ÖPNV

Wasserstoff-Produktion für neue Busse: Sektorkopplungs-Projekt in Bielefeld

Im kommenden Jahr nehmen die ersten vier Wasserstoffbusse in Bielefeld den Betrieb auf. Das dazu benötigte grüne Gas produzieren die Stadtwerke künftig selber mit Strom aus der MVA.
02.12.2021

Projektleiter Gerhard Sawatzky (vorne) präsentiert im Innovationspark Sektorenkopplung einen von vier neuen Wasserstoffbussen (von links): moBiel-Aufsichtsratsvorsitzender Jens Julkowski-Keppler, Stadtwerke-Geschäftsführer Rainer Müller, Kai-Uwe Steinbrecher (Technischer Leiter moBiel), Stadtwerke- und moBiel-Geschäftsführer Martin Uekmann, MVA-Aufsichtsratsvorsitzender Detlef Werner, Oberbürgermeister Pit Clausen, Stadtwerke-Aufsichtsratsvorsitzende Wiebke Esdar und MVA-Geschäftsführer Thomas Pörtner.

 

Die Stadtwerke Bielefeld treiben den Bau des geplanten "Innovationsparks Sektorenkopplung" weiter voran. Vier Wasserstoffbusse sind bereits in Bielefeld angekommen, die Wasserstofftankstelle nimmt auf dem Gelände der Müllverbrennungsanlage deutliche Formen an und die Planungen für die Herstellung von eigenem grünen Wasserstoff werden konkreter, heißt es in einer Pressemitteilung des zu 100 Prozent kommunalen Versorgers.

Neben der MVA entsteht auf einer Fläche von rund 6.600 Quadratmetern der Innovationspark mit Abstellhalle für die Busse, Tanks und Tankvorrichtung. "Es ist unübersehbar, dass Energie- und Verkehrswende vor Ort stattfinden", sagte Stadtwerke-Geschäftsführer Rainer Müller. Natürlich sei die Erprobung von Wasserstofftechnik im Busverkehr ein Projekt der Verkehrsbetriebe moBiel. In die Errichtung des Betriebsgeländes mit allen erforderlichen Nebeneinrichtungen seien aber insgesamt 36 Fach- und Sachbereiche der Stadtwerke-Gruppe eingebunden, sowie 30 Fremdfirmen.

Probebetrieb im Frühjahr 2022 geplant

Voraussichtlich noch in der ersten Jahreshälfte 2022 werden Fahrgäste auf der Probestrecke zwischen Baderbach und Schildhof (Linie 29) in wasserstoffbetriebene Busse einsteigen können. Der portugiesische Hersteller Caetano liefert an moBiel vier 12-Meter-Fahrzeuge vom Typ H2 City Gold, die in Deutschland erst seit etwa einem Jahr auf dem Markt und derzeit in der Erprobungsphase sind.

Für eine Reichweite von etwa 350 bis 400 Kilometern sorgen je fünf Wasserstofftanks, die 37,5 Kilogramm Wasserstoff aufnehmen können. "Die Reichweite entspricht in etwa dem, was unsere Busse am Tag schaffen müssen", sagt moBiel-Projektleiter Gerhard Sawatzky. Das sei ein großer Vorteil gegenüber batterie-elektrischen Bussen. Denn die vier Busse können so den ganzen Tag auf der 7,6 Kilometer langen Linie 29 im Einsatz sein, ohne dass sie zwischendurch betankt werden müssen.

Ladevorgang dauert nur knapp zehn Minuten

Und auch beim Tanken sehen die moBiel-Experten deutliche Vorteile gegenüber dem Alternativbetrieb. „Ein Ladevorgang wird nur knapp zehn Minuten dauern. Das ist viel schneller als bei batterie-elektrischen Bussen“, sagt moBiel-Technik-Chef Kai-Uwe Steinbrecher. Am neuen „Innovationspark Sektorenkopplung“ werden die Busse wieder neu geladen.

Dort sind die Tanks für 1000 Kilogramm Wasserstoff ausgelegt und werden zunächst mit Tanklastwagen versorgt. Zunächst können etwa 100 Kilogramm Wasserstoff pro Tag getankt werden, später soll eine Betankung von 400 Kilogramm pro Tag möglich sein. Eine normale öffentliche Wasserstofftankstelle gibt laut den Stadtwerken Bielefeld zurzeit etwa 5 Kilogramm pro Tag ab.

Grüner Wasserstoff soll mit Strom aus MVA gewonnen werden

„Perspektivisch ist der emissionsfreie und geräuschlose Brennstoffzellenbus nur dann ein echter Beitrag zum Klimaschutz, wenn grüner Wasserstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht“, sagt SWB-Geschäftsführer Rainer Müller. Denn nur diese Variante erzeuge bei der Herstellung kein CO₂. Ebenfalls für das Gelände der MVA laufen deshalb die Planungen für die Errichtung eines Elektrolyseurs. Dort soll künftig mittels Elektrolyse mit Strom aus der Müllverbrennungsanlage grüner Wasserstoff gewonnen werden. Dieser wiederum stamme zu mehr als 50 Prozent aus biogenen Quellen wie zum Beispiel Holz, Papier oder Pflanzen- und Speiseresten. 

Diverse Fördermittel ermöglichen Umsetzung

"Für das Projekt liegt inzwischen die Förderzusage des Bundesverkehrsministeriums vor. Damit wird der Elektrolyseur zu 45 Prozent finanziert werden können“, sagt MVA-Aufsichtsratsvorsitzender Detlef Werner. In der ersten Ausbaustufe müssen im Innovationspark insgesamt etwa 13,5 Millionen Euro investiert werden. „Nur dank der Fördermittel durch das Land NRW können die Wasserstoffbusse und die Tankstelle beschafft werden. Denn wirtschaftlich betreiben lassen sie sich noch nicht“, sagt Kai-Uwe Steinbrecher (moBiel).

Die Treibstoffkosten der vier Brennstoffzellenbusse liegen pro Jahr um rund 15.000 Euro über denen von Dieselbussen. Auch die Kosten für den Betrieb und die Wartung der H2-Tanstelle werden einen spürbaren Mehraufwand verursachen. Die Kosten für die Tankstelle werden zu 90 Prozent gefördert, die Mehrkosten zu einem Euro-6-Bus mit 60 Prozent. Über die konkreten Kaufpreise von Bussen und Tankstelle ist Stillschweigen vereinbart worden. (hoe)