Gas

Forscher der Uni Ulm produzieren grünen Wasserstoff auf Knopfdruck

Die Wissenschaftler haben die sonnenlichtgetriebene Herstellung von Wasserstoff vom Tagesverlauf entkoppelt. Mögliche Anwendungen reichen von der Strom- und Wärmeerzeugung bis zu solarbetriebenen H2-Tankstellen.
01.02.2022

Die Forschungsergebnisse könnten die Wasserstoffnutzung effizienter gestalten.

Ulmer Forschern ist es gelungen, ein System zu entwickeln, das die lichtgetriebene Herstellung von Wasserstoff zu jeder Tages- und Jahreszeit ermöglicht. Zukünftige Anwendungsbereiche dieser photochemischen Einheit reichen von der bedarfsgerechten Wärmeerzeugung bis zur Versorgung wasserstoffbetriebener Fahrzeuge „on demand“, wie die Universität Ulm mitteilt. Die Forscher der Universitäten Ulm und Jena stellen ihr System, das auf einem einzigen Molekül beruht, im Fachjournal „Nature Chemistry“ vor.

 

Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt war die Frage, wie sich zum Beispiel solarer Wasserstoff je nach Bedarf abends oder im Winter produzieren lässt? Ulmer Chemikerinnen und Chemiker könnten eine Antwort gefunden zu haben: Erstmals ist es ihnen mit einem molekularen photochemischen System gelungen, die sonnenlichtgetriebene Wasserstoffherstellung vom Tagesverlauf zu entkoppeln. Das neue System mache sogar die Lichtenergie-Speicherung möglich, so dass die Wasserstoffproduktion nachfrageorientiert und auch bei Dunkelheit starten könne, heißt es in der Pressemitteilung.

Nur ein einziges Molekül als Basis

Frühere Modelle zur Wasserstoffherstellung beruhten oftmals auf der Kopplung mehrerer Komponenten wie Photovoltaik-Zellen, Batterien und Elektrolyseuren. Dabei summieren sich die Energieverluste jedoch bei jedem Schritt; die Wasserstoffproduktion ist wenig effizient. Im Gegensatz dazu basiert die Ulmer Alternative auf einem einzigen Molekül, das Sonnenlicht aufnehmen, Energie speichern und Wasserstoff herstellen kann. In dieser kompakten Einheit wird also die räumliche und zeitliche Trennung dieser Schritte möglich. „Lichteinstrahlung führt in unserem Molekül zur Ladungs-Trennung und Elektronen-Speicherung – im Ergebnis entsteht ein flüssiger, leicht speicherbarer Treibstoff. Die bedarfsgerechte Erzeugung des gasförmigen Wasserstoffs wird durch die Zugabe einer Protonen-Quelle erreicht“, erklärt Carsten Streb vom Institut für Anorganische Chemie I der Universität Ulm.

Die Forschenden haben die Leistungsfähigkeit ihres Systems mit verschiedensten Analysemethoden überprüft (u.a. Katalysetests und Photophysikalische Studien). Im Ergebnis zeigt die molekulare Einheit eine exzellente chemische und photochemische Stabilität. „Der modulare Aufbau des Systems ermöglicht chemische Veränderungen und eine Optimierung des Gesamtsystems“, erklärt Erstautor Sebastian Amthor, der an der Universität Ulm promoviert hat und nun in Spanien forscht. In Zukunft soll das Modell hochskaliert werden und somit als „Blaupause“ für dezentrale Energiespeicher dienen. Anwendungsmöglichkeiten reichen von der klimafreundlichen Strom- und Wärmeerzeugung bis zu mobilen, solarbetriebenen H2-Tankstellen für LKW und Busse.

Entwickelt wurde das photochemische System im Zuge des Transregio-Sonderforschungsbereichs TRR 234 CataLight. In dem mit 10 Millionen Euro geförderten Verbundprojekt nehmen sich Forscher der Universitäten Ulm und Jena die Photosynthese zum Vorbild und entwickeln neue Materialien für die Energiewandlung – ein Beispiel sind künstliche Chloroplasten für die Wasserstoffherstellung. (amo)