Wärme

Forscher: Politik vernachlässigt den Wärmesektor

Deutschland könnte beim Klimaschutz viel weiter sein, wenn die Politik die Wärmeerzeugung stärker in den Blick nehmen würde, heißt es in einer aktuellen Studie. Die Forscher fordern Prämien und klare staatliche Vorgaben.
19.05.2020

Damit die Wärmewende gelingt, müsste die Politik andere Akzente setzen, sagen Forscher.

Deutschland und Großbritannien müssten weitaus mehr für eine wirksame Eindämmung des Klimawandels im Heizungssektor tun. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie von Wissenschaftlern des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS).

In ihrer Analyse betonen die Forscher, dass die Wärmeenergie am Endenergieverbrauch einen Anteil von über 50 Prozent hat. Die Emissionen beim Beheizen von Gebäuden zu reduzieren, hätte folglich eine große Hebelwirkung fürs Klima. Doch statt hier anzusetzen, hat die Politik sich nach Einschätzung der Wissenschaftler in den vergangenen Jahren vornehmlich auf die Reduktion von CO2-Emissionen bei der Stromproduktion konzentriert. Der Wärmeenergiesektor wurde kaum einbezogen.

Klimaschutz fängt beim Heizen an

Nachvollziehbar sei das nicht: Lediglich ein Viertel der Endenergie werde über den Strom verbraucht, mehr als die Hälfte jedoch über die Wärmeenergie. Folglich wäre die Reduzierung der Kohlendioxidemissionen beim Heizen von Gebäuden ein wichtiger Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels.

Die Emissionsreduktion würde nicht allein durch Effizienzsteigerungen bestehender Technologien erreicht, so die Autoren, sondern erfordere zugleich eine Umgestaltung des gesellschaftlichen Energiebedarfs. Am Konzept der transformativen Umweltpolitik (TEP), 2018 für das Umweltbundesamt als Konzept dargestellt, haben die Autoren die transformative Ambition im Wärmeenergiesektor von Regierungspolitik überprüft.

Zu unsystematisch, zu unflexibel

Aktuell würden weder Großbritannien noch Deutschland über ausreichende Instrumente wie etwa Gesetze, Förderprogramme oder Regulierungsmaßnahmen verfügen, um systematisch Investitionen in kohlenstoffarme Heizinfrastrukturen möglich zu machen. Darüber hinaus seien Politikinstrumente für den Verzicht auf fossile Brennstoffe im Gegensatz zu kohlenstofffreien Baustandards weitgehend unflexibel, kritisieren die Forscher.

Die Autoren empfehlen daher auf zentraler Ebene eine Verpflichtung zum Ausstieg aus CO2-intensivem Heizen einzuführen, möglicherweise gekoppelt an Ziele für die Sanierung des Gebäudebestands. Dies sollte in eine Abfolge geplanter politischer Interventionen eingebettet werden.

Prämien als Anreiz

Auf diese Weise könnte es gelingen, den derzeitigen Heizmarkt zu öffnen – und so die Transformation zu einem CO2-armen Wärmesektor voranzubringen. "Im Rahmen der Konjunkturprogramme für den Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Corona-Krise könnten Prämien für den Einbau von Wärmepumpen sowie die energetische Gebäudesanierung einen wichtigen Anstoß auf diesem Weg geben", empfiehlt Rainer Quitzow, der die Studie am IASS leitete. (amo)