E-Mobilität

Wie können Energiewirtschaft und Fahrzeughersteller besser zusammenarbeiten?

Darum ging es in einer Diskussionsrunde beim BDEW-Kongress 2021. Auch zur möglichen Kartenlesegeräte-Pflicht nahmen die Teilnehmer Stellung.
16.09.2021

Beim diesjährigen BDEW-Kongress (2021) war die Zukunft der Elektromobilität ein großes Thema.

Im Panel "Schöne neue Welt: Elektromobilität" beim BDEW-Kongress 2021 ging es um die Schnittstelle zwischen Energiewirtschaft und Automobilherstellern. Frank Weber, Vorstandsmitglied, BWM, stellte gleich zu Beginn fest: "Die Menschen sind schon bereit für E-Mobilität."

Allerdings treibe viele Kunden die Sorge um Reichweite und Verfügbarkeit von Lademöglichkeiten um, was gerade bei längeren Reisen zum Hindernis werden könne. Auch Patrick Lammers, COO-Commercial, Vorstandsmitglied, Eon stimmte zu, dass Automobil- und Energiewirtschaft hier noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten haben.

Bis zu 30 Prozent mehr Strom

Claire Dengler, Research Director/ Prokuristin mindline energy, brachte die Perspektive der Marktforschung in die Diskussion ein. Sie bestätigte, dass die meisten potenziellen E-Mobilisten sich um die Ladeinfrastruktur sorgen. Wer einmal ein E-Auto fahre, sei von der Technik meistens begeistert, so Dengler. Schwieriger sei, es Neukunden zu gewinnen.

Aus der Sicht der Energiewirtschaft darf jedoch nicht vergessen werden, dass mehr Elektrofahrzeuge auf den Straßen auch den Strombedarf steigen lassen. "In Hochrechnungen für München haben wir einen gesteigerten Bedarf von bis zu 30 Prozent festgestellt", sagte Alexandra Volkwein, Head of Strategy & Mobility Lab, Stadtwerke München

Blockiergebühr könnte helfen

Eine neue Studie hat laut Volkwein bestätigt, dass ein Großteil der Ladevorgänge zuhause stattfindet. "Arbeitgeber müssen vorangehen und für die Mitarbeiter Ladesäulen anbieten, um diese von der öffentlichen Ladeinfrastruktur wegzuziehen", so die E-Mobilitäts-Expertin der SW München.

Dengler warf ein, dass beim Laden auch zahlreiche praktische Problem auftreten, die eine gute Versorgung verhindern. So sollte über eine Blockiergebühr nachgedacht werden, wenn ein Ladeplatz zu lange belegt wird. Gerügt wurde außerdem, dass viele E-Mobilisten gleich mehrere Ladekarten und Lade-Apps benötigen, um mit ihrem Fahrzeug Strom zu "tanken".

Ladesäulen: Wer geht in Vorleistung?

Unterschiedliche Ansichten gab es zu der Frage, ob Automobilwirtschaft oder Energiewirtschaft bisher einen größeren Beitrag zur Ladeinfrastruktur geleistet hätte. Volkwein vertrat die Ansicht, dass die Energiewirtschaft unwirtschaftlich Ladesäulen ausgebaut und damit massiv in Vorleistung gegangen sei.

"Wir stehen bei 40.000 Ladesäulen. Bis vor wenigen Jahren gab es von den deutschen Automobilherstellern keine Hochlaufpläne. Unsere Ladesäulen in München werden im Durchschnitt eine Stunde am Tag genutzt, das rechnet sich natürlich nicht", sagte sie.

Einheitliches Datenprotokoll

Weber hielt dagegen, dass auch BMW schon Ladesäulen ausgebaut hätte, obwohl dies nicht wirtschaftlich sei. Einig waren sich dabei, dass es einheitliche Standards braucht, wie es sie bei den Steckern bereits gibt. Als nächstes muss das auch beim Bezahlvorgang und bei der der Übermittlung des Datenprotokolls inklusive Datensicherheit geschehen. Sonst drohten Fehlinvestitionen.

An der Stelle betonte Dengler nochmals, dass sie verpflichtende Kartenschlitze für anachronistisch hält. Zuvor hatten sich bereits Wirtschaftsverbände dagegen ausgesprochen. Aus der Runde wollte dieser Ansicht niemand widersprechen.

Plug-In-Hybride vorherrschend

Zuletzt ging es um die Fragen, wann sich die Elektromobilität als vorrangige Antriebsform durchsetzen wird. Laut Dengler denken die Menschen in Deutschland mehrheitlich, dass ab 2030 die E-Mobilität die bestimmende Antriebsart sein wird. Nur ein kleiner Teil begrüße dies jedoch auch, so die Marktforscherin.

Volkwein ergänzte: "Wenn die Hochlaufkurve so weiter geht, wird es in München schon vor 2030 dazu kommen. Die Vollelektrifizierung wird erst später folgen. Der überwiegende Teil der elektrisch betriebenen Fahrzeuge wird bis dahin noch aus Plug-In-Hybriden bestehen."

Fuhrpark braucht noch länger

Weber warf ein, dass zwischen Verkauf und Fuhrpark unterschieden werden muss. 2040 werden seiner Ansicht nach erstmals mehr E-Fahrzeuge auf der Straße fahren. "Interessant wird dann erst, wie wir die zweite Hälfte schaffen, also diejenigen, die keine private Ladesäulen haben", so der BMW-Vorstand. 2030 werden nach seiner Schätzung zwei Drittel der verkauften Fahrzeuge in Deutschland batteriebetrieben sein. (jk)