Abfallwirtschaft

Seltene Erden im Abwasser

Aus der Industrie und Krankenhäusern gelangen vermehrt Metalle der Seltenen Erden ins Abwasser. Das zeigen Untersuchungen der Schweizer Eawag.
16.03.2021

Die Seltene Erde Gadolinium aus Kontrastmitteln ist in Abwasserreinigungsanlagen in der Nähe von Krankenhäusern nachweisbar.

Ohne Metalle der Seltenen Erden geht heute fast nichts mehr. In der Hightech-Industrie, etwa in der Automobil-, der Elektronik- und der Energiebranche, und in der Medizin sind die wertvollen Rohstoffe nicht mehr wegzudenken. Von zunehmendem Interesse ist daher, wohin diese Stoffe nach Gebrauch verschwinden.

Das Wasserforschungsinstitut Eawag hat jetzt im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Umwelt BAFU erstmals Seltene Erden in den Abwässern genauer unter die Lupe genommen. Ein Forscherteam untersuchte dazu die Klärschlämme von 63 Schweizer Abwasserreinigungsanlagen (ARA).

Industrielle Quellen klar identifizierbar

Zuerst schätzten die Experten ab, welche Mengen der Seltenen Erden aus natürlichen Quellen stammen. Denn nur so lässt sich auch beurteilen, welchen Anteil der Mensch hinzufügt. Zudem entwickelte das Team zwei neue Methoden, um aus den im Abwasser gemessenen Konzentrationen und dem natürlichen Muster auf den Anteil aus industriellen Quellen schließen zu können.

Das Ergebnis: Die gefundenen Konzentrationen der Seltenen Erden im Klärschlamm der meisten ARAs entsprechen dem natürlichen Hintergrundmuster. In einigen ARAs jedoch, insbesondere in den Gemeinden Yverdon, Bioggio, Hofen und Thal, waren die Konzentrationen einzelner Seltener Erden deutlich erhöht, heißt es in einer Mitteilung der Eawag. Das Forscherteam schließt daraus, dass diese Stoffe nicht großflächig im ganzen Land eingesetzt werden, sondern aus hochspezialisierten Industrieanwendungen stammen.

Cerium

Die höchsten Konzentrationen wurden für Cer (auch Cerium genannt) nachgewiesen. Cerdioxid wird in der Industrie oft als Schleifmittel eingesetzt. Hochgerechnet auf die Schweiz dürften es etwa 2000 Kilogramm Cer jährlich sein. Im Klärschlamm bleibt ein sehr großer Teil davon hängen, etwa 95 Prozent. Der Rest gelangt in die Umwelt. Die Forschenden gehen deswegen davon aus, dass in der nächsten Zeit auch in Seen, Flüssen oder Grundwasser erhöhte Cer-Konzentrationen gefunden werden.

Ein besonderer Fall ist Gadolinium. Bereits vor 20 Jahren wurden in Europa erhöhte Konzentrationen in Gewässern nachgewiesen. Als Quelle vermutete man das Abwasser aus Krankenhäusern. In der aktuellen Studie fanden die Forscher rund 80 Prozent des Gadoliniums in der ARA von Ramsen in der Nähe des Bodensees an der deutsch-schweizerischen Grenze.

Gadolinium und Lanthan

Die ARA behandelt Abwasser aus der Stadt Singen in Deutschland, wo sich ein Krebszentrum mit MRI-Einrichtungen befindet. In der Region werden zudem Gadolinium-basierte Kontrastmittel herstellt. Die Ergebnisse bestätigen daher die bisherige Vermutung, dass das im Klärschlamm gefundene Gadolinium auf die Produktion oder den Einsatz von Kontrastmitteln zurückzuführen ist. Entsprechende Maßnahmen zur Reduktion des Eintrags von Gadolinium ins Abwasser wurden seitens der Verursacher bereits getroffen und werden zu einer markanten Reduktion der Gadolinium-Fracht führen.

Anders als bei den anderen Seltenen Erden ist die Konzentration von Lanthan in den Klärschlämmen praktisch aller untersuchten ARAs erhöht. Eine mögliche Ursache könnten biologische Prozesse sein, die den Rückhalt von Lanthan im Klärschlamm verändern. Eine andere Erklärung wäre der Einsatz von mit Lanthan angereicherten Düngern in der Landwirtschaft. Welche Ursache die erhöhten Werte haben, muss aber noch genauer untersucht werden. (hp)