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Software, die beim Formulieren von Anschreiben hilft

Bescheide und andere schriftliche Mitteilungen von Ämtern und Behörden sind oft schwer verständlich. Eine Software kann beim Formulieren unterstützen – auch dann, wenn es um komplexe Sachverhalte geht. Ein Gastbeitrag.
08.04.2022

Rechtssicherheit und Verständlichkeit schließen sich nicht automatisch gegenseitig aus

Autoren: Anikar Haseloff und Oliver Haug, Geschäftsführer der Communication Lab GmbH

Es sind viele und hohe Maßstäbe, an denen sich die Schreiben von Behörden, Ämtern und Stadtverwaltungen messen lassen müssen. Rechtssicherheit steht dabei ganz oben auf der Prioritätenliste. Denn ein Bescheid, der nicht rechtssicher ist, kann angefochten werden und das könnte die Verwaltung teuer zu stehen kommen. Kein Wunder also, dass aufgrund einer solchen erstarrten Sprachkultur in vielen Amtsstuben schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten die immer gleichen Textbausteine in der schriftlichen Kommunikation zum Einsatz kommen. Sie haben sich bewährt und das gibt Sicherheit.

Aber ist das Schreiben, das beim Bürger ankommt, für diesen auch nachvollziehbar und verständlich? Häufig muss die ehrliche Antwort lauten: leider nein. Der Gesetzgeber hat diese Problematik erkannt und die Behörden deswegen dazu aufgerufen, möglichst in einer leicht verständlichen und einfachen Sprache mit ihren Kundinnen und Kunden zu kommunizieren. Doch diese leichte Sprache wird häufig lediglich als Ergänzung, beispielsweise auf der Homepage, angeboten – ersetzt aber in den meisten Fällen nicht die ansonsten in allen Schreiben und Bescheiden weiter verwendete schwere Sprache.

Sprache als wichtigste Schnittstelle zum Kunden

Dabei gilt auch für Behörden das, was genauso auf alle anderen Unternehmen und Dienstleister zutrifft: Sprache ist die wichtigste Schnittstelle zum Kunden. Sie vermittelt Gefühle und sorgt vor allem für Vertrauen in die Verwaltung, die Firma oder die Institution. Unzufriedene Kunden, die von schwer verständlichen Schreiben ihrer Stadtverwaltung genug haben und die Inhalte nicht nachvollziehen können, rufen irritiert bis aufgebracht im Rathaus an und sorgen dort mit ihren Rückfragen für ein hohes Arbeitsaufkommen. Der Nachteil liegt auf der Seite der Verfasser, denn diese Nachfragen kosten Zeit - und damit auch Geld.

Einige Stadtverwaltungen haben diese Zusammenhänge erkannt und deswegen ihre Sprache auf den Prüfstand gestellt: Verstehen unsere Kunden unser Anliegen? Drücken wir uns klar und deutlich aus? Kommunizieren wir wertschätzend und auf Augenhöhe mit den Empfängern?

Das Problem dabei: Gute Texte sind keineswegs einfach zu schreiben - schon gar nicht, wenn komplizierte Fachbegriffe in eine auch für Laien verständliche Sprache übersetzt werden müssen. In den verschiedenen Fachabteilungen sind Spezialisten am Werk, die zwar in ihrem jeweiligen Sachgebiet über großes Know-How verfügen - doch die Erläuterung komplexer Zusammenhänge erfordert eine sprachliche Expertise und klare Regeln, die in vielen Unternehmen und Behörden nicht vorhanden sind oder nur unzureichend umgesetzt werden.

Software, die wie eine Art Lektorat funktioniert

Eine innovative und leistungsfähige Software kann diese Lücken schließen und wie eine Art Lektorat funktionieren. Sie optimiert nicht nur die Verständlichkeit von Texten, sondern lernt auch die individuellen Vorgaben und Regeln einer Verwaltung - und prüft deren konsequente Umsetzung. Sobald der Anwender die Software aktiviert, zeigt die grafische Auswertung der Verständlichkeitsprüfung auf einer Skala zwischen grün, gelb und rot an, wie leicht oder schwer dieser Text zu verstehen ist. Fremdworte, Anglizismen, bürokratische Ausdrucksweisen, verstaubte Formulierungen, Nominalstil und komplexe Satzgefüge sind rot markiert. In einem Pop-up bietet das Programm für den Benutzer eine große Anzahl an Verbesserungsvorschlägen.

Neu ist auch eine Prüfung, ob gendersensible Sprache richtig eingesetzt wurde. Dieses Thema beschäftigt Verwaltungen und was in der Theorie so einfach scheint, ist in der Praxis ohne Software-Unterstützung kaum umsetzbar. So enthält die Gender-Prüfung mittlerweile über 45.000 Begriffe, auf die eine Verwaltung achten sollte – eine Anzahl von Begriffen, die sich kein Mensch mehr merken kann. Auch eine Prüfung auf barrierefreie Sprache (leichte Sprache, einfache Sprache) kann direkt in der Software erfolgen. So können Verwaltungen Texte selbst in barrierefreie Sprache übersetzen und einen wichtigen Beitrag zur Inklusion leisten.

Mehrere Verwaltungen, wie beispielsweise Wiesbaden, das österreichische Innsbruck oder das Innenministerium von Baden-Württemberg haben ihre Sprachkultur mit einer „Klartext-Initiative“ bereits gründlich überarbeitet. Denn Sprache ist das wichtigste Interface, das Ämter und Behörden zum Kunden haben: Sie findet überall da statt, wo Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung sich begegnen – am Schalter, auf der Homepage, in der Mail, im Brief, am Telefon. Und: Sie transportiert immaterielle Werte wie Vertrauen, Wertschätzung oder Empathie.

Das Ergebnis: verständliche Schreiben an die Bürger, weniger zeitaufwändige und damit auch kostenintensive Rückfragen auf dem Amt. Und eine große Portion Zufriedenheit bei den Empfängern, die nun ihre Gebührenbescheide endlich verstehen.

Verständlichkeit ist messbar

Doch was bedeutet eigentlich Verständlichkeit von Texten? Wie kann man diese messen? Gibt es Kennzahlen für Sprache? Mit solchen Fragen beschäftigen sich die Kommunikationswissenschaften schon lange. Und die Spezialisten haben Antworten gefunden: So gibt es viele objektive Kriterien, anhand derer sich die Verständlichkeit von Texten objektiv messen lässt: angefangen von Fachbegriffen, die es zu erklären gilt, bis zu Fremdworten, die möglichst nicht benutzt werden sollten.

Aus diesen Kriterien lassen sich Regeln und Standards für eine verständliche Sprache ableiten. Ausgerüstet mit einem äußerst umfangreichen Katalog an solchen Sprachregeln können Experten – oder eben eine Software – jedweden Text auf seine Verständlichkeit hin analysieren und bewerten. Die Auswertung ergibt dann auf Basis wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse Aufschluss über die Qualität und Güte des Textes. Die gewonnen Erkenntnisse können Ämter und Verwaltungen sich wiederum zu Nutze machen, um besser mit ihren Kundinnen und Kunden zu kommunizieren.

Detektion von Schwachstellen

Je mehr Parameter für die Verständlichkeit von Texten über die Software abgefragt werden, desto genauer analysiert sie in Sekundenbruchteilen jeden Text im Hinblick auf seine Verständlichkeit. Egal ob kompliziertes Juristendeutsch oder floskelhafte Formulierungen: Das Programm zeigt dem Anwender sofort, wo der jeweilige Text Schwachstellen aufweist, und schlägt besser verständliche Alternativen vor.

Um auszuprobieren, welche Effekte eine optimierte Kommunikation bewirkt, kann zum Beispiel ein einzelner A/B-Test helfen: Ein Schreiben an die Bürger, wie beispielsweise der Wasser- und Abwassergebührenbescheid, geht einmal in alter Form und einmal in überarbeiteter Fassung in die Post, an jeweils unterschiedliche Gruppen. So entstehen nur geringe Mehrkosten und es kann unmittelbar ausgewertet werden, welche Wirkung und Reaktionen erzielt werden, beispielsweise durch Messung der telefonischen und schriftlichen Rückfragen.

Fazit

Eine erstarrte Sprachkultur sowie die verständliche Sorge, dass Bescheide aufgrund fehlender Rechtssicherheit womöglich angefochten werden könnten, sind häufig die Ursachen für schwer verständliche Schreiben und Bescheide von Ämtern und Behörden. Doch die Vorteile einer modernen Kommunikation, die verständlich ist und konsequent auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bürgern agiert, liegen auf der Hand: Sprache ist das wichtigste Interface zum Kunden und schafft Vertrauen.

Verständliche Sprache schafft Klarheit. So können zeit- und damit auch kostenintensive Rückfragen vermieden werden, Verwaltungshandeln wird transparent und nachvollziehbar. Damit eine moderne Sprachkultur zum Einsatz kommt und gleichzeitig auch die Rechtssicherheit gewährleistet bleibt, kann eine Software wie TextLab unterstützen. Sie misst und optimiert die Verständlichkeit von Sprache, beispielsweise in Briefen oder Bescheiden, auf Knopfdruck und berücksichtigt bei Bedarf auch gendersensible Sprache. (sg)