Gas

Licht statt Strom: Forscher arbeiten an neuer Art der Herstellung von Wasserstoff

Grüner Wasserstoff wird meist durch Elektrolyse mit erneuerbarem Strom erzeugt. An der TU Wien wurde nun eine photokatalytische Methode entwickelt, die diesen Vorgang einfacher und kontrollierbarer machen soll.
16.06.2022

Grüner Wasserstoff ist rar und teuer.

Forscher der TU Wien arbeiten an der „photokatalytischen Wasserspaltung“. Konkret geht es darum, grünen Wasserstoff herzustellen, indem das Sonnenlicht direkt zum Aufspalten von Wasser genutzt wird. Möglich machen es passende Katalysatoren. Das Konzept wird bisher noch nicht industriell eingesetzt. Die Wiener Wissenschaftler haben nun allerdings auf atomarer Skala eine neue Kombination von Katalysatoren entwickelt, die auf der Basis relativ kostengünstiger Materialien diese Aufgabe lösen können, heißt es in einer Pressemitteilung.

„Eigentlich hat man es hier mit zwei Aufgaben gleichzeitig zu tun“, erklärt Alexey Cherevan, der am Institut für Materialchemie der TU Wien in der Forschungsgruppe von Dominik Eder forscht. „Wir müssen über Sauerstoff und über Wasserstoff nachdenken. Die Sauerstoffatome des Wassers müssen in O2-Moleküle umgewandelt werden, und die übrigbleibenden Wasserstoff-Ionen – also einfach Protonen – müssen zu H2 Molekülen werden.“

Cluster bilden

Für beides wurden nun Lösungen gefunden: Winzige anorganische Cluster, die nur aus einer kleinen Zahl von Atomen bestehen, werden auf einer lichtabsorbierenden Unterstruktur verankert, zum Beispiel auf Titanoxid. Die Kombination aus Clustern und der sorgfältig ausgewählten Halbleiterstruktur darunter führt zum gewünschten Verhalten.

Die Cluster, die für die Oxidation von Sauerstoff verantwortlich sind, bestehen aus Kobalt, Wolfram und Sauerstoff, während Cluster aus Schwefel und Molybden besonders gut für die Herstellung von Wasserstoffmolekülen geeignet sind. Das Forschungsteam der TU Wien war das erste, das diese Cluster nun auf einer Oberfläche aus Titanoxid platziert hat, wodurch sie gemeinsam als Katalysatoren für Wasserspaltung dienen können.

Frei bewegliche positive Ladungen entstehen

„Titanoxid reagiert auf Licht, das war bereits bekannt“, sagt Alexey Cherevan. „Die Energie des absorbierten Lichts führt dazu, dass im Titanoxid frei bewegliche Elektronen und frei bewegliche positive Ladungen entstehen. Diese Ladungen ermöglichen dann den Atomclustern, die auf dieser Oberfläche sitzen, die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu erleichtern.“

„Andere Forschungsgruppen, die an ähnlichen Prozessen arbeiten, verwenden Nanopartikel, die ganz unterschiedliche Formen und Oberflächeneigenschaften annehmen können“, erklärt Alexey Cherevan. „Die Größen sind schwer zu kontrollieren, die Atome sind nicht immer auf genau dieselbe Weise angeordnet. Daher kann man in diesem Fall auch nicht exakt erklären, wie der Katalyseprozess im Detail abläuft.“ An der TU Wien hingegen wird die exakte Struktur der Cluster mit atomarer Präzision festgelegt, wodurch man ein vollständiges Verständnis des Katalysekreislaufs gewinnen kann.

Was ist der optimale Katalysator?

„Nur so bekommt man Feedback darüber, wovon die Effizienz des Prozesses wirklich abhängt“, sagt Alexey Cherevan. „Wir wollen uns nicht einfach auf Versuch und Irrtum verlassen und unterschiedliche Nanopartikel ausprobieren, bis wir die beste Methode gefunden haben – wir wollen auf atomarer Ebene klären, was der optimale Katalysator ist.“

Nachdem nun bewiesen ist, dass die ausgewählten Materialien tatsächlich zum Aufspalten von Wasser geeignet sind, soll nun ihre genaue Struktur noch weiter verbessert werden, um die Effizienz zu erhöhen.

Einfache und direkte Methode

„Der entscheidende Vorteil unserer Methode gegenüber der Aufspaltung von Wasser durch Elektrolyse ist die Einfachheit“, betont Alexey Cherevan. Die bisher gebräuchliche elektrische Wasserstoffherstellung braucht zunächst eine nachhaltige Energiequelle – etwa Photovoltaikzellen, möglicherweise einen elektrischen Energiespeicher und eine Elektrolysezelle. Insgesamt ergibt sich somit ein relativ komplexes System, bestehend aus einer Vielzahl von Rohstoffen. Für die photokatalytische Wasserspaltung hingegen braucht man bloß eine passend beschichtete Oberfläche, die von Wasser bedeckt und von der Sonne bestrahlt wird.

Langfristig könnte man dieses Wissen auch nutzen, um kompliziertere Moleküle herzustellen, in einer Form von künstlicher Photosynthese. So könnte man die Energie der Sonneneinstrahlung möglicherweise sogar nutzen, um mit Kohlendioxid aus der Atmosphäre und Wasser Kohlenwasserstoffe herzustellen, die dann weiterverwendet werden können, heißt es aus Wien. (amo)