Gas

Westnetz: Erstmals 100 Prozent Wasserstoff im deutschen Erdgasnetz

100 Prozent grüner Wasserstoff fließt bei Holzwickede durch eine Leitung der öffentlichen Erdgasversorgung: Westnetz erläutert, was es für die Umstellung der Technik brauchte.
20.10.2022

Grüner Wasserstoff gilt als das Zukunftsgas und Nachfolger von Erdgas: Aber das im bisherigen Erdgasnetz? Westnetz hat es ausgetestet.

Holzwickede wird zum Vorreiter: In der Gemeinde bei Dortmund fließt nun erstmals 100 Prozent grüner Wasserstoff (H2) durch eine Leitung der öffentlichen Erdgasversorgung. Dies teilt der Verteilnetzbetreiber Westnetz mit, eine Tochtergesellschaft der zu Eon gehörenden Westenergie AG. Westnetz hat dazu einen Teil des Erdgasnetzes für den Transport von H2 umgestellt. Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „H2HoWi“ wird vom Deutschen Brennstoffinstitut Freiberg begleitet und schaffe laut der Westenergie-Tochter "wichtige Voraussetzungen für das Gelingen der Energiewende vor Ort". Das Projekt wurde im Oktober 2022 gestartet und läuft bis Ende 2023. 

Westnetz hat dafür eine vorhandene Mitteldruck-Erdgasleitung vom Verteilnetz getrennt und an einen Wasserstoffspeicher angeschlossen. Dieser wird mit klimaneutralem Wasserstoff der Qualität 3.0 (Reinheit 99,9 Prozent) gefüllt, der bei einem Druck von maximal 42 bar gespeichert wird. Im Speicher befindet sich ein Sensor, der einen Niedrigstand online direkt an den Gaslieferanten meldet.

Daran angeschlossen ist eine sogenannte Gasdruckregelmessanlage, die den Druck des Wasserstoffs für die weitere Verteilung herunterregelt. Wie Erdgas ist Wasserstoff geruchslos. Damit ein Leck in der Leitung schnell bemerkt wird, wird er am Ausgang der Anlage mit einem Geruchsstoff versehen. Durch die umgestellte Erdgasleitung wird der grüne Wasserstoff dann zu den Kunden transportiert – und zwar direkt mit 100 Prozent, also ohne Beimischung.

Die Abnehmer und die Vorbereitung

Abnehmer des Wasserstoffs in Holzwickede sind drei Unternehmen: die Fritz Ostermann GmbH (seifomat), die Gatter 3 Technik GmbH und die technotrans solutions GmbH. Sie erzeugen mit neu entwickelten, wasserstofftauglichen Brennwertgeräten des Unternehmens Remeha einen Teil der benötigten Raumwärme für ihre Gebäude an der Gottlieb-Daimler-Straße in Holzwickede. 

Neben der Umstellung der Erdgasleitung sind auch Anpassungen bei den drei beteiligten Kunden erforderlich. Bisher auf dem Markt erhältliche Erdgas-Brennwertgeräte können reinen Wasserstoff nicht verbrennen. Daher wurden bei den drei Unternehmen die für 100 Prozent Wasserstoff geeigneten Brennwertgeräte der Firma Remeha installiert. Diese haben eine Leistung von 24 Kilowatt und verbrennen den reinen Wasserstoff nahezu emissionsfrei.

Gegen die Norm

"Bislang gibt es in Deutschland eine technische Norm, die eine Beimischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz auf höchstens 10 Prozent beschränkt. In einzelnen Testversuchen wurde bereits eine höhere Beimischung erprobt. Mit unserem Projekt in Holzwickede zeigen wir jetzt: Auch eine Umstellung auf 100 Prozent Wasserstoff ist möglich. Das liefert wichtige Indikationen für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft", betont Patrick Wittenberg, Geschäftsführer der Westnetz. (gun)