rekrutieren bereite zwar keine Probleme, wie ein Sprecher mitteilte. Schwieriger sei die Lage bei Ingenieuren. "Auch hier sind wir aktiv und lancieren demnächst eine Kampagne, um die Attraktivität des Arbeitgebers VGF zu zeigen", hieß es.

Laut Industrie-und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar fehlen etwa tausend Elektrotechniker und Industriemechatroniker in Südhessen. Das treffe auch Verkehrsunternehmen. Einem Sprecher zufolge dürfte sich die Lage für die Betriebe selbst bei einem Rückgang der Konjunktur nur kurzfristig bessern. Das liege nicht nur an der Alterung der Gesellschaft, sondern auch am nachlassenden Interesse junger Menschen an naturwissenschaftlichen Berufen.

Zuwanderung nutzen und duale Ausbildungen fördern

Um Mitarbeiter zu binden, könnten Betriebe die Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit Arbeitszeitkonten fördern. Wichtig sei es auch, in die duale Ausbildung zu investieren und diese aufzuwerten. Unstrittig sei, dass man Zuwanderung aus dem Ausland benötige. "Hierin sehen wir einen möglichen Beitrag, auch wenn dies etwa aufgrund anfänglicher Sprachbarrieren eher langfristig wirkt", fügte der Sprecher hinzu.

Thomas Kraft vom Fahrgastverband Pro Bahn geht davon aus, dass sich das Problem kurzfristig nicht beheben lässt, sich sogar verschärfen könnte. Das liege auch daran, dass viele Kommunen den öffentlichen Nahverkehr an Tochterunternehmen ausgelagert haben. So seien die Löhne von den Tarifen im Öffentlichen Dienst abgekoppelt worden, was in der Regel zu niedrigeren Löhnen geführt habe. "Wie wir heute sehen, wachsen die Einwohnerzahlen und damit die Fahrgastzahlen vor allem in Ballungsgebieten und Universitätsstädten", sagte Kraft. Wenn Bahnen aufgrund fehlender Elektrotechniker oder Mechaniker in den Depots bleiben, sei das ein Beispiel dafür, wie der öffentliche Sektor in den vergangenen Jahren kaputtgespart worden sei. (ls/dpa)