Oberschwaben: TWS planen neu vernetzte Mobilitätsbausteine
Die Kommunen im Schussental stehen vor einer großen Herausforderung: Immer mehr Menschen möchten dort wohnen. Die Städte Ravensburg und Weingarten rechnen bis 2028 mit einem Zuzug von rund 20.000 Menschen, zudem pendeln heute bereits rund 30.000 Arbeitnehmer werktags nach Ravensburg und Weingarten. Die TWS sucht jetzt für die beiden Kommunen Ravensburg und Weingarten sowie für den Gemeindeverwaltungsverband Mittleres Schussental (GMS) nach Lösungen.
„Als Infrastrukturdienstleister übernehmen wir hier Verantwortung und haben auch die Mobilität im Blick – neue und vernetzte Angebote sollen die Region nach vorne bringen“, berichtet Andreas Thiel-Böhm, TWS-Geschäftsführer. In den vergangenen Monaten hat ein Expertenteam eine ganze Reihe an Projekten vorangebracht, die die mobile Zukunft in der Schussentalregion greifbar macht.
Intelligente Plattformlösungen
Ziel ist es, neue innovative Möglichkeiten der Mobilität zu etablieren und über eine zentrale Plattform zu vernetzen. „Schritt für Schritt entsteht ein eigenes Geschäftsfeld, denn die TWS koordiniert inzwischen nicht nur den Ausbau des Ladenetzes für Elektromobilität für mehrere Partner. Die Federführung durch unser kommunales Unternehmen sichert fachliches Know-how, Abstimmung und die Kontinuität“, betont Alexander Geiger, Bürgermeister der Stadt Weingarten und Aufsichtsratsvorsitzender der TWS.
Drei Projekte sind in der Umsetzung. Zwei weitere sind bei Projektförderern beantragt, ein dritter Antrag wird in diesen Tagen vorbereitet. „Bereits jetzt stehen der TWS und den beiden Städten rund 1,3 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln zur Verfügung. Zusätzlich leisten die örtlichen Stadtwerke, der Gemeindeverwaltungsverband und die TWS einen Beitrag aus eigener Kraft“, berichtet Andreas Thiel-Böhm. Ziel aller Projekte ist es, zusätzliche Möglichkeiten für klimafreundliche Mobilität zu schaffen.
Die einzelnen Bausteine
Am Ravensburger Bahnhof haben die örtlichen Stadtwerke ein eigenes Parkhaus für Zweiräder errichtet, seit Frühjahr 2018 bietet es 120 Fahrrädern eine diebstalgesicherte Unterkunft. Zielgruppe sind Menschen, die die Strecke zwischen Arbeitsplatz oder Zuhause bis zum zentralen Ein- und Umstiegsort der Kreisstadt mit ihrem eigenen Drahtesel zurücklegen. „Wir sind noch in der Anlaufphase, inzwischen ist ein Drittel der Plätze fest an Pendler vermietet“, berichtet TWS-Projektleiterin Carina Neusch. Schnuppertage und Vorteilsangebote sollen künftig noch mehr Nutzer anziehen.
Bereits seit September 2017 gibt es einen Elektrofahrradverleih, und elektrisch unterstützte Räder sollen künftig an mehreren Orten zur Verfügung stehen. Die TWS plant, bis Ende 2020 ein Netz von insgesamt 16 Verleihstationen zu schaffen. Neben den Kommunen sind auch Unternehmen willkommen, die für die eigenen Mitarbeiter und andere potentielle Nutzer einen attraktiven Standort anbieten können.
Auf diese Weise wächst ein Netz, das Elektroräder als individuelles Verkehrsmittel schnell verfügbar macht. Im Rahmen des Gesamtprojekts „Aufwertung der Radwegeinfrastruktur“ werden die Städte Ravensburg und Weingarten eine Rad-Vorrangroute einrichten.
Ladeinfrastruktur dichter knüpfen
„Insgesamt 78 neue und öffentlich zugängliche Ladepunkte werden im Rahmen des Förderprogramms Ladeinfrastruktur des Bundesverkehrsministeriums in den nächsten Monaten in der Region aufgebaut“, berichtet Ellen Poot, Produktmanagerin Mobilität bei der TWS. Bereits im April beginnt der Aufbau der ersten Ladesäulen. Auch Unternehmen wie zum Beispiel die IMMO-HYP und die VR Bank Ravensburg eG stellen geeignete Flächen für Ladesäulen zur Verfügung.
Bei den Lademöglichkeiten werden in Ravensburg und Weingarten künftig die Straßenlaternen eine besondere Rolle spielen, denn mit der passenden Anbindung wird Laden an bestehenden Laternen Realität: Die TWS Netz ist seit Juli 2018 Eigentümer der Beleuchtungskabel, die meist im Gehweg verlaufen. Durch Querverbindungen an das örtliche Niederspannungsnetz werden Schritt für Schritt Straßenlaternen für die Ladefähigkeit ertüchtigt. Die erste „Lade-Laterne“ wird die TWS Ende März beim Mobilitätstag in Ravensburg in Betrieb nehmen.
Innerstädtische Mobilität, neu definiert
Miriam Sepke-Vogt, TWS-Mitarbeiterin für Geschäftsfeldentwicklung Mobilitätskonzepte, treibt die Idee voran, betriebliche Flotten zu vernetzen und die Fahrzeuge darüber hinaus mehr Menschen zugänglich zu machen – zum Beispiel an den Wochenenden. „Das ist ein interessanter Hebel für die Reduzierung des gesamten Fahrzeugbestandes. Denn nicht wenig private Fahrzeuge in der Stadt werden ausschließlich samstags und sonntags genutzt“, erklärt sie. Ein sogenanntes Corporate-Sharing-Angebot könnte für manchen die Lösung für individuelle – und mitunter elektrische –Mobilität darstellen.
Bis zum Jahresende sollen cirka 27 Fahrzeuge gemeinsam genutzt werden. Ein spezielles Buchungs- und Schließsystem ermöglicht den Zugang für autorisierte Personen in einem genau definierten Zeitfenster. In der Ravensburger Innenstadt soll zudem ein autonom fahrender Shuttle-Bus zwischen Bahnhof und Marienplatz pendeln. Die Route hat der TÜV Süd bereits begutachtet, eine Begleitperson wird anfangs teilweise noch steuern und später das autonome System sicherheitshalber begleiten.
Übersichtliche Information im Netz
Eine Onlineplattform soll Einheimische und Touristen über die neuen Angebote informieren. „Es gibt bereits interessante Systeme auf dem Markt. Unser Ziel ist, eine Lösung zu finden, die zu den Bedürfnissen der Menschen im Schussental und dem umliegenden ländlichen Raum passt“, hält Andreas Thiel-Böhm fest. In jedem Falle ist für die Mobilitätsplattform eine Schnittstelle mit den bestehenden Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs vorgesehen. Zugang zur Mobilitätsplattform werden die Nutzer wahlweise über eine App oder eine elektronische Kundenkarte erhalten. (sig)