Wärme

Wärmewende: DEW21 plant bei Großprojekt um

Die Fernwärmenetz in der Dortmunder Innenstadt wird umgebaut. Statt über eine Nahwärme-Quartierslösung soll die Versorgung nun über Abwärme sichergestellt werden. Das hängt auch mit dem neuen KWK-Ausschreibungsregime zusammen.
21.02.2018

Die DEW21 setzt verstärkt auf industrielle Abwärme und baut die Zusammenarbeit mit den Deutschen Gasrußwerken (DGW) aus. Das Bild zeigt (von links): Siegfried Moritz, CFO DGW,

Peter Flosbach technischer Geschäftsführer DEW21, Heike Heim, Vorsitzende der DEW21-Geschäftsführung, Harald Baumgart, Geschäftsführer der Gasrußwerke und

Bernd Heinz, Bereichsleitung Energiewirtschaft/strategische Unternehmensentwicklung bei DEW21.

Der mehrheitlich kommunale Energieversorger DEW21 hat seine Planungen für den Umbau des innerstädtischen Fernwärmenetzes erheblich angepasst. Die bisherige dampfgestützte Fernwärmeversorgung soll nicht wie bisher geplant durch eine Quartierverbundlösung mit gasbefeuerten KWK-Anlagen, sondern in erster Linie durch industrielle Abwärme abgelöst werden. Dies gab der Versorger bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten bekannt. Partner der DEW21 sind hierbei die Deutschen Gasrußwerke (DGW). Die DEW21 und DGW planen, die Einkopplung industrieller Abwärme in das neue Dortmunder Wärmenetz in den kommenden Jahren bis auf zirka 235 GWh pro Jahr auszubauen. Dazu müssen die DGW 5,3 Mio. Euro in ihre Infrastruktur investieren. Da die Kreditanstalt für Wiederaufbau gestern die Förderzusage erteilt hat, kann der Startschuss bald fallen. Die Neukonzeption des umfangreichen Projekts im Bereich der urbanen Wärmewende steht in direktem Zusammenhang mit den im vergangenen Jahr eingeführten KWK-Ausschreibungen für Anlagengrößen zwischen 1 und 50 MW, vor diesem Hintergrund ließt sich das ursprüngliche Konzept der DEW21 nicht mehr wirtschaftlich umsetzen.

Massive Einsparungen an CO2-Belastung

Der Umbau des alten Dampfnetzes in der Dortmunder Innenstadt wird bis 2023 dauern. Das neue Heißwassernetz, das mit dem der Nordstadt zu einem großen Verbundnetz zusammengeschlossen wird, erhält zudem eine Anbindung an den DEW21-Standort Lindenhorst. Der Energieversorger plant sukzessiv auf die Lieferung gasbasierter Wärme aus dem Kraftwerke Dortmund zu verzichten, und stattdessen vermehrt Abwärme zu nutzen. Die im Dortmunder Hafen ansässigen DGW liefern bereits seit 25 Jahren Wärme an die DEW21.

Der Produzent von Industrierußen für die Reifen- und Chemieindustrie ist im Markt so erfolgreich, dass die Produktion signifikant erweitert wird. Damit steigt auch die anfallende Abwärme künftig in erheblichem Ausmaß. Das Ersetzen der gasbasierten Wärmelieferung durch industrielle Abwärme senkt die Emissionsfracht von Dortmunds leitungsgebundener Wärme künftig unter 100 g CO2/kWh. Das entspricht einer Einsparung von 45000 Tonnen CO2 im Jahr oder 70 Prozent der CO2-Belastung im Vergleich zum Jahr 2015.

Heim: "2018 ist auch bei DEW21 das Jahr einer Transformation"

Im vergangenen Geschäftsjahr konnte sich DEW21 laut der Vorsitzenden der Geschäftsführung, Heike Heim, erfolgreich behaupten. Sie geht davon aus, dass das Unternehmen das Geschäftsjahr mit einem vorläufigen Ergebnis von 58,2 Mio. Euro vor Steuern leicht über Plan abschließen wird. Angesichts verschwindender Sektorengrenzen müssen nach Heims Überzeugung kommunale Unternehmen ihre Rollen im städtischen Infrastruktursystem neu definieren. Die DEW21-Chefin sieht hier zwingenden Veränderungsbedarf. "Auch bei DEW21 ist 2018 das Jahr einer Transformation", stellte sie klar.

Bündelprodukte sind in Planung

Mit welcher strategischen Stoßrichtung das Unternehmen sich verändert im Markt aufstellen will, wird derzeit von Geschäftsführung, Mitarbeitern und Betriebsrat gemeinsam erarbeitet. Heim kündtigte unter anderem an, künftig auf eine gezieltere Kundenansprache mit individuell relevanten Produkten setzen zu wollen. Dazu sollen auch die Kooperationsmöglichkeiten in der kommunalen Familie Dortmunds genutzt werden. Im Fokus hat sie dabei auch die Entwicklung von Bündelprodukten, beispielsweise in den Bereiche Energie, Mobilität, Telekommunikation sowie Technik  für Heim und Haus. Als Thema von strategischer Relevanz bezeichnete sie Elektromobilität in Dortmund. "Hier möchten wir als lokaler Energieversorger für unsere Kunden zum zentralen Ansprechpartner werden", versicherte Heim. Vor allem im Gewerbekundenbereich gebe es aktuell eine große Nachfrage. Der Versorger engagiert sich deshalb finanziell und personell beim erstmals in Dortmund organisierten E-Bike-Festival vom 6. bis 8. April

Wenig Perspektiven für weitere Investitionen in Windkraft

Verabschiedet hat sich DEW21 allerdings von dem Ziel, bis zum Jahr 2020 etwa 25 Prozent des verkauften Stroms selbst aus erneuerbaren Energien erzeugen zu können. Seit 2009 hat das Unternehmen 54 Windkraftanlagen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gebaut respektive gekauft. Im vergangenen Jahr erzeugten diese rund 202 GWh grünen Strom. Für Investitionen in weitere Windparks sieht Heim allerdings zurzeit nur wenig Gelegenheiten: "In einem völlig überhitzten Markt werden wir zukünftige Windprojekte auf opportunistischer Basis prüfen." Auf der Suche nach Alternativen prüft der Versorger unter anderem die Photovoltaik, diese passt nach Heims Meinung hervorragend zur urbanen Energiewende. (hoe)