Gas

„Bundesnetzagentur muss jetzt handeln“

Die Verteilnetzbetreiber im L-Gas-Marktraum sind in Sorge wegen der Versorgungssicherheit, da in Groningen die Erde erneut gebebt hat. Nun werden Gespräche der Bundesnetzagentur mit der niederländischen Regierung gefordert.
17.01.2018

Die Versorgungssicherheit ist ein hohes Gut. Die Bürger sind daran gewöhnt.

Stadtwerke und Verteilnetzbetreiber im L-Gas-Marktgebiet sorgen sich um die sichere Versorgung mit L-Gas.: „Wir wollen nichts dramatisieren, aber die Versorgungssicherheit ist das wichtigste Prinzip der Energiewirtschaft. Die Bundesnetzagentur muss jetzt handeln!“, sagte Randulph Noack, Geschäftsführer der Stadtwerke Porta Westfalica und ein Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Erdgasumstellung (ARGE EGU) in einer Pressemitteilung. In der Arbeitsgemeinschaft haben sich 44 von der Umstellung betroffene Verteilnetzbetreiber zusammengeschlossen.

Bekanntlich kam es am 8. Januar in der Region um Groningen zu einem Erdbeben der Stärke 3,4 auf der Richterskala. Es war das heftigste Erdbeben seit dem 16. August 2012 – damals wurde ebenfalls eine Stärke von 3,4 auf der Richterskala gemessen. In der Region Groningen liegt das Erdgasfeld Groningen, das größte Gasfeld Westeuropas, das zu großen Teilen ein Drittel Deutschlands mit Erdgas versorgt, dem niederkalorischen L-Gas; etwa 60 Prozent des Gases kommt aus den Niederlanden, 40 Prozent aus deutscher Förderung. Im Nachgang des Bebens in Holland von 2012 sahen Experten die Ursache des Erdbebens in der Gasexploration. Von daher wurde sukzessive die Produktion im Gasfeld Groningen reduziert: von 53,8 Mrd. Kubikmetern im Jahr 2013 auf zuletzt 21,6 Mrd. Kubikmeter pro Jahr.

Niederländische Regierung will Förderung weiter kürzen     

Falls nun die niederländische Regierung eine weitere Kürzung der Gasproduktion von Groningen anordnet, kann die Versorgungssicherheit in Deutschland mit L-Gas in Gefahr geraten. Und der Wirtschaftsminister der Niederlande hat bereits angekündigt, die Förderung aus dem Groningen-Feld weiter abzusenken, um weiteren Erdbeben vorzubeugen, heißt es in der Pressemitteilung der ARGE EGU.

„Wir haben den Präsidenten der Bundesnetzagentur angeschrieben und ihn gebeten, dass so schnell wie möglich mit der niederländischen Regierung geklärt wird, wie viel L-Gas aus den Niederlanden in den nächsten Jahren zur Verfügung steht. Auf dieser Basis muss im Rahmen des Netzentwicklungsplans eine Planung unter Berücksichtigung von Risikoszenarien wie zum Beispiel weiterer Erdbeben durchgeführt werden. Es müssen auch die Voraussetzungen für Konvertierungsanlagen als regulierte Infrastruktur zur Absicherung geschaffen werden“, erklärte Professor Christian Held von der Kanzlei Becker Büttner Held, die die ARGE EGU vertritt.

"Größte Infrastrukturprojekt der deutschen Gaswirtschaft"

In den nächsten zwei Jahrzehnten werden alle L-Gas-Netze, also Netze, die niederkalorisches Gas verwenden, auf H-Gas umgestellt, weil die niederländischen und deutschen Vorräte zu Ende gehen. Die Umstellung ist ein komplexer Akt: Schließlich müssen 100 Gasnetze und mehr als 5,5 Mio. Geräte umgestellt werden, von der normalen Heizung bis zur industriellen Gasanwendung. Im Prinzip handelt es sich bei der L-H-Gas-Umstellung um das "größte Infrastrukturprojekt der deutschen Gaswirtschaft", heißt es in der Pressemitteilung. Das Problem liege nun darin, dass die in den nächsten Jahren benötigten Umstellungskapazitäten der Dienstleistungsunternehmen sich erst im Aufbau befänden und die gesamte Planung sehr ambitioniert sei – mit der Umstellung mit bis zu 600 000 Geräten pro Jahr. (al)