Gas

„Das Erreichen der 2030-Ziele ist kein Selbstläufer"

Bei einer Veranstaltung von Zukunft Erdgas auf der E-World analysierte die Branche den Koalitionsvertrag. „Es fehlt der roten Faden", meinte Vorstand Timm Kehler.
08.02.2018

Der frische Koalitionsvertrag zwischen den Parteien CDU, CSU und SPD war das Hauptthema bei der Veranstaltung der Initiative Zukunft Erdgas bei der Messe E-World. Es fehle ein roter Faden, wie wir Klimaschutz-Politik in Deutschland gestalten wollen, kritisierte Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Erdgas. Er wies erneut darauf hin, dass Klimaschutz bedeutend sei und das Erreichen der 2030-Ziele kein Selbstläufer werde. Die Technologieoffenheit sei künftig wichtig und eine Orientierung an den CO2-Emissionen als Leitgröße. Als positiv wertete der Vorstand, dass das geplante Auslaufen der Förderung von Brennwerttechniken nun von den Koalitionären noch einmal überdacht wurde. Auch die im Raum stehende steuerliche Abschreibung bei Sanierungen und die sogenannte Abwrackprämie machten Mut.

Auch Hagen Fuhl, Prokurist des BHKW-Herstellers Senertec („Dachs“), sieht für die Kraft-Wärme-Kopplungs(KWK)-Branche bessere Zeiten kommen. War in der letzten Legislaturperiode die KWK nur als Brückentechnologie bis 2030 gesehen worden, so hätten die Koalitionäre jetzt eher den Wert der effizienten Technologie erkannt – vor allem die Weiterentwicklungsmöglichkeiten mit grünem Gas und Power to Gas. Zudem liefere die KWK auch nach 2022, wenn Atomkraft und viele Kohlemeiler stillgelegt wurden, noch zuverlässig Energie bei Dunkelflaute. Fuhl bedauerte aber den großen administrativen Aufwand für die KWK. Dies müsse abgebaut werden – schließlich können KWK-Anlagen im Ausland viel einfacher aufgebaut werden. Timm Kehler ergänzte süffisant: „Das Leben ist eigentlich zu kurz, um KWK zu betreiben.“ Auch Fuhl ist der Meinung: „Das CO2-Ziel geht nicht ohne KWK, es geht auch nicht ohne dezentrale KWK.“

Keine Optionen im Voraus ausschließen

„Wenn wir den Wärmesektor dekarbonisieren wollen – und das müssen wir –, so dürfen wir Optionen nicht im Voraus ausschließen“, erklärte Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der WSW Energie & Wasser AG. Dies wäre unvernünftig. Doch dies wurde gerade in der vergangenen Legislatur beim All-electric-Ansatz gemacht. Schließlich muss man bei allem auch die Kostenseite sehen. Natürlich könnten hochtechnologische Konzepte umgesetzt werden, doch am Ende müssen die Bürger dies auch erstehen können. Und deshalb habe sich bei einem Nahwärme-Projekt in Wuppertal eine zentrale Gas-KWK-Lösung durchgesetzt – wie in anderen Städten Deutschlands auch.

Håvard Nymoen von der Nymoen Strategieberatung zeigte in einer Kurzanalyse auf, wie effizient mit erdgasbasierten Lösungen CO2 eingespart werden kann. So emittiere ein Nahwärmenetz mit Gas-KWK und 30 Prozent Biomethan-Anteil etwa 184 Tonnen CO2 bei Preisen von 10,8 Cent pro kWh, während der Ansatz Nahwärme mit Wärmepumpe und Photovoltaik 282 Tonnen CO2 pro Jahr emittiere und die Kosten bei 12,9 Cent pro kWh lägen. Im Neubaubereich sei auch der zentralisierte Ansatz mit Gas-KWK und 30 Prozent Biomethan der effizienteste Ansatz im Vergleich zu einem zentralisierten Modell mit Wärmepumpe und Photovoltaik. Je dezentraler der Ansatz im Quartier, also beispielsweise eine Wärmepumpe oder Brennstoffzelle in jedem Haus, umso schlechter falle die Bilanz aus. Wichtig für die Gasbranche sei die Etablierung von Power to Gas (PtG), denn ohne diese Technologie sei die Branche nicht bestandsfähig. (al)