Gas

Desertec 3.0: Wasserstoff aus der Wüste

Aus der MENA-Region sollen Wasserstoff, Ammoniak und Strom nach Europa geliefert werden. Nach Angaben der Verantwortlichen gebe es Wasserstoffprojekte mit einer Leistung von über 20 Gigawatt.
03.11.2022

Das Projekt will Versorgungssicherheit und Klimaschutz vereinen.

Die Verantwortlichen hinter dem Projekt Desertec 3.0 wollen Sonne und Wind der Wüsten für die Versorgung Europas nutzbar machen. Experten aus inzwischen über 90 Partnerunternehmen von Dii Desert Energy trafen sich im Vorfeld der UN-Weltklimakonferenz COP27 in Kairo und gaben Einblick in den Stand der Umsetzung.

Nahezu alle Regierungen der MENA-Region hätten inzwischen ehrgeizige Ausbauprogramme für Solar- und Windenergie auf den Weg gebracht. Dazu gehöre auch der schnelle Auf- und Ausbau von Kapazitäten für die Erzeugung „grüner Moleküle”, also vor allem Wasserstoff und Ammoniak. „Unsere Datenbank verzeichnet inzwischen konkrete Wasserstoffprojekte mit einer Leistung von über 20 Gigawatt (GW),” stellte Cornelius Matthes, CEO von Dii Desert Energy, fest. Mittelfristig könne ein Ausbau in Richtung von 100 GW erwartet werden.

Infrastruktur ist vorhanden

Vor allem klimaneutral gewonnener Ammoniak könne bereits in naher Zukunft eine wichtige Rolle als Rohstoff für die Chemische und die Düngemittel-Industrie spielen, führte Matthes aus. „Die Transportinfrastruktur ist vorhanden. Jedes Jahr werden heute Millionen von Tonnen Ammoniak verschifft. Es muss also nichts neu erfunden oder entwickelt werden, um unter anderem die Düngemittelherstellung mit einem „grünen” Rohstoff nach vorne zu bringen. Ägypten als größter Produzent Afrikas werde hier eine Schlüsselrolle spielen.

Mehr Zeit werde die Entwicklung der Transportinfrastruktur für Wasserstoff in Anspruch nehmen. Katherina Reiche, Vorsitzende des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung und Westenergie-Chefin skizzierte die wichtigsten Elemente einer Wasserstoff-Infrastruktur zwischen Europa und der MENA-Region. Im westlichen Mittelmeer gebe es bereits mehrere Gas-Pipelines, die sich auch für den Transport von Wasserstoff nutzen ließen. Darüber hinaus sollen derzeit auch im östlichen Mittelmeerraum ähnliche Infrastrukturvorhaben zur Erschließung von Wasserstoff-Potenzialen diskutiert werden. So könne sich Europa bei der Energieversorgung künftig unabhängiger von politischen Entwicklungen in einzelnen Staaten machen.

Reiche: Anschluss nicht verpassen

Reiche hob die Bedeutung einer kostengünstigen Wasserstoffversorgung für die europäische Industrie im internationalen Wettbewerb hervor. Die USA hätten mit dem US Inflation Reduction Act das bisher größte Investitionsprogramm zum Klimaschutz gestartet. Dadurch würden die Kosten für die Herstellung von grünem Wasserstoff in den USA kurzfristig deutlich unter die von herkömmlichem grauem Wasserstoff sinken. Wollten Deutschland und Europa hier nicht zurückfallen, werde dies nur gehen, wenn die Kostenvorteile der MENA-Region bei Solar- und Windenergie genutzt würden.

Den Wert der Vernetzung zwischen Ländern und Kontinenten hob Paul van Son, President von Dii Desert Energy, hervor. Ein funktionierender Markt mit Austausch untereinander sei der beste Weg zur Versorgungssicherheit. Deshalb gebe es jetzt eine Initiative zur Schaffung einer Handelsplattform ausschließlich für emissionsfreie Energie. Dadurch könne die CO₂-Reduktion vom physischen Transport abgekoppelt werden. Ähnlich wie beim „grünen Strom” könne ein Zertifikate-System die Entwicklung hin zu klimaneutralen Energieformen deutlich beschleunigen.

Nicht nur als Abnehmer, auch als Lieferant hochwertiger Technologie werden deutsche Unternehmen beim Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur eine wesentliche Rolle spielen. Andreas Beckers, Country CEO and Executive Board Member, thyssenkrupp Uhde Egypt, berichtete über Projekte für die das Unternehmen Elektrolyseure liefern werde. Er unterstrich, dass für die Erzeugung von Wasserstoff bereits bewährte Verfahren zur Verfügung stünden. Auch bei Produktion und Transport von Ammoniak gebe es langjährige Erfahrungen, die jetzt für den Wandel hin zu einer missionsfreien Erzeugung eingesetzt werden könnten. thyssenkrupp ist seit 2021 strategischer Partner von Dii Desert Energy. (amo)