ÖPNV

Fingerabdruck für die Schiene

Am Karlsruher KIT wurde ein Sensor entwickelt, mit dem die Position von Zügen exakt ermittelt werden kann. Das ermöglicht dichtere Takte.
08.09.2022

Mithilfe eines Sensors können Forschende des KIT die genaue Position eines Zuges bestimmen und so den Schienenverkehr effizienter machen.

Schienenverkehr gilt als klimaschonend. Aber Verspätungen und unvorteilhafte Takte dämpfen die Begeisterung vieler Reisender für die Bahn. Könnten innerhalb eines engeren Zeitraums mehr Züge auf demselben Gleis fahren, ließen sich die Engpässe abmildern oder beseitigen. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wurde ein Sensor entwickelt, der mittels magnetischen Fingerabdrucks die Position von Zügen genau ermittelt. Das könnte die Kapazität des bestehenden Schienennetzes enorm steigern.
 
„Indem wir die Position eines Zuges auf dem Gleis genauer und zuverlässiger bestimmen als bisher, können Züge in kürzeren zeitlichen Abständen einen Gleisabschnitt passieren“, sagt Martin Lauer vom KIT. Die Funktionsweise des neuen Magnetic Railway Onboard Sensor (Maros) sei simpel: „Auch ein Bahngleis aus Metall hat eine Art Fingerabdruck, der an jeder Stelle ein ganz individuelles Profil aufweist“, erläutert Lauer. Der Maros könne diesen Fingerabdruck genau erkennen.

Messdaten und Streckenkarten übereinanderlegen

Dazu erzeugt der Sensor, befestigt an der Fahrzeugunterseite, ein elektromagnetisches Feld. Dieses Feld wird von den ferromagnetischen Stoffen wie den Schienen oder dem Befestigungsmaterial der Schienen beeinflusst. Der Sensor misst, wie stark das elektromagnetische Feld verändert wird. So lasse sich jedem Streckenabschnitt ein exakter elektromagnetischer Fingerabdruck zuteilen, erläutert Lauer.

Jede Bahnstrecke muss zunächst mindestens einmal abgefahren und vermessen werden. Dann können diese Daten mit Kartenmaterial der Zugstrecke übereinandergelegt werden. Schließlich kann jeder folgende Zug präzise lokalisiert werden.

Sensor umgeht gleich mehrere Probleme

Heute weltweit genutzte Lösungen, um die Position von Zügen zu bestimmen, haben demnach Defizite, die der Maros-Sensor umgeht: Im Gleis verbaute Informationsträger (Balisen) seien zuverlässig, aber teuer. Kamerasysteme haben den Nachteil, dass sie bei Nacht oder Schneefall nur eingeschränkt funktionieren. GPS-Signale stoßen in Tunnels, Gebirgstälern oder Häuserschluchten an ihre Grenzen. Außerdem lasse sich durch sie nicht sicher erkennen, welches von mehreren nebeneinanderliegenden Gleisen befahren wird.

Aber eben diese genaue Lokalisierung lasse sich über Maros erreichen. Die Lokalisierung sei somit exakter, kostengünstiger als andere Technologien und weltweit auf allen Stahlschienen einsetzbar. Ein flächendeckender Einsatz des Maros verspreche eine um 35 Prozent bessere Auslastung von Schienennetzen.

Testfahrten auf unterschiedlichen Streckenabschnitten in Österreich hätten gezeigt, dass der Sensor funktioniert. Auf dem Markt verfügbar soll der Sensor bis Anfang 2025 sein. (wa)