Gas

Neue Studie: So wird Stuttgart zur Wasserstoff-Region

Fraunhofer-Forscher haben mit Partnern konkrete Vorschläge entwickelt. Eine Forderung: der Bau einer Neckar-H2-Pipeline bis zum Jahr 2024.
27.10.2021

Das neue Schloss in Stuttgart: Die Region will zur Wasserstoffregion werden.

Für die Region Stuttgart bieten Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien das Potenzial, als führender Standort bei der Energietransformation voranzugehen. Wie das gelingen kann, zeigt ein Strategiepapier mit 57 Maßnahmen für verschiedene Sektoren und Akteure.


 

Im Auftrag der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO gemeinsam mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung (ZSW) sowie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen strukturierten Fahrplan für den Auf- und Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in der Region erarbeitet: die »Wasserstoff- und Brennstoffzellenstrategie für die Region Stuttgart«, so der offizielle Name des Papiers. 

Alle Sektoren im Blick

Auf Grundlage einer Analyse der Ist-Situation, Potenziale und Bedarfe hat das Forschungsteam die Vision »Grüne Wasserstoffregion Stuttgart 2035« erarbeitet. Diese zeigt auf, wie die Versorgung mit grünem Wasserstoff bei stetig steigender Nachfrage gelingen und bis 2035 in alle Sektoren und Wertschöpfungsstufen der Region integriert werden kann.

Für die Region Stuttgart liegt eines der wichtigsten strategischen Ziele in der Marktaktivierung und Industrialisierung der Wasserstoff- und Brennstoffzellenwirtschaft, so die Forscher. Wie die Situationsanalyse des Strategiepapiers zeigt, kann Stuttgart hierbei nach Überzeugung der Projektpartner auf gute Voraussetzungen für dieses Vorhaben aufbauen: Es existiert demnach eine hohe Forschungsdichte im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzellen. Zudem seien schon heute viele regionale Akteure der Region entlang der Wasserstoffwertschöpfungskette aktiv oder planten den konkreten Einstieg. Die regionale Industrielandschaft weise langjährige Erfahrungen und hochqualifiziertes Personal für die Herstellung komplexer Komponenten mit hohen Qualitätsanforderungen auf.

Skalieren und Kosten senken

Dem regionalen Maschinen- und Anlagenbau sowie speziell dem Fahrzeugbau und der automobilen Zulieferindustrie kämen hierbei eine besondere Rolle in der Herstellung von Komponenten und (Teil-)Systemen für die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik zu. Ziel müsse es daher sein, das vorhandene Know-how auf die Bereiche der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien zu übertragen. Außerdem müsse eine Skalierung hin zu hohen Stückzahlen erfolgen, um Kostensenkungspotenziale zu realisieren. Hierzu brauche es eine Marktaktivierung durch die gezielte Unterstützung ansässiger Unternehmen bei ihrer Transformation sowie eine umfassenden Anschub- und Ansiedlungsstrategie für Start-ups und Unternehmen, die auf die Wasserstofftechnologie spezialisiert sind.

Mit der steigenden Bedeutung von Wasserstoff werde sich auch die Nachfrage in der Region erhöhen, weshalb der Aufbau einer lokalen Wasserstoffpipeline für die Versorgungssicherheit besonders wichtig sei. Hierfür sei es insbesondere an den zukünftigen Betreibern und der Politik, die Interessen und Anforderungen der Region frühzeitig zu erkennen und einen Anschluss an das deutsche bzw. europäische Wasserstoffnetz sicherzustellen. Außerdem sieht das Forschungsteam die Entwicklung und den Aufbau einer Neckar-H2-Pipeline mit mehreren Anschlussstellen an Städten, Betriebshöfen und den Stuttgarter Hafen bis Anfang 2024 als erforderlich.

Mobilitätsbereich als Profiteur

Der Leiter des Projekts am Fraunhofer IAO, Frieder Schnabel, erklärt: „Die Pipeline soll nicht nur die steigende Nachfrage decken, sondern auch die Vernetzung von erzeugenden und verbrauchenden Akteuren der lokalen Wasserstoffwirtschaft z. B. aus Industrie, Mobilität und Quartiersanwendungen fördern. Sie muss zukunftsfähig ausgelegt werden und kann so den Übergang von der Wasserstoffversorgung per Trailer wirtschaftlich realisierbar machen.“ Der starke regionale Mobilitätssektor würde laut den Experten besonders von einem schnellen Ausbau eines Wasserstoff-Tankstellennetzes profitieren. Dazu sei die Identifikation besonders geeigneter Standorte nötig.

Das Strategiepapier baut auf den verschiedenen Roadmaps der EU, Deutschlands und Baden-Württembergs auf. Bereits im Dezember 2020 stellte das Fraunhofer IAO die Wasserstoff-Roadmap für Baden-Württemberg vor. (amo)