Gas

Studie: Europäische Offshore-Wasserstoffinfrastruktur hat hohes Potential

Die DNV beziffert das Potential für grünen Wasserstoff auf 300 TWh pro Jahr. Wasserstoff-Systemkosten in Höhe von 4,69 bis 4,97 Euro pro Kilogramm seien möglich.
16.03.2023

Wasserstoff aus der Nord- und Ostsee: Eine aktuelle Studie sieht großes Potential.

Der Wasserstoff-Bedarf in Europa ist so hoch, dass an der Offshore-Produktion kein Weg vorbei führt. Das ist die Grundannahme der neuen Studie „Specification of a European Offshore Hydrogen Backbone“. Die von den Infrastrukturbetreibern Gascade und Fluxys beauftragte und von der DNV erarbeitete Analyse hebt die erheblichen Vorteile eines Offshore-Wasserstoff-Backbones in Nord- und Ostsee hervor.

Demnach ist das Energieerzeugungspotenzial von Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee immens und liegt vielleicht sogar jenseits der Kapazitätsgrenzen des Netzes. Laut der DNV-Studie ist per Pipeline angeschlossene Offshore-Wasserstoffproduktion günstiger als die Onshore-Produktion. Dank Pipelineanbindung und hohen Lastkapazitäten gehören Nord- und Ostsee zu den günstigsten Quellen von grünem Wasserstoff in Europa, heißt es in der Analyse.

Abhängigkeit von Energieimporten abbauen

„Die EU rechnet bis 2050 mit einem Bedarf für klimaneutralen Wasserstoff von 2.000 Terawattstunden (TWh), und DNV sieht das Potenzial, bis 2050 pro Jahr 300 TWh Wasserstoff mit von Offshore-Windparks in der Nordsee gewonnenen Strom zu produzieren. Das wäre ein erheblicher Beitrag zur Reduzierung der Abhängigkeit von Energieimporten“, erläutert Gascade-Geschäftsführer Ulrich Benterbusch. „Offshore-Wasserstoff“ sei also auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit wichtig.

Wegen der im Vergleich zur Stromübertragung niedrigeren Kosten des Wasserstofftransports und der Möglichkeit, dass große Pipelines Offshore-Wasserstoff von mehreren Windparks transportieren, stuft der Bericht die Offshore-Wasserstoffproduktion als attraktive Option für Offshore-Windenergieerzeugung ein, insbesondere wenn diese mehr als 100 Kilometer vom Festland entfernt sind.

Unterschiede zwischen Nord- und Ostsee

Mit Blick auf die Transportinfrastruktur kommt die Studie zu zwei standortabhängigen Schlussfolgerungen: In der Nordsee bestehe viel Produktionspotenzial weiter als 100 Kilometer vom Festland entfernt. Um den produzierten Wasserstoff anzulanden, könnte ein Pipelinenetz – ein europäischer Backbone – die Produktionsstätten sinnvoll an das bestehende Pipelinenetz auf dem Festland anbinden. Ein anderes Bild zeichnet sich laut der Studie in der Ostsee, wo derzeit weniger Produktionsgebiete 100 Kilometer von der Küste entfernt sind. Sollten sich jedoch Schweden und Finnland entscheiden, Wasserstoff im großen Stil zu produzieren und ihn zu den Bedarfszentren in Mitteleuropa zu transportieren, ist eine Pipeline dort wahrscheinlich auch sinnvoll.

Nötig sei in jedem Fall eine länderübergreifende Abstimmung, um das gesamte Potenzial für die Wasserstoffproduktion zu erschließen, erläutert Christoph von dem Bussche, Geschäftsführer bei Gascade. Zudem müsse länderübergreifend auf eine Ausgewogenheit bei der Strom- und Wasserstoffproduktion geachtet werden. 

Wasserstoff in Salzkavernen speichern

Zur weiteren Optimierung der Wasserstoff-Lieferkette schlägt die Studie die Speicherung von bis zu 30 Prozent des produzierten Wasserstoffs in Salzkavernen vor, um die Flexibilität des Systems zu erhöhen. Um die politische Diskussion zu unterstützen, bietet die Studie darüber hinaus eine erste Kostenschätzung: In der Nordsee werden die Kosten für Pipelines und Verdichter im Offshore-Wasserstoff-Backbone schätzungsweise 10 Prozent der Gesamtkosten des offshore produzierten Wasserstoffs ausmachen. Ersten Berechnungen zufolge können in der Nordsee nach einer Investition in die Wasserstoff-Transportinfrastruktur in Höhe von 35 bis 52 Milliarden Euro (4.200 Kilometer Pipeline und Untertagespeicher) Wasserstoff-Systemkosten in Höhe von 4,69 bis 4,97 Euro pro Kilogramm erzielt werden.

Gascade und Fluxys sehen sich durch die Studie bestätigt, dass sie mit dem Projekt AquaDuctus auf dem richtigen Weg sind. Das groß angelegte Offshore-Pipeline-Projekt, mit dem in Nordsee-Windparks produzierter Wasserstoff effizient zum deutschen Wasserstoffnetz auf dem Festland transportiert werden soll, ist als Backbone ausgelegt. Dieser soll Wasserstoff von mehreren Produktionsstätten transportieren und soll auch als potenzielle Anbindung zu anderen internationalen Wasserstoff-Routen durch die Nordsee fungieren. (amo)