Smart City / Energy

"Smart Home passt nicht in Pakete"

Stadtwerke haben bei der Vermarktung von Smart Home-Produkten noch einiges an Verbesserungsbedarf. Das zeigt eine mehrjährige Forschungsprojekt der TH Köln in Kooperation mit der Rheinenergie.
01.03.2018

Thorsten Schneiders, Professor am Cologne Institute for Renewable Energy an der Technischen Hochschule Köln.

Smart Home-Nutzer interessieren sich vor allem für eine Visualisierung ihrer Verbräuche. Das zeigt eine Umfrage des Cologne Institute for Renewable Energy (CIRE) an der Technischen Hochschule Köln mit erfahrenen Nutzern dieser technischen Anwendung. Im Rahmen eines zweijährigen Forschungsprojekts hat das CIRE gemeinsam mit dem Energieversorger Rheinenergie 120 Testhaushalte in Rösrath mit marktüblichen Smart Home-Systemen ausgestattet und deren Energiebedarf, mit und ohne die intelligenten Lösungen, untersucht. 

"Die Umfrage mit den erfahrenen Nutzern zeigt, dass sich über 90 Prozent eine Visualisierung ihrer Strom-, Gas- und Wasserverbräuche wünschen würden",  sagt Thorsten Schneiders, Professor am CIRE, im Gespräch mit der ZfK. Andere Anwendungen, wie beispielsweise die intelligente Haustierüberwachung, weckten hingegen kaum Interesse.

"Smart Home im Alltag erleben lassen"

Verbesserungsbedarf bei den Stadtwerken ortet Schneider inbesondere bei der Vermarktung von Smart Home-Lösungen. "Die bisherige Herangehensweise ist zum größten Teil der Verkauf von Smart-Home-Paketen", so der Experte. Dies sei jedoch wenig sinnvoll, weil diese nur einen kleinen Teil einer Wohnung respektive eines Hauses abdecken könnten. "Stattdessen ist eine individuelle Konfiguration mit Standardkomponenten sinnvoller", sagt Schneiders. So könne auch der Mehrfachnutzen derartiger Systeme besser vermittelt werden, zum Beispiel die Vernetzung von Sensoren (Fensterkontakt) für Heizungssteuerung oder Alarm-Anwendungen. Grundsätzlich sollte die Vermarktung anschaulich und anhand von Alltagssituationen erfolgen.

Jeder nutzt Lösung individuell

Eine weitere Erkenntnis aus der Studie: Das Thema Smart Home darf nicht zu technisch vermittelt werden. Grundsätzlich ist aber das Interesse am "intelligenten Zuhause" nicht nur technikaffinen Personen vorbehalten, viele Haushalte sind für das Thema aufgeschlossen. "Sobald Smart Home begriffen wurde, waren die Berührungsängste überwunden", erklärt der Professor der TH Köln. Häufig seien Männer aufgeschlossener, die Frauen zunächst zurückhaltender – diese müssten eigentlich stärker kommunikativ abgeholt und überzeugt werden. Jeder Nutzer möchte dabei das Produkt nach seinem Geschmack nutzen, beispielsweise auch für wärmere Wohnräume. "Voraussetzung hierfür ist eine einfache Handhabung durch die Vorprogrammierung von häufig genutzten Grundfunktionen", versichert Schneiders. Viele Teilnehmer wünschten nach einer anfänglichen Eingewöhnungsphase weitere Komponenten wie Lampen, Rolladensteuerung oder Kameras. Einige entwickelten auch von sich aus individuelle Anwendungen, beispielsweise eine Warnlampe, die beim Verlassen des Hauses auf offene Fenster hinweist.

Produkt lässt sich in Neubauten integrieren, aber...

Die mehrjährige Erfahrung mit der Anwendung von Smart Home-Technik in Rösrath zeige hingegen auch, dass eine kurze Batterielebensdauer, mangelnde Funkreichweite oder unzureichende mechanische Haltbarkeit der Komponenten zu Frust und Ablehnung führen. Gute Betriebserfahrungen seien entsprechend wichtig für eine Weiterempfehlung durch Kunden. Dafür sei auch eine Weiterentwicklung der Systeme mit neuen Komponenten und Programmierungen wichtig. Smart Home hat laut Schneiders das Potenzial ein integraler Bestandteil neuer Gebäude zu werden, wenn die unterschiedlichen Energieeinheiten, wie zum Beispiel Heizung, Lüftungs- und Solaranlage mit Batteriespeicher darüber verknüpft werden. Hier herrsche aber noch Entwicklungsbedarf, weil die Systeme bisher noch nicht in einer Sprache miteinander kommunizierten, geschweige denn über eine zentrale App gesteuert werden können. (hoe)

 

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Wie Smart Home hilft, die Heizkosten zu senken und weitere spannende Resultate aus dem Forschungsprojekt in Rösrath lesen Sie in der Märzausgabe der ZfK.

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