Gas

Ready4H2 stellt Plan für den Übergang zu einer Wasserstoffwirtschaft vor

Die europäische Verteilnetzinitiative legt einen Fahrplan vor, der auf der vorhandenen Gasinfrastruktur basiert. Bauchschmerzen bereitet dem Bündnis die europäische Gesetzgebung.
24.03.2022

Für den Umstieg auf Wasserstoff soll die bestehende Gasinfrastruktur genutzt werden.

Die europäische Verteilnetzinitiative Ready4H2 hat ihren dritten Bericht, einen gemeinschaftlichen europäischen Fahrplan für die Wasserstoff-Transformation, veröffentlicht. Er bildet einen strategischen Rahmen, in dem Gasverteilnetzbetreiber der verschiedenen Länder ihre Transformationsstrategien zur Versorgung mit Wasserstoff und anderen klimaneutralen Gasen koordiniert und kohärent entfalten können. In Deutschland gehen die Verteilnetzbetreiber dies mit dem von H2vorOrt initiierten Gasnetzgebietstransformationsplan (GTP) nun konkret an.

Florian Feller, Vorsitzender der Initiative H2vorOrt, die Deutschland bei Ready4H2 vertritt, erklärt in einer Pressemitteilung: „Die europäischen Gasverteilnetzbetreiber können damit einen essenziellen Beitrag zu einer umfassenden Wasserstoffwirtschaft leisten und so die Importe von fossilem Erdgas und Öl und die damit einhergehenden problematischen Abhängigkeiten reduzieren. Hierdurch können die CO2-Emissionen perspektivisch um mehr als 500 Millionen Tonnen pro Jahr verringert und dabei fast eine Million Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir sehen ein enormes Potenzial für den Übergang zur Wasserstoffwirtschaft in Europa und mit diesem Fahrplan zeigen wir einen konkreten Weg zum Ziel.“

Viele neue Arbeitsplätze

Von den neu geschaffenen europäischen Arbeitsplätzen entstehen laut der Mitteilung 290.000 Arbeitsplätze in der Produktion von grünem Wasserstoff, 135.000 Arbeitsplätze in Betrieb und Wartung und 542.000 Arbeitsplätze in der für grünen Wasserstoff erforderlichen Stromerzeugung. 

Zunächst müsste jedoch eine Reihe von politischen Entscheidungen getroffen werden: „Ein zentraler Schritt ist es, den Übergang von Erdgas- zu Wasserstoffnetzen rechtlich maximal zu unterstützen und zu vereinfachen. Aktuelle Entflechtungsvorhaben auf europäischer Ebene wirken in vielen Ländern stark verhindernd und so auch in Deutschland. Stadtwerke und andere Versorger, die neben dem Netzbetrieb auch Versorgungsverträge mit Kunden haben, müssten dadurch ihre Netze verkaufen, sobald sie diese auf Wasserstoff umstellen. Dass dies nicht zügig zu einem großflächigen Wasserstoffnetz führt, leuchtet schnell ein. Wir hoffen, dass hier noch eine bessere Lösung für die europäische Gesetzgebung gefunden wird“, so Feller.

Forderungen der Branche

„Ein wichtiger gesetzgeberischer Schritt würde zudem darin bestehen, den lokalen Gasnetzbetreibern eine Rolle bei der Verteilung von Wasserstoff und bei der strategischen Planung der künftigen Energieinfrastruktur in Europa einzuräumen, indem eine unabhängige europäische Verteilernetzbetreiber-Entity gemeinsam für Erdgas und Wasserstoff geschaffen wird. Dies würde eine bessere Koordinierung und Harmonisierung von planerischen, technischen und anderen Fragen in Zusammenarbeit mit den Fernleitungsnetzbetreibern in ganz Europa erleichtern. Die beiden Entities sollten gemeinsam an nationalen 10-Jahres-Entwicklungsplänen arbeiten können, genau wie bei der Elektrizität", sagt Peter Kristensen, Vorsitzender von Ready4H2. 

„Wie die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung vom 8. März erklärte, sind Biomethan und Wasserstoff die Schlüssel zur europäischen Energieunabhängigkeit. Ready4H2 ist bereit, dieses Ziel mit seinem Know-how über lokale Gasverteilnetze zu unterstützen und aufzuzeigen, wie grüner Wasserstoff im Energiesystem der Zukunft eingesetzt werden kann. Die Mitglieder von Ready4H2 sind zudem davon überzeugt, dass dieses Ziel nur erreicht werden kann, wenn die Rolle der Verteilungsnetze als verbindendes Element zwischen Erzeugern, Fernleitungen und Verbrauchern von Wasserstoff auf lokaler Ebene in der europäischen Gesetzgebung vollständig anerkannt wird“, so Kristensen weiter.

Gasinfrastruktur ist kein Auslaufmodell

“Die Gasinfrastruktur kann helfen den rasch wachsenden Anteil an variabler Wind- und Solarenergie optimal in das Energiesystem zu integrieren, indem große saisonale Schwankungen in der Nachfrage ausgeglichen und eine zuverlässige Versorgung mit klimaneutralem Wasserstoff selbst in den kältesten Wintern gewährleistet werden kann. Dies hilft Europa, die Abhängigkeit von Importen fossiler Brennstoffe zu verringern. Unterirdische Wasserstoffspeicher in großem Maßstab, die an die Gasnetze angeschlossen sind, sind die einzige schnell reagierende, langfristige Speicherkapazität in enormem Umfang, um diese Schwankungen bei Produktion und Nachfrage zu bewältigen."

Florian Feller ergänzt: “Für uns in Deutschland wird Erdgas aufgrund des Wegfalls von Kern- und Kohleenergie kurzfristig eher noch an Bedeutung gewinnen. Umso wichtiger ist es daher, den dominanten Bezug von russischem Erdgas und die Abhängigkeit von anderen fossilen Energieträgern durch den ambitionierten Hochlauf grüner, klimaneutraler Gase und die Transformation unserer Infrastruktur so schnell wie möglich zu beseitigen. Daher freut es mich sehr, dass wir das in Deutschland mit dem GTP und auf europäischer Ebene mit Ready4H2 nun konkret anpacken."

Fahrplan vorgelegt

In den ersten beiden Berichten wurde dargelegt, wie die europäischen Gasverteilnetzbetreiber eine Schlüsselrolle für das Gelingen eines europäischen Wasserstoffmarkts innehaben und wie in Europa durch Nutzung dieses Potenzials viele Milliarden Euro auf dem Weg zur Klimaneutralität gespart werden. In ihrem dritten Bericht stellen die in der Klimaschutzinitiative zusammengeschlossenen Projektpartner nun einen Fahrplan für die Transformation der Europäischen Verteilnetze vor. (amo)