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Kleinere Energieanlagen flexibel und kurzfristig vermarkten

Bislang lohnte sich die optimierte Vermarktung von Energieanlagen im Kurzfristhandel für Betreiber kleinerer Anlagen eher nicht. Abhilfe will hier eine Software-Lösung von Procom und BTC schaffen.
11.05.2020

Beispielhafte Darstellung des Modells zur optimierten Vermarktung der freien Flexibilitäten von Blockheizkraftwerken.

Syneco Trading bietet Stadtwerken und Industriekundenseit Anfang 2020 eine neue Dienstleistung: die optimierte Vermarktung von Energieanlagen im Kurzfristhandel. Die Vermarktung erfolge über die Stunden- und 15-Minuten-Auktion sowie am Intraday-Markt. Einen eigenen Börsenzugang benötigen die Partner hierzu nicht, da der Intraday-Handel über die Handelsabteilung von Syneco Trading läuft.

Der Anlageneinsatz wird Spotmarkt-optimiert ermittelt. Dabei werden wirtschaftlich und technisch bedingte Vorgaben, Lieferverpflichtungen und weitere Randbedingungen berücksichtigt. „So wird jede Anlage individuell bestmöglich vermarktet, was zum Beispiel kleineren Stadtwerken neue Gewinnchancen eröffnet“, erläutert Tiemo Wennrich, Portfoliomanager bei Syneco.

Optimierungstool BoFiT

Möglich sei das neue Geschäftsmodell durch die Software-Lösungen BoFiT und ITA B2B der ProCom sowie des Cloud-Scada- und Anlagenanbindungs-Service von BTC Business Technology Consulting. Zusammen würden diese Lösungen der Syneco Trading erlauben, die Rollen Aggregator, Optimierer und Direktvermarkter wahrzunehmen, heißt es dau.

Dabei errechne das Optimierungs-Tool BoFiT auf Basis der jeweiligen Anlagenbetriebsdaten und anhand von Preisdaten oder Preisprognosen, Wetter- und Lastvorhersagen, Lieferverpflichtungen und zum Beispiel Brennstoffpreisen und technischen Restriktionen, wie die Anlagen wirtschaftlich optimal eingesetzt werden. Basis ist ein Modell, in dem jede Anlage einzeln mit ihren Rahmenbedingungen abgebildet ist. Basierend auf diesen Berechnungen werden optimierte Fahrpläne für den Anlagenbetrieb erstellt und vermarktet.

Erlöse durch Intraday-Handel über ITA B2B

Die Vermarktung im Intraday-Handel erfolgt über ProComs Lösung ITA B2B. Diese Handelslösung besteht aus dem kundenseitigen ITA Customer, der mit BoFiT kommuniziert und die Gebote erstellt sowie offene Positionen über das ITA Trading House mit Börsenzugang in der Handelsabteilung von Syneco schließt. So eröffne sich auch Marktteilnehmern ohne Zulassung zur EPEX SPOT SE die Möglichkeit für den Intraday-Handel. „Die Transaktionen werden vollautomatisch unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorgaben ausgeführt“, berichtet Wennrich. „Das hält die Kosten für alle Beteiligten niedrig und ermöglicht es, die Optionen der Börse rund um die Uhr und auch an Wochenenden wahrzunehmen.“

Anlagenanbindung über BTC-Service

Die zur Optimierung der Anlagen nötige Kommunikation laufe über das SCADA-System von BTC. Als Bindeglied zwischen der Feldebene und dem Optimierungssystem übermittelt es die von BoFiT optimierten Fahrpläne an die Steuerboxen der Anlagen und schickt die aktuellen Betriebs- und Verfügbarkeitsdaten an BoFiT zurück. Die Anlagenanbindung selbst wird von BTC federführend koordiniert, sodass neue Anlagen zum Festpreis integriert werden können.

Der Anlagenbetreiber könne über eine Webapplikation von BTC auf seine Anlagendaten zugreifen. Darüber kann er den Anlagenbetrieb nachverfolgen und auf die Einsatzplanung Einfluss nehmen. Wartungseinträge werden von der Webapplikation direkt an das BoFiT-System übermittelt, damit diese bei der Vermarktung automatisch berücksichtigt werden.

Pilotprojekt mit namhaften Versorgern

Die Machbarkeit und – wichtiger – Wirtschaftlichkeit der neuen Dienstleistung habe man in einem über 18 Monate laufenden Projekt bereits bewiesen. Nachdem Syneco das System aufgesetzt hatte, lief 2019 der Versuchsbetrieb mit elf Partnern – Badenova, Erdgas Schwaben, ESWE, evm (Energieversorgung Mittelrhein), Halberstadtwerke, HarzEnergie, RhönEnergie, Stadtwerke Pforzheim, Wemag, Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim und die Thüga Energie.

Dabei habe man neben Blockheizkraftwerken und Notstromaggregaten auch Wärmespeicher sowie eine Elektrodenheizung und Wasserpumpen als steuerbare Verbraucher in die Optimierung eingebunden. „Der Probebetrieb war sehr erfolgreich, wir machen weiter und bauen das System weiter aus“, bilanziert Wennrich.

Partzipation an Zusatzerlösen

Die Einbindung weiterer Kunden, sogar vollkommen neuer Anlagentypen, ist ihm zufolge erwünscht. „Zu Projektbeginn hatten wir keinerlei Erfahrung mit der eingesetzten Hard- und Software. Aber die erforderliche Modellierung in BoFiT lässt sich maßgeschneidert umsetzen und die Anbindung der Steuerboxen über das SCADA-System stellt kein Problem dar“, sagt Wennrich. 

Die Lizenzgebühren seien gering und die den Neukunden entstehenden Fixkosten würden sich auf die Anschaffung und Installation der erforderlichen Hardware beschränken. Wennrich: „In der Regel haben sich die einmaligen Anbindungskosten innerhalb kurzer Zeit amortisiert.“ Für die Erbringung des Services erhebt Syneco keine Service-Gebühr, sondern arbeitet auf Erfolgsbasis: Das Unternehmen partizipiert an den Zusatzerlösen, die durch das Vermarkten der Flexibilitäten erwirtschaftet werden. (sg)