Studie zu öffentlichem Raum: Gesetzgeber muss Kommunen mehr Spielraum geben
Der öffentliche Raum ist bekanntlich begrenzt, vor allem in Ballungszentren kommt es daher verstärkt zu Nutzungskonflikten. Während traditionell private Pkw einen erheblichen Teil des öffentlichen Raums beanspruchen, treten immer mehr alternative Mobilitätskonzepte in Konkurrenz zum eigenen Pkw auf, schreibt BBH. Neben dem Ausbau von Ladeinfrastrukturen für E-Fahrzeuge gehörten neue Modelle zum Car-/Bike- und Roller-Sharing längst zum Stadtbild von Berlin, München oder Hamburg. Der Trend werde sich kontinuierlich auch auf kleinere Städte ausbreiten.
Je knapper der öffentliche Raum, desto dringender die Frage nach einer sinnvollen Gestaltung der zur Verfügung stehenden Fläche – hier sind die Kommunen gefordert. Die jetzt veröffentlichte Studie "Öffentlicher Raum ist mehr wert", die BBH für die Berliner Denkfabrik Agora Verkehrswende erstellt hat, untersucht den kommunalen Gestaltungsanspruch bei der Etablierung neuer Mobilitätsangebote im öffentlichen Raum. Insgesamt könne das Resümee gezogen werden, dass der kommunale Handlungsspielraum zwar größer ist als vielfach angenommen, aber dennoch als unbefriedigend bezeichnet werden muss.
Rechtslage bei Carsharing nicht eindeutig
Bereits heute könnten Kommunen Parkplätze in andere Nutzungsarten umwidmen, den Individualverkehr durch Instrumente der Parkplatzbewirtschaftung steuern und den Einsatz von Carsharing-Modellen fördern. Allerdings sieht die Studie gerade im Bereich Sharing-Konzept rechtlichen Anpassungsbedarf. Für das stationäre Carsharing dürfen Kommunen zwar exklusive Stellplätze ausweisen und Mindestbedingungen an die Anbieter stellen. Doch welche Auflagen im Einzelnen zulässig sind, sei hingegen mangels klarer Vorgaben nicht abschließend geklärt. „Für die Kommunen ist die Rechtslage hier leider alles andere als eindeutig“, so Studien-Co-Autor Christian de Wyl.
Unklar seien auch die kommunalen Steuerungsmöglichkeiten beim stationsunabhängigen Carsharing. „Bislang sind diese nur sehr eingeschränkt. Stimmen sich die Anbieter nicht mit den Kommunen ab, kann das aber sehr unangenehme Folgen für die Gestaltung des öffentlichen Raums haben, z.B. die Überflutung mit Leihfahrrädern, wie man sie in München vorfinden musste. Eine Lösung kann die Steuerung über Vergabeverfahren sein“, erklärt Roman Ringwald von BBH.
Regelungen orientieren sich bisher am privat genutzten Pkw
Kommunen bestimmten schon jetzt, welche Verkehrsteilnehmenden welche Verkehrsfläche nutzen, heißt es weiter. Sie könnten dabei auch nur bestimmte Verkehrsarten zulassen, wie etwa den Radverkehr, oder frei werdende Parkplatzflächen zu Spielplätzen und Aufenthaltsflächen umwidmen. Auch zeitliche Begrenzungen, etwa für den Lieferverkehr, seien möglich. Der Spielraum sei durch geltendes Recht jedoch nicht unbegrenzt und könne daher am besten genutzt werden, wenn der Umgestaltung ein umfassendes kommunales Verkehrskonzept zugrunde liege, bilanzieren die Autoren.
Insgesamt müsse der Gesetzgeber die Handlungsspielräume für Kommunen erweitern und den Rechtsrahmen grundlegend neu gestalten. Die aktuellen Regelungen zum städtischen Verkehr – insbesondere im Straßen- und Straßenverkehrsrecht – orientierten sich vor allem am privat genutzten Pkw. Der Rechtsrahmen sei daher auf Bundes- und Landesebene grundlegend zu überarbeiten, fordern die Autoren.
Zu niedrige Maximalgebühr für das Bewohnerparken
Zudem dürfe das Parken im knappen öffentlichen Raum nicht mehr der gesetzliche Regelfall bleiben. Aktuell sei Parken überall erlaubt, wo es nicht ausdrücklich verboten ist. „Es sollte genau umgekehrt sein“, heißt es in der Studie. Privat genutzte Autos sollten dort parken können, wo es sinnvoll und erforderlich sei, aber eben auch nur dort.
Schließlich sei der Spielraum für Kommunen bei der Parkraumbewirtschaftung zu eng, kritisieren die Autoren. Die Gebührenhöhe müsse den Wert des öffentlichen Raums, dessen Nutzung zum Parken eine besondere öffentliche Leistung sei, wirklich widerspiegeln. Das gelte vor allem für das Bewohnerparken, für das die jährliche Maximalgebühr gegenwärtig bei nur 30,70 Euro liege. (hil)