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Wasserstoff: Energieversorger sehen bis 2025 nur geringes Geschäftspotenzial

Das größte Nutzungspotenzial wird laut einer aktuellen Studie in der Industrie gesehen, private Mobilität und Wärme spielen eine untergeordnete Rolle. Und die Versorger machen klar, dass es ohne Anschubfinanzierung nicht geht.
04.10.2023

Ist der Wasserstoff-Boom am Ende mehr Schein als Sein?

Eine aktuelle Marktstudie der Managementberatung Horváth zeigt, dass Energieversorger bis 2025 im Wasserstoffmarkt die geringsten Potenziale im Vergleich zu anderen Marktsegmenten sehen. Betroffen sind demnach alle möglichen Geschäftsbereiche von Eigenerzeugung über Infrastrukturdienstleistungen beziehungsweise Logistik bis hin zum Vertrieb. Als Gründe werden die Unsicherheit und die fehlende Infrastruktur im Wasserstoffmarkt genannt. Für 80 Prozent ist eine bestehende beziehungsweise politisch konkret geplante und geförderte Wasserstoffinfrastruktur die notwendige Voraussetzung, um in Wasserstoffgeschäftsmodelle zu investieren. Daher hat laut der Analyse bislang auch erst jeder vierte Energieversorger eine konkrete Vorstellung davon, wie sein zukünftiges Wasserstoffgeschäftsmodell aussehen wird. Für eigene Investitionen in ein Wasserstoffnetz fehlen den EVU wiederum sowohl die Mittel und Kapazitäten als auch die Anreize.

Perspektivisch mit Blick auf 2030 steigt der Optimismus, was das Potenzial von Wasserstoff für Geschäftsmodelle der EVU angeht. Insbesondere im Einsatz in der Industrie wird Potenzial gesehen, sowohl in Bezug auf die stoffliche Nutzung als auch die energetische Nutzung. Im Vergleich zur vorangehenden Erhebung in 2021 ist der Anteil der Befragten, die längerfristig Geschäftspotenzial für die energetische Nutzung von Wasserstoff sehen, sogar um die Hälfte gestiegen. Dagegen erwartet inzwischen niemand mehr, dass Wasserstoff in der Wärmeversorgung privater Haushalte in der Zukunft eine Rolle spielen wird. 2021 hielten dies noch 12 Prozent für möglich.

Unternehmen warten ab

„Die Geschäftsmodelle für Energieversorger im H2-Bereich sind komplex, da sie entlang eines sich entwickelnden H2-Backbone-Netzes entstehen“, lässt sich Matthias Deeg, Partner und Experte für Energiewirtschaft bei Horváth, in einer Mitteilung zitieren. „Vielmehr zeigen sich die Unternehmen zurückhaltend, weil sie ihre Investitionen maßgeblich von der Regulatorik und konkreten Entscheidungen der Politik hinsichtlich der Nationalen Wasserstoffstrategie abhängig machen.“ Es kristallisiere sich heraus, dass eine Anschubfinanzierung durch die Politik elementar sei, um die Wasserstoffwirtschaft zum Erfolg zu führen. „Andernfalls liegen erneuerbare Energien, Netze und Wärmeinvestitionen deutlich stärker im Fokus und binden bereits massiv finanzielle Mittel und interne wie externe Ressourcen.“

In der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung die Rolle der Mobilität für die Zukunftstechnologie hervorgehoben. Bei der Verkehrsform bleiben die Aussagen unkonkret. Unter den Versorgern sieht kein einziges Unternehmen Potenzial in der privaten Pkw-Nutzung. Immerhin 58 Prozent sehen dies bei der Nutzung von Wasserstoff für Lkw und Busse. 2021 war der Tenor mit 78 Prozent der Energieversorger jedoch ausgeprägter.

Ohne Infrastruktur kein Hochlauf

Doch auch bei der Mobilität bleibt die Infrastruktur ein entscheidender Faktor: „Die Tank-Ladeinfrastruktur für Wasserstoff wird auf absehbare Zeit nicht in dem Ausmaß verfügbar sein – dennoch ist es aktuell eines der naheliegendsten Themen für die Versorger beim Einstieg in die regionale Wasserstoffwirtschaft, falls ÖPNV und Logistik in der Region günstige Voraussetzungen bieten“, sagt Matthias Deeg.

 Für die Branchenbefragung „Strategieentwicklung von Energieversorgern 2023“ wurde eine repräsentative Auswahl an Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Deutschland und der Region DACH befragt. Die Stichprobe umfasst über 70 Vorstandsmitglieder und Verantwortliche aus den Bereichen Strategie/Unternehmensentwicklung. (amo)