Studie: So kommt der Wasserstoff nach Europa
In einer groß angelegten Studie hat das Ingenieurunternehmen ILF Beratende Ingenieure gemeinsam mit der von Dii Desert Energy initiierten Mena Hydrogen Alliance untersucht, auf welchen Wegen Wasserstoff in die Industriezentren Europas transportiert werden kann.
Im Mittelpunkt der Studie „Bulk Transport Options for Green Molecules” stehen die Verbindungen zwischen Europa und der der Mena-Region (Middle East North Africa). Hier wurden alle aktuell verfügbaren Transportmethoden und -wege unter die Lupe genommen. Neben dem Transport von Wasserstoff sind das die Umwandlung in Ammoniak und die Bindung an Kohlenwasserstoffe als Transportmedium (LOHC).
Pipeline als günstiges Transportmittel
Kostengünstigster und am schnellsten verfügbarer Transportweg ist demnach die Nutzung bereits bestehender Gas-Pipelines von Nordafrika nach Europa. Sie lassen sich mit relativ geringem Aufwand umrüsten und mit dem geplanten European Hydrogen Backbone (EHB) verbinden. Aber auch neu zu bauende, speziell auf den Wasserstofftransport ausgelegte Pipelines können laut der Analyse ausgesprochen kostengünstig betrieben werden. Die Studie nennt Beträge zwischen 0,19 EUR (umgenutzt) und 0,80 EUR (neu gebaut) pro Kilogramm Wasserstoff. Damit sind die Kosten zwei- bis zehnmal günstiger als der Schiffstransport.
„Pipelines können zehn- bis zwanzigmal mehr Energie als Unterseekabel transportieren – und das zu einem deutlich günstigeren Preis. Dennoch erwarten wir das Entstehen von weiteren Unterseekabeln, wie zum Beispiel zwischen Tunesien und Italien oder Ägypten und Griechenland,” kommentiert Cornelius Matthes, CEO von Dii Desert Energy, in einer Pressemitteilung.
Seeweg als Option
Der Seeweg bleibt nach Ansicht der Studienautoren ebenfalls eine interessante Alternative. Der niedrigere Investitionsaufwand und die größere Flexibilität können die Kostennachteile ausgleichen. Als Transportmedium biete sich hier in erster Linie Ammoniak an. In zahlreichen Häfen bestehe bereits heute eine Transportinfrastruktur, weil das Gas als Rohstoff für die chemische Industrie unverzichtbar sei. In vielen Fällen könne es direkt genutzt werden, aber auch die Aufspaltung in Wasserstoff und Stickstoff sei mit bewährten Verfahren möglich. Um die dabei auftretenden Energieverluste zu vermeiden, gebe es zahlreiche Entwicklungen, um Ammoniak direkt als Energiequelle zu nutzen.
Ebenfalls interessant sind andere Transportmedien für Wasserstoff wie Dimethyl Ether (DME). Hier sehen die Studienautoren zwar noch Entwicklungsbedarf, es wird aber aufgrund der hohen Energiedichte für die Zukunft erhebliches Potenzial gesehen.
Chancen für Europa nutzen
„In der Mena-Region wird zur Zeit an rund 75 Projekten zur Herstellung von grünem Wasserstoff gearbeitet. Unsere Studie zeigt deutlich, dass darin eine große Chance für Europa liegt. Leitungen über das Mittelmeer sind die logische Verlängerung des geplante European Hydrogen Backbone Netzes,” erklärt Matthes.
Simon Roth, Direktor für Unternehmensberatung bei ILF, fordert einen einheitlichen Ansatz zur Umsetzung der übergreifenden Strategie, der die Anforderungen und Herausforderungen jedes einzelnen Mitglieds des Sektors artikulieren würde.
Um die Herausforderungen zu verdeutlichen, mit denen die Mitglieder des Sektors konfrontiert sind, und eine gemeinsame Anstrengung zur Überwindung der Beschränkungen zu erleichtern, haben Dii und ILF mit der Erstellung eines zusätzlichen Berichts begonnen. Dieser Bericht zielt darauf ab, die Perspektiven eines breiteren Spektrums von Unternehmen innerhalb des Sektors der grünen Moleküle zu vertiefen. (amo)