E-Mobilität

Bund und Autobranche wollen Ladenetz-Ausbau vorantreiben

Wie können endlich mehr E-Autos auf die deutschen Straßen kommen? Im Kanzleramt berieten Manager, Gewerkschafter und Koalitionäre erst einmal grundsätzlich – mit einem Fokus auf mehr Stromtankstellen.
25.06.2019

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf dem Weg zum Spitzentreffen im Kanzleramt

Bundesregierung und Autobranche wollen den Ausbau des Ladenetzes für Elektro-Fahrzeuge in Deutschland weiter vorantreiben. Man habe sich verständigt, einen "Masterplan" dafür zu entwickeln, sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, nach einem Treffen von Branchenvertretern und den Spitzen der Koalition am späten Montagabend im Kanzleramt. Industrie, Gewerkschaften und Politik hätten "einen guten Grundstein" für vernünftige Maßnahmen gelegt, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Der Plan solle alles Erforderliche klären, um das Netz von Ladestationen so auszubauen, dass bis 2030 sieben bis zehneinhalb Millionen E-Fahrzeuge auf der Straße sein könnten. Ladestellen seien einer der wesentlichen Punkte für die Kundenakzeptanz, sagte Mattes. Über finanzielle Zusagen und Fördermittel sei nicht gesprochen worden. Die erzielten Ergebnisse für einen Masterplan sollten bei einem nächsten Treffen erörtert werden. Dann sollten auch Beschlüsse folgen.

"Weltmeister in mehreren Disziplinen"

An dem gut dreistündigen Treffen bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nahmen unter anderem VW-Chef Herbert Diess und BMW-Chef Harald Krüger teil. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kamen dazu. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erklärte vor dem Auftakt, um den Wohlstand zu erhalten und die Klimaziele zu erfüllen, müsse Deutschland "in mehreren Disziplinen Weltmeister werden". Dies gelte für E-Mobilität, Wasserstoffantriebe und alternative Kraftstoffe.

VDA-Präsident Mattes sagte nach dem Gespräch, mit Blick auf die Klimaschutz-Ziele 2030 müsse man sich stark auf den "größten Hebel" konzentrieren, "und das ist die Elektromobilität". Langfristig müssten dann aber "weitere Alternativen hinzukommen, die für andere Anwendungen sinnvoll seien". Er wies Bedenken zurück, dass dies eine einseitige Fixierung auf E-Mobilität darstelle.

Absatz steigt nur langsam

Der Absatz von E-Autos kommt weiter nur langsam in Gang – trotz Anreizen wie einer Kaufprämie, die gerade bis 2020 verlängert wurde. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) lag zum 1. Januar 2019 der Bestand an Elektro-Pkw bei 83.000, der an Hybrid-Pkw bei 341.000 Autos – bei einem Gesamtbestand von 47,1 Millionen Pkw.

Die schwarz-rote Koalition hatte im März regelmäßige Spitzentreffen angekündigt, um die Autobranche mit mehr als 800.000 Beschäftigten fit für die Zukunft zu machen. Ziel einer "Konzertierten Aktion Mobilität" soll sein, den politischen Handlungsbedarf zu bestimmen. Hintergrund sind tiefgreifende Veränderungen zu neuen Antrieben etwa mit Batterien, Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen. Zugleich kommen zusehends computergesteuerte Fahrzeuge in den Blick. Dies hat alles auch Folgen für die Arbeitswelt und die Beschäftigungslage.

VKU drängt auf Anpassung des Miet- und Wohneigentumsrechts

"Das zentrale Thema des Autogipfels war die Ladeinfrastruktur. Das ist wichtig und richtig. Jedoch entsteht zunehmend der Eindruck, dass sich die Politik in Kommissionen, Gipfeln und Masterplänen verzettelt, anstatt mit der Umsetzung vorliegender Vorschläge zu beginnen. Die im Jahr 2018 eingesetzte Nationale Plattform "Zukunft der Mobilität" (NPM) hat bereits konkrete Vorschläge erarbeitet, wie der Ausbau der Ladeinfrastruktur vorangebracht werden kann. Dieses Maßnahmenpaket gilt es zügig umzusetzen. Bereits heute sind etwa 50 Prozent der Ladepunkte in der Hand von Stadtwerken und Kommunen. In einigen Metropolen beträgt dieser Anteil sogar über 80 Prozent. Damit ist klar: Kein Masterplan für Ladeinfrastruktur ohne kommunale Energiewirtschaft. Entscheidend ist, dass der Ausbau vor Ort stattfindet", sagt VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche.

Gleichzeitig sei eine Anpassung des Miet- und Wohneigentumsrechts überfällig, damit nebem dem Aufbau öffentlicher Ladepunkte auch der Aufbau privater Lademöglichkeiten in Gang kommt, so Reiche weiter. "Die NPM hat in diesem Zusammenhang auch gefordert, ein Förderprogramm für den Aufbau nichtöffentlicher Ladeinfrastruktur in Wohn- und Geschäftsgebäuden sowie bei Flottenbetreibern zu entwickeln. Diese Forderung wird von den Stadtwerken voll unterstützt. Außerdem würde eine abgestimmte Änderung des Baurechts der Länder helfen, den Genehmigungsprozess für den Aufbau von Ladesäulen zu vereinfachen."

Auch BDEW fordert Fokus auf Förderung privater Ladeinfrastruktur

"Es ist erfreulich, dass die Bundesregierung und auch die Automobilindustrie ihr Engagement beim Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur erhöhen wollen. Der stärkste Hebel für den Umstieg auf Elektromobilität liegt jedoch bei den Fahrzeugflotten und bei der Förderung privater Ladeinfrastruktur. Gerade wenn es darum geht, Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern, am Arbeitsplatz oder in Gewerbegebieten zu installieren, gibt es jedoch noch viele Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Vor allem die angekündigte Anpassung des Miet- und Wohnungseigentumsrechts muss schnellstens in die Tat umgesetzt werden", so der Vorsitzende der Hauptgeschäftführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, Stefan Kapferer. (dpa/pm)