Wärme

Nur 47 Wärmepumpen in Landesgebäuden - Streit über Ausbautempo

Schon bei Solaranlagen auf Landesdächern geht Baden-Württembergs Regierung nicht gerade mit gutem Beispiel voran. Aber wie sieht es bei den Heizungen aus? Die Opposition beklagt mangelnden Ehrgeiz.
10.10.2022

Nicht nur im Grün-Schwarz regierten Baden-Württemberg ist die Wärmewende eine Mammutaufgabe.

Die grün-schwarze Regierung kommt nach Ansicht der SPD auch bei der Wärmewende viel zu langsam voran. In den etwa 8000 Landesgebäuden gibt es nur 47 Wärmepumpen, wie aus einer Antwort der Ministerien für Umwelt, Finanzen und Wirtschaft auf eine Anfrage der SPD-Fraktion hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart vorliegt. Der SPD-Umweltexperte Gernot Gruber sagte dazu: «Wie beim schleppenden Ausbau der Windkraft und Photovoltaik hinkt die Landesregierung ihren eigenen Ansprüchen hinterher. Es rächt sich, dass die grün-geführte Landesregierung seit elf Jahren nicht in der Lage ist, die Wärmewende voranzutreiben.»

Das Finanzministerium, das für die Landesgebäude zuständig ist, wies die Kritik zurück. Ein Sprecher sagte der dpa, alle Gebäude, die zuletzt geplant und gebaut wurden, seien mit effizienter Wärmetechnik wie etwa Biomasse ausgestattet worden. «Der Großteil unserer Gebäude wurde allerdings gebaut, als es noch gar keine Wärmepumpen gab. Von den historischen Gebäuden mal ganz zu schweigen.» Jörg Knapp, Experte vom Verband Sanitär-Heizung-Klima, zeigte Verständnis für das Land, weil die Bedingungen bei vielen älteren Gebäuden für eine Umstellung auf eine Wärmepumpe schwierig seien. Knapp meinte aber auch: «Es ist sicher mehr drin als 47 Wärmepumpen, aber nicht mal eben geschwind.»

Ministerium: Umrüstung ist schwierig

Der Sprecher des Finanzministeriums erklärte, dass ein Teil der Gebäude von großen Heizkraftwerken zentral mit Wärme versorgt werde. «Die können nicht so einfach umgerüstet werden wie ein Einfamilienhaus. Das ist technisch deutlich komplexer, zum Teil sind dafür noch gar keine technischen Lösungen auf dem Markt.» Hinzu komme: Die Hälfte der Gebäude werde mit Fernwärme beheizt, da sei eine Umrüstung auf Wärmepumpen gar nicht möglich. Klar sei aber auch: «Für die klimaneutrale Landesverwaltung 2030 sind insgesamt mehr Erneuerbaren Energien auf und in unseren Gebäuden notwendig. Die Wärmewende wird dabei deutlich herausfordernder sein als die Stromwende», betonte der Sprecher.

Aus der SPD-Fraktion hieß es dagegen, unter den Landesliegenschaften befänden sich nicht nur «Grabkapellen und Residenzschlösser. Da geht es um zig größere und kleinere Unigebäude, Verwaltungsgebäude, Polizeireviere, Finanz-, Schul- und Grundbuchämter oder auch Wohngebäude». Hinzu komme, dass die Regierung im Energie- und Klimaschutzkonzept von Anfang 2021 davon spreche, man wolle die Wärmeversorgung der landeseigenen Gebäude auf Biomasse oder Wärmepumpe umstellen. Insofern sei die Argumentation des Finanzministeriums «etwas abenteuerlich. Man kann doch nicht große Wärmepumpen als Element für Wärmenetze sehen und dann argumentieren, dass sie für große Landesgebäude nicht infrage kommen».

Fachverband: Lösungen von der Stange gehen nicht

Knapp vom Fachverband Sanitär-Heizung-Klima erklärte, es sei grundsätzlich technisch machbar, mit einer großen Wärmepumpe auch ältere und größere Gebäude zu beheizen. «Eine Standard-Wärmepumpe von der Stange geht natürlich nicht.» Allerdings komme es sehr auf die Dämmung des Gebäudes und die Raumhöhe an, um zu wissen, ob eine Wärmepumpe effizient und der Stromverbrauch noch wirtschaftlich seien. Bei einer großen Heizlast im Winter biete sich ein Hybrid-Betrieb an, sodass bei echter Kälte dann ein anderes Heizsystem übernehme. «Ob eine Wärmepumpe aber betriebswirtschaftlich einsetzbar ist, muss bei jedem Objekt individuell betrachtet werden.»

Aus der Antwort der Ministerien auf die SPD-Anfrage geht außerdem hervor, dass nur 1,8 Prozent aller Wohnungen im Land mit Wärmepumpen beheizt werden. Damit liegt Baden-Württemberg hinter dem Bundesschnitt von 2,2 Prozent. Erfreulich sei, dass beim Wohnungsneubau häufig Wärmepumpen eingebaut würden. Der Anteil in neu errichteten Wohnhäusern sei mit 63,3 Prozent in Baden-Württemberg im Vergleich der Bundesländer am höchsten. SPD-Experte Gruber sagte dazu: «Doch deren Förderung geht allein auf das Konto des Bundes.»

Strategien gegen den Fachkräftemangel

Gruber beklagte, dass es nicht nur an Halbleitern für Wärmepumpen fehle, sondern auch an Installateuren. Hier müsse Grün-Schwarz dringend etwas tun: Gemeinsam mit dem Fachverband Sanitär-Heizung-Klima solle ein Landeskompetenzzentrum aufgebaut werden, um Handwerksberufe zu stärken, die für den Klimaschutz von besonderer Bedeutung sind. «Wir brauchen mehr Monteurinnen und Monteure für Photovoltaikanlagen und viel mehr Installateure, die bestehende Heizungen warten und neue Wärmepumpen anbringen können», sagte Gruber.

Wärmepumpen sind ein wesentliches Element, um im Gebäudebereich den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid zu vermindern und beim Heizen unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu werden. Mit einer Wärmepumpe wird die Umweltwärme aus Erdreich, Grundwasser oder Luft genutzt. Dabei wird die Wärme der Umwelt entzogen und mit Hilfe eines Kältekreislaufs auf ein höheres Temperaturniveau gebracht - hierfür wird Strom gebraucht. (dpa/amo)