Gas

Forscher nehmen Elektrolyse-Technologien unter die Lupe

Wie entwickeln sich Technologien, Markt und regionale Projekte in Zukunft? Fraunhofer-Wissenschaftler geben Antworten – und weisen Stadtwerken dabei eine Schlüsselrolle zu.
04.06.2024

Die Elektrolyse kann einen entscheidenden Beitrag zur Sektorenkopplung liefern. Doch es gibt viele Baustellen und offene Fragen.

Im Projekt »H2 Companion« begleitet das Fraunhofer ISI die beiden Modellregionen grüner Wasserstoff in Baden-Württemberg – H2-Wandel und H2-Genesis – wissenschaftlich. Die Forscher führen ein Monitoring von Elektrolysetechnologien durch. Diese werden in drei Kategorien gebündelt: die Alkalische Elektrolyse (AEL), die Protonenaustausch-Membran-Elektrolyse (PEM) sowie die Hochtemperatur-Elektrolyse (HT).

Die alkalische Elektrolyse weist demnach die höchste technische Reife auf und ist die industriell etablierteste Technologie am Markt. Sie arbeitet bei Temperaturen von 70 bis 90 Grad und zeichnet sich durch geringe Investitionskosten und Robustheit aus.

Netzstabilisierung im Blick

Bei der PEM-Elektrolyse werden Protonen bei der Wasserspaltung durch eine Membran befördert und ihre Vorteile liegen in einer schnellen Reaktionsfähigkeit auf veränderte Stromnachfragen (kurze Start- und Stoppzeiten), wodurch sie sich besonders zur Netzstabilisierung und Anwendungen mit variablen Energielieferungen eignet.

Bei der Hochtemperatur-Elektrolyse liegen die Temperaturbereiche dagegen zwischen 650 und 850 Grad, weshalb hier Wasserdampf verwendet wird. Die hohen Betriebstemperaturen bringen eine verbesserte kinetische Effizienz mit sich, wodurch der spezifische Energiebedarf sinkt und die Umwandlung beschleunigt wird. Die dabei entstehende Abwärme lässt sich zudem für andere industrielle Prozesse nutzen.

So sieht es bei den Patenten aus

Darüber hinaus wurde im Projekt »H2 Companion« untersucht, wie sich Patentanmeldungen zur Elektrolyse im Zeitverlauf und im transnationalen Kontext entwickelt haben. Bis zum Jahr 2015 lag das Niveau für alle Technologiebereiche mehr oder weniger konstant im Bereich von jeweils etwa zehn transnationalen Anmeldungen pro Jahr.

Seither ist eine ansteigende Dynamik zu verzeichnen, angeführt von den AEL- und PEM-Technologien. Zuletzt beschleunigte sich dieser Trend und übertrug sich mit Verzögerung auf die HT-Technologie. Im Jahr 2021 lag die PEM-Elektrolyse mit 93 transnationalen Patentanmeldungen vorn, gefolgt von AEL (68) und HT (37). Was den nationalen Ursprung der Patente anbelangt, führen im internationalen Kontext die USA vor Japan und Deutschland das Ranking der Top 10-Länder an, wobei alle drei eine große Ähnlichkeit der Verteilung zwischen den Technologien aufweisen: Höchste Intensität ist aktuell bei PEM-Patenten auszumachen, gefolgt von AEL und HT-Patenten.

Wachstumsrate von 25 Prozent

Ein weiterer im Projekt erforschter Aspekt dreht sich um die künftige Marktentwicklung: Dazu wurden zahlreiche Marktstudien ausgewertet, die sich mit dem Themenbereich Wasserstoff, seiner Erzeugung und Nutzung befassen – oft unter der Bezeichnung »grüner Wasserstoff«. Einige Studien widmen sich explizit dem Elektrolyseur-Markt als Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft. Die Meta-Markt-Analyse prognostiziert auf Basis der ausgewerteten Markstudien eine durchschnittliche Wachstumsrate des zukünftigen Elektrolyseur-Marktes von etwa 25 Prozent (Median-Wert).

Was den jährlichen globalen Umsatz anbelangt, lag dieser im Jahr 2023 laut Studien zwischen 217 Millionen und 10,8 Milliarden US-Dollar, der Median-Wert über alle Studien hinweg bei etwa 505 Millionen US-Dollar. Für das Jahr 2030 werden jährliche Umsatzzahlen zwischen 651 Millionen und 90,4 Milliarden US-Dollar prognostiziert (Median liegt bei 17,9 Milliarden US-Dollar).

Deutschland auf dem zweiten Platz

Richtet man den Blick auf die in den Marktstudien erwähnten Unternehmen und weist diese nach Ländern aus, so tauchen dort vor allem Unternehmen aus den USA (20 Prozent), Deutschland (14 Prozent), China (13 Prozent) sowie Frankreich und Italien (je 10 Prozent) auf, die den globalen Wasserstoff-Elektrolyseur-Markt aktuell prägen.

Henning Döscher, der die Forschungsarbeiten am Fraunhofer ISI innerhalb von »H2 Companion« koordiniert, weist zudem auf die Schlüsselrolle von Stadtwerken bei der breiten Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte hin: »Im Zuge der Energiewende gewinnt die Integration von Wasserstoff als umweltfreundlicher Energieträger an Bedeutung. Stadtwerke sind hier zentrale Akteure, weil sie ihre Infrastruktur, Erfahrung und regionale Präsenz nutzen können, um Wasserstofftechnologien vor Ort zu etablieren.“

Langer Atem ist gefragt

Im Gespräch mit Stadtwerken haben die Forscher herausgefunden, dass durchschnittliche Elektrolyseprojekte, also von der Idee bis zur Inbetriebnahme, etwa 3,5 Jahre Zeit benötigen. Die geplanten Leistungsdaten der Elektrolyseure in den H2-Projekten weichen dabei zum Teil stark voneinander ab und variieren zwischen 0,25 und 30 MW. (amo)