Baukasten-Prinzip für autonome Mobilität
Fahrerlose Elektrofahrzeuge, die sich agil an die Umgebung anpassen: Das war das Ziel des Forschungsverbunds UNICARagil. Bei einem Abschlussevent präsentierte das Konsortium aus acht Universitäten und neun Unternehmen vier vollständig autonome Fahrzeugprototypen.
Gesucht war ein nutzerzentriertes und an den menschlichen Fähigkeiten orientiertes Konzept des fahrerlosen Fahrens. Wichtig dabei sollte der modulare Aufbau sein. Geeignete Fahrzeugkonzepte erfordern jedoch eine wesentlich leistungsfähigere und updatefähige Informationsverarbeitung im Kraftfahrzeug, heißt es beim Institut für Fahrzeugtechnik Stuttgart (IFS) der Universität Stuttgart. Mit der bisher in der Automobilindustrie vorherrschenden evolutionären Weiterentwicklung bestehender Systeme und Konzepte sei dies aber nur begrenzt erreichbar.
Daher habe man beim Projekt UNICARagil „das Fahrzeug, seine Entwicklung und die darunterliegenden Architekturen revolutionär neu gedacht“. Bewusst haben die Projektteilnehmer darauf verzichtet, aktuelle Fahrzeuge umzubauen oder zu erweitern, die grundsätzlich aus einem Fahrwerk, einem Antrieb und einer Karosserie bestehen.
Stattdessen entwickelte das Konsortium eine neue Fahrzeugstruktur, die das Fahrwerk mit dem Antrieb „verheiratet“ und in vier Dynamikmodulen zusammenfasst. Diese treiben jeweils ein einzelnes Rad an, führen, lenken und bremsen. Verbunden werden diese Module über eine Fahrplattform. Dank einer neuartigen Radführung lassen sich alle Räder um 90° einlenken. Damit passen die Fahrzeuge seitlich in kleinste Parklücken.
Individuelle Kabinen auf einheitliche Plattform setzen
Entsprechend der beabsichtigten Nutzung können individuelle Kabinen auf die Fahrplattform gesetzt werden. Dieses Baukastenprinzip erlaube maximale Flexibilität in der Innenraumgestaltung bei minimalem Entwicklungsaufwand. So zeigt das autoCARGO die vollautomatische Paketauslieferung, das autoTAXI, wie individuelle Motto-Taxis in Zukunft private oder geschäftliche Meetings während der Fahrt zum Bahnhof ermöglichen können. Das autoSHUTTLE stellt eine flexible Ergänzung des ÖPNV im ländlichen Raum dar und das Fahrzeugmodell autoELF thematisiert ein privates und individuell gestaltbares Familienfahrzeug.
Ähnlich wie beim menschlichen Gehirn basieren die UNICARagil-Prototypen nicht auf einem zentralen Rechner. Stattdessen arbeitet die Rechnerarchitektur auf mehreren Ebenen und sichert so alle anfallenden Aufgaben mehrfach ab. Sie erlaubt agile Updates, die zur Laufzeit integriert werden. Zusätzlich umfasst sie eine Cloud, in der das eigentliche Lernen aus „Erfahrung“ stattfindet, Sensoren an Ampeln und Straßeninfrastruktur sowie sogenannte „Info-Bienen“, worunter kleine automatisierte Luftfahrzeuge verstanden werden. Die Vernetzung zwischen diesen Bausteinen ermögliche es den Fahrzeugen, auch in unübersichtlichen Verkehrssituationen vorausschauend und sicher mit herkömmlichen Fahrzeugen zu interagieren. (wa)