Gas

Herkunftsnachweise reichen nicht für Wasserstoff-Markthochlauf

Das ergab eine Umfrage bei Stakeholdern in Deutschland. Neben staatlichen Zuschüssen brauche es weitere Unterstützung. Sonst drohe eine Angebotslücke.
22.02.2022

Acatec und Dechema haben Stakeholder in Deutschland befragt, welche Maßnahmen nötig sind, um einen Wasserstoff-Hochlauf zu ermöglichen. (Symbolbild)

Der Wasserstoffbedarf im Jahr 2030 wird die inländischen Erzeugungskapazitäten um ein Vielfaches übersteigen. Dies ergab eine wissenschaftliche Metaanalyse der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatec) und der Dechema Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (Dechema).

Herkunftsnachweise für klimaverträglichen Wasserstoff sind demnach ein zentraler fördernder Faktor für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland. Dafür sprach sich eine Mehrheit der befragten Expert*innen aus.

"Technologieoffene" Förderung

"Wir brauchen einen Hochlauf von Wasserstoff in den No-regret-Anwendungen", sagte Patrick Graichen, Staatssekretär, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. "Dafür müssen wir wissen, wie eine klug ausgerichtete und anwendungsorientierte Energieforschung aussieht, die dazu beiträgt, Technologiekosten zu senken."

Deutschland brauche einen massiven Innovationsschub, ergänzte Judith Pirscher, Staatssekretärin, Bundesministerium für Bildung und Forschung. Dafür stehe das Bildungsministerium mit einer technologieoffenen Forschungsförderung.

Staatliche Preisbestandteile entfernen

Um den Markthochlauf anzustoßen, seien aus Sicht der Befragten neben Herkunftsnachweisen für klimaverträglichen Wasserstoff weitere Maßnahmen notwendig. Unter anderem solle der für die Wasserstofferzeugung eingesetzte Strom von staatlichen Preisbestandteilen weitestgehend befreit werden.

Überdies sind nach Meinung der Befragten staatliche Zuschüsse für Wasserstoffprojekte vonnöten. Die Umfrageergebnisse weisen außerdem auf zentrale Hemmnisse für eine großskalige Erzeugung von klimaneutralem Wasserstoff in Deutschland hin.

Flächen genügen nicht

Demnach sehen 59 Prozent der Befragten die hohen Investitions- und Unterhaltskosten als hinderlich für die Wirtschaftlichkeit von Produktionsanlagen. Ebenfalls 59 Prozent der Befragten betrachten die unzureichenden Flächen für erneuerbare-Energien-Anlagen als zentralen Hemmschuh.

Um Wasserstoff als Energieträger zu etablieren, braucht es aus Sicht der Befragten auch akzeptanzfördernde Maßnahmen, insbesondere für den Ausbau erneuerbarer Energien, in Bezug auf das Thema Sicherheit bei der Wasserstofferzeugung und -nutzung sowie für neue Wasserstoff-Transport-Infrastrukturen.

Bislang 5 GW Elektrolyse-Kapazität geplant

Die Auswertung von Acatac und der Dechema weist bislang Elektrolyseprojekte aus, die 2030 eine Gesamtkapazität von etwa 5 GW haben werden. Im Koalitionsvertrag hat sich die neue Bundesregierung auf ein Elektrolysekapazitätsziel von 10 GW bis 2030 verständigt. Selbst bei optimistischen Annahmen der Laststunden und bei Erreichen der politischen Zielsetzung, werden die bis 2030 aufgebauten heimischen Kapazitäten dabei nicht ausreichen, um den Minimalbedarf von etwa 50 Terawattstunden (50 Mrd. kWh) zu decken.

"Nachhaltiger Wasserstoff wird in den nächsten Jahren eine knappe Ressource bleiben, die einem wachsenden Bedarf gegenübersteht", sagte Klaus Schäfer, Vorstandsvorsitzender, Dechema. Um zukünftig Nachfrage und Angebot in Einklang zu bringen, sei es unverzüglich notwendig, die richtigen politischen Weichen zu stellen.

Erzeugung und Speicherung soll gleichzeitig entstehen

Die Ergebnisse seien wichtig, um eine Wasserstoff-Roadmap auf Basis der Nationalen Wasserstoff-Strategie zu erstellen, sagte Jan Wörner, Präsident, Acatec. Die Wasserstoff-Roadmap könne nur erfolgreich sein, wenn sie auf einen ebenso koordinierten wie flexiblen Instrumenten-Mix abziele. "So können zeitgleich und schnell Erzeugung, Transport- und Speicherinfrastrukturen wie auch Anwendungsbereiche entstehen", sagte Wörner.

Die Umfrage "Wasserstoffwirtschaft 2030/2050: Ziele und Wege" wandte sich an knapp 600 Vertreter*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, NGOs und öffentlicher Verwaltung. Die Studie ist Teil des Kooperationsprojekts "Wasserstoff-Kompass". (jk)