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Ukraine-Krieg: Der wundersame Anstieg russischer Gasimporte nach Spanien

Das zweite Jahr in Folge erreichen die Einfuhren aus Russland Rekordhöhen. Ein spanischer Energiekonzern weist Kritik von sich.
14.01.2025

Schiff statt Röhre: Seit dem Ukraine-Krieg sind die russischen Flüssigerdgaslieferungen gestiegen. Spanien gilt dabei als einer der Hauptabnehmer.

Von Andreas Baumer

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Russlands Energiepolitik kräftig durcheinandergewirbelt. Innerhalb kurzer Zeit ließ der mächtige Gasexporteur Gazprom ebenso wichtige wie langjährige Kunden in Deutschland fallen. Zuletzt beendete der Konzern auch die Pipelinelieferungen an Österreichs Schwergewicht OMV.

In anderen Teilen Europas brummt das russische Gasgeschäft dagegen mehr denn je. Das zweite Jahr in Folge importierten spanische Versorger so viel russisches Erdgas wie noch nie zuvor. Das zeigen neue Zahlen des Netzbetreibers Enagas.

Spanische Gasimporte: Nur Algerien vor Russland

Demnach wurden im vergangenen Jahr 72 Terawattstunden (TWh) Flüssigerdgas aus Russland eingeführt. Das war nur geringfügig weniger als im Vorjahr. Zum Vergleich: Im letzten Vorkriegsjahr 2021 meldete Enagas noch russische Gasimporte in Höhe von 37 TWh. Seitdem haben sich die jährlichen Einfuhren also fast verdoppelt.

Damit war Russland zweitwichtigster Gaslieferant der Iberer. Nur Algerien verkaufte noch mehr Erdgas nach Spanien. Anders als bei Russland gelangt hier der Großteil über Pipelines auf das spanische Festland. Zum Vergleich: Im Vorkriegsjahr 2021 rangierte Russland noch auf Rang vier der Lieferländer. Die USA und Nigeria belegten die Plätze zwei und drei.

Während die russischen Gasimporte die spanische Politik in den ersten Kriegsmonaten stark umtrieb – unter anderem forderte die damalige Energieministerin mehrfach heimische Gasimporteure auf, ihre Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren –, geriet das Thema in den vergangenen Monaten zunehmend aus dem Blickfeld. Die renommierte Zeitung "El País" und der öffentlich-rechtliche Sender RTVE berichteten zuletzt im September ausführlicher über das Thema.

Großabnehmer russischen Gases ist der spanische Gasversorger Naturgy. Das Unternehmen unterzeichnete noch vor Kriegsausbruch einen langfristigen Liefervertrag mit dem russischen Gasproduzenten Jamal LNG. Im vergangenen Jahr versicherte Naturgy-Chef Francisco Reynes, über diesen Vertrag hinaus keine zusätzlichen russischen Gasmengen zu beziehen. Repsol, Endesa und Iberdrola sind weitere wichtige Spieler auf dem spanischen Gasmarkt.

Russische Gasimporte nicht sanktioniert

Im Gegensatz zu Erdöl und Kohle werden russische Gasimporte nach Europa in der Regel nicht sanktioniert. Mitgliedsstaaten wie Ungarn oder die Slowakei begrüßen sogar ausdrücklich russische Gaseinfuhren.

Im Zuge des Ukraine-Kriegs entschied Russland, seine Gaslieferstrategie zu ändern. Keine der einst nach Deutschland führenden Pipelinerouten – von Nord Stream über Jamal bis hin zum Ukraine-Transit – ist mehr in Betrieb. Stattdessen tritt Russland verstärkt als Exporteur von Flüssigerdgas auf.

Nach Angaben des Beratungsunternehmens Ganexo kamen im vergangenen Jahr insgesamt 266 russische Schiffslieferungen in Europa an. Im Vorjahr waren es noch 227 gewesen. Der Marktanteil Russlands stieg damit um sechs Prozentpunkte auf 20 Prozent.

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